Das war annähernd unfassbar! Seit vielen Jahren hatten Anleger die Aktie von Freenet als zuverlässigen und vor allem Top-Dividendenzahler auf der Liste. Beim Mobilfunkspezialisten gab es seit Jahren nachhaltige Dividendenrenditen nicht selten von mehr als 6 Prozent. Und jetzt das. Im Mai hatte der Vorstand des TecDAX-Mitglieds die ursprünglich avisierte Zahlung von 1,65 auf nur noch 0,05 Euro gekappt.

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Georg Pröbstl ist Chefredaktor des Börsenbriefs Value-Depesche. Der Börsendienst ist auf substanzstarke unterbewertete Aktien mit guten Perspektiven aus Deutschland, Österreich und der Schweiz spezialisiert. Die jährliche Performance des Musterdepots seit Start im April 2010 beträgt +14,6 Prozent (DAX: +7,8 Prozent).

Transparenzhinweis: Der Autor berät Anlageprodukte. In diesem Beitrag besprochene Aktien können zum Anlageuniversum zählen.

In den darauffolgenden Wochen schmissen deshalb viele Dividendenjäger den Titel aus ihren Depots, der Freenet-Kurs rutschte bis Mitte Juni um rund 20 Prozent nach unten. Von dort hat sich die Aktie Anfang August aber wieder kräftig um rund 25 Prozent erholt. Zum Hintergrund gleich mehr. Zuerst aber – und das haben derzeit offensichtlich nur wenige auf ihrer Rechnung: Trotz des jüngsten Kursanstiegs sind bei Freenet künftig immer noch Dividenden im Bereich von 10 Prozent jährlich drin.

Schulden – ein Befreiungsschlag…

Die Dividendenkappung im Mai war Folge von Corona und befürchteter Schwierigkeiten bei der Refinanzierung von Krediten im Oktober und im kommenden März. Freenet muss insgesamt 700 Millionen Euro durch frisches Geld ersetzen. Wegen Corona war im Mai aber nicht klar, wie das alles weitergeht und ob eine Refinanzierung in der Pandemiezeit so einfach klappen würde.

Diese Sorgen sind inzwischen ein alter Hut. Nicht nur, dass der Spezialist für Verträge für Mobil und Internet Ende Juli bereits ein Schuldscheindarlehen in Höhe von 345 Millionen Euro erfolgreich bei Investoren platzieren konnte – der eigentliche Befreiungsschlag erfolgte zwei Wochen später.

… die Hälfte der Kredite wird auf einen Schlag getilgt

Sunrise wird von Liberty Global aufgekauft und Freenet ist mit 24 Prozent Anteil am Telefonkonzern aus Zürich der grösste Einzelaktionär. Für sein Aktienpaket erhält das Unternehmen 1,2 Milliarden Franken. Damit sollen zum einen 800 Millionen Euro Schulden getilgt werden – das ist immerhin die Hälfte aller Finanzverbindlichkeiten des Freenet-Konzerns.  Zum anderen könnte es obendrein zu einem Aktienrückkauf im Volumen von 150 Millionen Euro entsprechend rund 7 Prozent der Freenet-Aktien kommen.

Einsparung bei den Zinsen und weniger Aktien

Die Schuldentilgung bringt Freenet künftig eine Zinsersparnis jährlich von geschätzt etwa 25 Millionen Euro und der mögliche Aktienrückkauf schiebt das Ergebnis um etwa 0,10 Euro je Aktie nachhaltig nach oben. Weniger Anteile heisst für Dividendenanleger aber auch: Die Dividende je Aktie steigt.

Die ursprünglich für 2019 geplante Zahlung von 1,65 Euro dürfte ohnehin in den nächsten Jahren relativ zuverlässig fliessen. Da Freenet durch die Schuldentilgung wesentlich solider finanziert ist und möglicherweise künftig obendrein weniger Aktien in Umlauf sind, scheint auch ein Anstieg der Zahlung auf 1,75 oder vielleicht sogar 1,85 Euro je Anteil möglich. Wer heute einsteigt, kann sich also möglicherweise über viele Jahre einen Zehnprozenter ins Depot legen.

Freenet

ISIN: DE000A0ZZZ25

Gewinn je Aktie 2021e: 1,70 €

KGV 2021e: 10,8

Dividende/Rendite 2020e: 1,65 €/9,0%

EK je Aktie: 10,50 €

EK-Quote: 28,6 Prozent

KBV: 1,7

Kurs/Ziel/Stopp: 18,30/24,50/12,80 €