Aktuelle Lage

Zentrale Aufgaben eines Versicherungsbrokers sind neben der Kunden-Beratung, dem Führen des Risikodialoges auch administrative und repetitive Kontrollarbeiten wie das Prüfen von Prämienrechnungen und Dokumenten. Diese Arbeiten werden heute sehr oft von Hand erledigt und mögliche Prozessunterstützungen werden nicht genutzt. 

Autor:
Hanspeter Weber, Co-CEO der alabus ag und Präsident Zentralvorstand ASDA

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Das Problem zum Beispiel im Prozess «Prüfen von eingehenden Prämienrechnungen» liegt darin, dass es unterschiedliche Möglichkeiten gibt, wie heute die Prämienrechnungen vom Versicherer zum Broker / Versicherungsnehmer gelangen. 

  • Klassischer Versand der Prämienrechnungen an den Broker, oder direkt an den Versicherungsnehmer 
  • Digitale Lieferung der Prämienrechnungen im IG B2B Standard 
  • Broker kann die Prämienrechnungen im IG B2B Standard vom IG B2B Portal (Giraffe) herunterladen
  • Broker kann die PDF-Dateien der Prämienrechnungen von einem Portal herunterladen (ohne Metadaten)

Diese Ausgangslage zeigt klar auf, dass zurzeit die Prozesse im Prüfen von Prämienrechnungen nicht einheitlich gestaltet sind. Manuelle Schritte sind notwendig, und entsprechende Informationen zu den Prämienrechnungen stehen oft nicht als Metadaten zur Verfügung, was eine automatisierte Dunkelverarbeitung verunmöglicht.

Ziel muss sein, dass die grosse Menge der Prämienrechnungen nicht mehr durch Menschen geprüft werden. Spezielle Rechnungen wie z.B. Differenz-Rechnungen oder Deklarations-Abrechnungen werden alsdann mit einem minimalen Aufwand durch Spezialisten verarbeitet. 

Ein weiterer Aufwandsfaktor besteht heute in der Kommunikation mit dem Kunden durch das physische Versenden der geprüften Prämienrechnungen. Diese Aufwände können durch eine elektronische Benachrichtigung und Bereitstellung der Rechnung auf dem Kundenportal des Brokers reduziert werden.

Welches sind die Anforderungen um den Prüfprozess der Prämienrechnung effektiv umzusetzen?

Als Grundvoraussetzung benötigt man korrekte Stammdaten im Broker-Kernsystem, um einen effektiven Prüfprozess gestalten zu können. Weiter sind folgende Anforderungen bei der Einführung auch noch zu erfüllen:

  • Solange nicht bei allen Prämienrechnungen Metadaten zur Verfügung stehen, benötigt es eine Erkennungssoftware, die relevanten Informationen aus einem elektronischen Dokument (PDF, Bilddatei) auslesen kann. Hier sind bereits Lösungen vorhanden die diesen Digitalisierungsprozess mit «Künstlicher Intelligenz» und Robotics unterstützten. Dieser Punkt stellt eine Übergangslösung dar und würde durch eine konsequente elektronische Lieferung der Informationen obsolet.
  • Individuelles Festlegen von möglichen Abweichungen die im Prüfprozess noch zugelassen werden. Damit wird gesteuert, welche Prämienrechnungen im Prozess ausgesteuert und für die manuelle Nachbearbeitung zur Verfügung gestellt werden.
  • Einen einheitlichen und Kunden-spezifischen Prozess, wie über die geprüften Rechnungen informiert wird, und wie nicht korrekte Prämienrechnungen den Gesellschaften zurückgegeben werden.
  • Einen übergeordneten Qualitätssicherungs-Prozess, wo mit Stichproben überprüft wird, ob die Dokumente korrekt verarbeitet wurden, oder ob es Anpassungen benötigt um die Dunkelverarbeitungsziffer zu erhöhen.

Wie könnte grob ein effektiver Prozess aussehen?

Der Anfang macht die Digitalisierung: Um Papier-Rechnungen zu prüfen, müssen diese in einem Vorschritt digitalisiert werden. Dies bedeutet, dass das Dokument eingescannt wird und dann mit einer intelligenten Bildbearbeitungs-Software die relevanten Prämien-Metadaten herausgelesen werden. Diese sind die Basis für den allenfalls benötigten Prüfprozess.

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Quelle: ZVG

Ein optimaler Prozess ist so aufgestellt, dass sich der Prozess auf das Prüfen der Prämienrechnungen konzentriert. In diesem Schritt werden die Metadaten der Prämienrechnungen den Werten im Broker-Kernsystem gegenübergestellt. Sind die Informationen alle gleich oder innerhalb der Toleranz, so kann die Prämienrechnung als «kontrolliert» bezeichnet und den Kunden auf dem Portal zur Verfügung gestellt werden. Gibt es Differenzen, so sind Regeln definiert, wie das System damit umgeht, z.B. Zurückweisen an den Versicherer; Aussteuern für manuelle Bearbeitung; Trotzdem akzeptieren).

Mehrwerte bei einem perfekten Prozess

In einer digitalisierten Welt, wenn alle Informationen stimmen, müssen Prämienrechnungen nicht mehr durch einen Menschen bearbeitet und validiert werden. Die Mehrwerte können wie folgt bezeichnet werden:

  • Automatisierter Prüf- und Verarbeitungsprozess 
  • Reduktion der manuellen Aufwendungen bei den Mitarbeitenden
  • Einheitlicher Prüfprozess über alle Kunden, da dieser immer nach der gleichen Logik abläuft
  • Einsparungen von Portokosten, wenn mit den Kunden digital via einem Kunden-Portal kommuniziert wird

Welchen möglichen Impact hat ein unterstützter Prämienrechnungs-Prüfprozess auf die Kapazitäten der Mitarbeitenden?

Wenn die relevanten Informationen der Prämienrechnungen digital vorhanden sind, dann können Kernsysteme den Prüfungsprozess übernehmen. Diese Prüfung erfolgt immer identisch und unabhängig von fest vorgegebenen Zeiten und die Kunden können rasch über den Status der Prüfung informiert werden, ohne dass eine Person eingreifen musste.

Rechnet man für die manuelle Prüfung um die 2 Minuten an Bearbeitungszeiten, so dauert eine manuelle Prüfung inkl. der Kundeninformation bei 10'000 Prämienrechnungen um die 41 Personentage (Sortieren, Prüfen, Stempeln, Versenden, etc.). Diese Aufwände und das benötigte Papier werden durch eine konsequente digitale Verarbeitung der Prämienrechnung reduziert werden. 

Die Arbeit der Mitarbeitenden konzentriert sich noch auf die Qualitätsprüfung des Prozesses und das Nachbearbeiten von nicht korrekt erkannten Prämienrechnungen. Erste grobe Hochrechnungen ergeben, dass die Aufwendungen um ¾ von 41 Personentagen auf 12 Personentage reduziert werden könnten.

Die freiwerdende Zeit kann so stärker in der (Risiko-)Beratung und Betreuung der Kunden eingesetzt werden, was zu einer besseren Kundenbindung führt.

Schlusswort

Die Einführung eines Prämienrechnungs-Prüfungsprozesses mit Dunkelverarbeitung entlastet die Mitarbeitenden in den repetitiven Arbeiten und sorgt zusätzlich zur Verbesserung der Datenqualität im System.

Um Einsparungen realisieren zu können muss der Broker bereit sein die Prozesse (interne Arbeitsabläufe, Verständnis für Prüfprozess) anzupassen. Zudem muss in der Kommunikation mit den Kunden abgemacht sein, wie die Informationen fliessen sollen (effizientes Kundenportal). Auf diesen Change-Prozess sollen die Mitarbeitende aufspringen. Darauf sollen sie vorbereitet werden. 
Ein weiterer wichtiger Punkt: Im Ökosystem (Broker und Versicherer) sollen die Partner die vorhandenen Standards (IG B2B, Billing V 5.2 ff) aktiv nutzen. So können die Umwege wie «Manuel Dokument digitalisieren und Informationen auslesen» ausgemerzt werden, was wiederum die Kostenminimieren kann.

Diese aktuellen Restriktionen sollten den Broker nicht hindern, schon heute diese notwendigen Schritte für die konsequente Nutzung der digitalen Möglichkeiten (Robotics / KI) im Prozess des Prüfens von Prämienrechnungen einzuleiten. Je früher man beginnt, desto früher nützt es. Dazu gibt es Lösungen, die die Broker aktiv unterstützen.