Soziale Medien spielen eine wesentliche Rolle in der privaten und beruflichen Kommunikation. Hätte man vor einigen Jahren noch sagen können, sie seien vor allem ein Spielzeug der jüngeren Generationen, sind sie inzwischen in jeder Altersgruppe Alltag. Für Versicherer und Broker stellt sich die Herausforderung, auf diese Entwicklung zu reagieren, gleichzeitig jedoch ihre Ressourcen effizient einzusetzen. Wollen Versicherte überhaupt soziale Medien in der Kommunikation zu den Anbietern nutzen? Wenn ja, welche Plattformen und aus welchem Anlass? Das Institut Risk & Insurance der ZHAW hat dazu rund 1'200 Personen in der Schweiz befragt.

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Welche Altersgruppen nutzen welche Plattformen?

WhatsApp wird mittlerweile von der weit überwiegenden Mehrzahl der Befragten täglich genutzt – selbst in der Altersklasse der 60- bis 74-Jährigen sind es rund 75 Prozent (Abb. 1). Zwar weniger ausgeprägt als bei anderen Plattformen, aber doch deutlich, zeigt sich auch bei WhatsApp eine differenzierte Altersstruktur; wie bei den meisten Plattformen nimmt die Nutzung mit höherem Alter ab. Eine prominente Ausnahme von diesem Muster bildet Facebook, das seine höchste Nutzungsquote unter den Mittdreissigern erreicht. Damit ist Facebook in der Altersstruktur den traditionellen Kommunikationsmitteln E-Mail und Telefon ähnlich, die ebenfalls von den jüngeren Alterskohorten weniger intensiv genutzt werden. In der jüngsten Altersgruppe, bei den 15- bis 24-Jährigen, verzeichnet Instagram unter den sozialen Medien nach WhatsApp bei weitem die höchste Popularität. Insgesamt scheint es, dass einzelne Plattformen zunehmend an bestimmte Alterskohorten gebunden sind und zusammen mit diesen altern, während sich nachwachsende Generationen neuen Plattformen zuwenden.

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Abb. 1: Anteil derjenigen Befragten, die angeben, die jeweilige Plattform täglich zu nutzen, nach Altersklassen.

Quelle: ZVG

Welche Plattformen zur Kommunikation mit Versicherern?

Bezogen auf die Nutzer des jeweiligen Kommunikationsmittels, stehen über alle Altersgruppen hinweg rund 90% der Befragten der E-Mail zur Kommunikation mit Versicherungsunternehmen positiv gegenüber (Abb. 2), gefolgt vom Telefon mit rund 75 Prozent. Im Gegensatz dazu finden soziale Medien als Kommunikationskanal zu Versicherern mit zunehmendem Alter der Nutzerinnen und Nutzer weniger Akzeptanz: Während über 60 Prozent der jüngeren Nutzer mindestens ein soziales Medium als Kommunikationskanal begrüssen, sind es bei den 60- bis 74-Jährigen nur noch rund 30 Prozent. Unter den sozialen Medien hat WhatsApp mit Abstand die grösste Akzeptanz (zwischen rund 60 Prozent bei den jüngeren und rund 25 Prozent bei den älteren Nutzern); die übrigen Plattformen folgen mit grossem Abstand (zwischen durchschnittlich rund 25 Prozent Akzeptanz bei den jüngeren und rund 10 Prozent Akzeptanz bei den älteren Nutzern). Videochats stehen rund 30 Prozent der Nutzer positiv gegenüber, auch hier nimmt die Zustimmung mit steigendem Alter ab. Im Durchschnitt über alle Altersgruppen sind die sozialen Medien für die Kommunikation mit Versicherern noch nicht so beliebt wie die traditionellen Kanäle, mit dem Älterwerden der jetzigen jüngeren Generation wird die Akzeptanz aber in Zukunft wohl auch insgesamt wachsen.

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Abb. 2: Anteil der Nutzerinnen und Nutzer der jeweiligen Plattform, die der Plattform als Kommunikationskanal mit Versicherern positiv gegenüberstehen, nach Altersklassen.

Quelle: ZVG

Welche Plattform für welchen Zweck?

Fragt man diejenigen Nutzerinnen und Nutzer, die die Kommunikation mit Versicherern über den jeweiligen Kanal grundsätzlich begrüssen, für welche Nutzungszwecke der Kanal geeignet ist (Abb. 3), so lassen sich die Kommunikationsmittel und Plattformen in drei wesentliche Gruppen unterteilen: Zum ersten die traditionellen Kommunikationsmittel E-Mail und Telefon. Die überwiegende Mehrheit der Nutzer betrachtet diese als geeignet für Information und individualisierte Kommunikation, jedoch als ungeeignet für Werbezwecke. Videochats fallen ebenfalls in diese Gruppe, allerdings ist die Akzeptanz im Vergleich zu den traditionellen Kanälen noch deutlich geringer. Die zweite Gruppe – in diese fallen die allermeisten sozialen Plattformen – ist aus Nutzersicht vor allem für Werbezwecke geeignet, weniger jedoch für Information und individualisierte Kommunikation. Die dritte Gruppe, insbesondere WhatsApp, wird von den Nutzern offenbar hauptsächlich als Kurznachrichtendienst wahrgenommen und für aufwendigere Kommunikationsanlässe eher nicht bevorzugt – so sieht etwa die Hälfte der Nutzer WhatsApp als geeigneten Kanal, um eine Adressänderung mitzuteilen, während nur 20% die Plattform als geeignet für Beratungszwecke ansehen.

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Abb. 3: Anteil der Nutzerinnen und Nutzer, die die Plattform für den jeweiligen Zweck als geeignet ansehen, unter denjenigen, die die Plattform nutzen und die Kommunikation mit Versicherern über die jeweilige Plattform grundsätzlich begrüssen.

Quelle: ZVG

Was bedeutet das für Anbieter?

Gerade bei jüngeren Kundinnen und Kunden sind soziale Medien ein erwünschter und wichtiger Kommunikationskanal. Möglicherweise haben aus Sicht der jüngeren Generationen Funktionalität und Benutzererfahrung sozialer Medien mittlerweile ein so hohes Niveau erreicht, dass die Kommunikation zu Versicherungsunternehmen auch über Plattformen akzeptiert wird, die sonst vor allem dem persönlichen Kontext zuzuordnen sind. Dies spricht auch für ein hohes Mass an Vertrauen in die Versicherer.

Sobald eine Plattform im entsprechenden Alters- und Kundensegment angekommen ist und als ernsthaftes Kommunikationsmittel wahrgenommen wird, sind Anbieter wohl gut beraten, über diese Plattform erreichbar zu sein. Es zeichnet sich ab, dass einzelne Plattformen bestimmten Alterskohorten zugeordnet werden können und durch die Präsenz auf bestimmten Plattformen eine höhere Durchdringungsrate in den zugehörigen Alters- und Kundensegmenten erreicht werden kann. Diese Plattformen werden bei den entsprechenden Zielgruppen wohl auch mit zunehmendem Alter beliebt bleiben, mit begrenzten Spillover-Effekten in andere Gruppen. Besonders schützenswerte Daten werden von Versicherern aus Gründen des Datenschutzes grundsätzlich nicht über Social-Media-Kanäle ausgetauscht. Unter dieser Einschränkung ist es sicherlich sinnvoll, sich am Nutzungszweck der einzelnen Plattformen aus Kundensicht auszurichten, diesen möglicherweise vorsichtig zu erweitern und dabei das Nutzungsverhalten der Kundinnen und Kunden im Blick zu behalten.

Zu den Autoren

Johannes Gerd Becker ist Dozent am Institut Risk & Insurance der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW).

Cristian Zani ist Head Content Marketing bei der AXA Schweiz; an der ZHAW unterrichtet er zu Themen rund um die digitale Transformation.

Carlo Pugnetti ist Dozent am Institut Risk & Insurance der ZHAW.

Dass für viele Kunden die grossen Plattformen offenbar nicht zu Informationszwecken taugen, überrascht: Sachliche, kundenorientierte und hilfreiche Informationsangebote könnten für Anbieter durchaus eine ressourcenschonende und einfache Ergänzung zur persönlichen Beratung darstellen – sofern sie die Kundinnen und Kunden davon überzeugen können, diese zu nutzen. Eine sehr positive Botschaft für Versicherer ist jedenfalls: Je stärker eine Plattform genutzt wird, desto höher wird langfristig auch die Akzeptanz der Plattform für die Kommunikation mit Versicherern sein.