Die Genfer Justiz durfte sich nicht ohne weiteres auf das Bundesgesetz über die berufliche Vorsorge berufen, um einem Journalisten die Herausgabe eines Protokolls der Pensionskasse des Kantons zu verweigern. Das Bundesgericht hat den Fall zur erneuten Entscheidung ans Kantonsgericht zurückgewiesen.

Der stellvertretende Chefredakteur einer Genfer Tageszeitung stellte im Mai 2020 der Pensionskasse des Kantons eine Reihe von Fragen. Er tat dies nach der Veröffentlichung einer Pressemitteilung der Entente (FDP und CVP). Darin wurden zwei Entscheidungen kritisiert - die Änderung der Sterbetafeln und die Senkung des technischen Zinssatzes.

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Der Journalist verlangte unter anderem Einsicht in das Protokoll der Vorstandssitzung. Die Pensionskasse beantwortete die Fragen, weigerte sich jedoch, das Protokoll herauszugeben. Sie war der Ansicht, dass die im Bundesgesetz über die berufliche Vorsorge (BVG) verankerte Schweigepflicht Vorrang vor dem Genfer Gesetz über die Information der Öffentlichkeit, den Zugang zu Dokumenten und den Schutz personenbezogener Daten (LIPAD) habe.

Nachdem die Schlichtung vor dem Genfer Beauftragten für das Gesetz über die Information der Öffentlichkeit gescheitert war, bestätigte das Genfer Kantonsgericht im April 2021 den Standpunkt der Pensionskasse.

Ende der Geheimhaltung

Auf eine Beschwerde des Journalisten hin hat das Bundesgericht in einem am 22. März veröffentlichten Leiturteil den Genfer Entscheid aufgehoben. Es hält fest, das Bundesgesetz über das Öffentlichkeitsprinzip der Verwaltung (BGÖ) gewährleiste ein allgemeines Recht auf Zugang zu amtlichen Dokumenten.

Dieses Recht habe dem bis anhin in der Verwaltung geltenden Prinzip der Geheimhaltung ein Ende gesetzt. Das Öffentlichkeitsprinzip sei auch in der Genfer Verfassung und im LIPAD verankert.

Das Bundesgericht führt weiter aus, dass die Gesetze des Bundes und der Kantone zwar Ausnahmen vom Grundsatz der Transparenz vorsehen würden. Das im BVG festgeschriebene Amtsgeheimnis für die Mitglieder des Vorstandes erlaube es jedoch nicht, die Anwendung des BGÖ vollständig auszuschliessen. Vielmehr müsse die Tragweite der in einem Bundesgesetz vorgesehenen Wahrung eines Geheimnisses im Zusammenhang mit dem Öffentlichkeitsprinzip definiert werden.

Transparenzgebot ausgehöhlt

Die Verpflichtung zur Geheimhaltung gilt laut Bundesgericht nicht für alle Dokumente, die im Rahmen des Öffentlichkeitsprinzips zugänglich seien. Dieses würde ansonsten weitgehend ausgehöhlt. Die Pflicht gelte insbesondere nicht für solche Informationen, die keine persönlichen Daten enthielten.

Im vorliegenden Fall enthält das vom Journalisten angeforderte Protokoll a priori keine persönlichen Daten der Versicherten, schreibt das Bundesgericht. Das Bundesrecht stehe deshalb dem durch das LIPAD garantierten Zugangsrecht nicht entgegen.

Das Genfer Kantonsgericht muss nun entscheiden, ob die Sitzung der Pensionskasse öffentlich, nicht öffentlich oder unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfand. Nach dem LIPAD schränkt nämlich der nichtöffentliche Charakter einer Sitzung das Recht auf Information und Zugang zu Unterlagen nicht ein. Bei einer geschlossenen Sitzung hingegen "müssen die Beratungen und Abstimmungen geheim bleiben". (Urteil 1C_336/2021 vom 3.3.2022) (sda/hzi/kbo)