Der Trend ist unübersehbar: Ob Altersvorsorge, Krankenversicherung, Absicherung vor Naturkatastrophen wie Erdbeben oder auch der Wohnungsbau – die Verantwortung für zentrale Lebensbereiche soll zunehmend an den Staat delegiert werden. Dies ist auf den ersten Blick verständlich. Schliesslich wirkt es beruhigend, wenn es eine klar zuständige Instanz gibt, die sich der Probleme annimmt und für ihre Lösung sorgt. Doch bei genauerer Betrachtung erweist sich diese Haltung als zu vereinfachend und birgt Risiken. Im Folgenden daher drei Gründe, sich nicht dazu verleiten zu lassen.

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Der Gastautor: Michele Salvi ist Chefökonom des Schweizerischen Versicherungsverbandes SVV.

Gesteigerte Effizienz und Innovation durch Marktmechanismen

Die Überlassung wesentlicher Dienstleistungen an den Staat verhindert Wettbewerb, was wiederum Effizienz und Innovation hemmt. Privatwirtschaftlicher Wettbewerb wirkt als Katalysator für Innovationen. Das führt nicht nur zu Kostensenkungen, sondern auch zu einer höheren Qualität und Vielfalt der Angebote.

Ein illustratives Beispiel hierfür ist der Markt für Krankenzusatzversicherungen. Im Gegensatz zur Grundversicherung bietet der Zusatzversicherungsmarkt Raum für Wettbewerb: Versicherungsunternehmen haben Anreize, kostengünstige Produkte zu entwickeln, die auf spezifische Kundenbedürfnisse zugeschnitten sind. Diese Dynamik fördert die Vielfalt und Qualität der Gesundheitsleistungen und zeigt, wie Wettbewerb zu echten Innovationen führen kann. 

Nachhaltige Problemlösung statt politischer Geplänkel

Eine zu starke Fokussierung auf staatliche Lösungen birgt zudem die Gefahr, dass Probleme nicht an der Wurzel angepackt, sondern lediglich in die Zukunft verschoben werden. Staatliche Programme sind oft an politische Zyklen gebunden und können von kurzfristigen Interessen geprägt sein: «Zückerli» an Interessengruppen, während die Kosten auf die Allgemeinheit verteilt werden. Die Folge sind oft strukturelle Defizite und eine wachsende Staatsverschuldung.

Das Erdbebenrisiko in der Schweiz bietet ein konkretes Beispiel dafür. Trotz der globalen Versicherbarkeit von Erdbebenrisiken schlägt das Schweizer Parlament eine staatliche Lösung in Form einer Eventualverpflichtung vor. Diese hat jedoch den Charakter einer zusätzlichen Steuer, verschiebt das Problem in die Zukunft und könnte im Falle eines Erdbebens sogar krisenverschärfend wirken. Dies, obwohl die Versicherungswirtschaft über die Expertise und die Kapazitäten verfügt, eine wirksame Risikoabsicherung zu gewährleisten, ohne die öffentlichen Finanzen zu belasten.

Stärkung der Systemresilienz durch Risikodiversifikation

Schliesslich führt die Konzentration der Verantwortung beim Staat zu einer mangelnden Diversifikation. Das Beispiel der Altersvorsorge in der Schweiz zeigt die Vorteile eines gemischten Systems: Das Dreisäulensystem verteilt die Risiken und Verantwortlichkeiten auf die staatliche, die berufliche und die private Vorsorge. Diese Struktur erhöht die Stabilität des Gesamtsystems und macht es resilienter gegenüber wirtschaftlichen und demografischen Veränderungen.

Auch wenn der Ruf nach einfachen staatlichen Lösungen verständlich ist, zeigt die Komplexität der Realität, dass der Staat nicht der universelle Problemlöser sein kann. Die Rolle des Staates sollte subsidiär zu privaten Initiativen sein.. Diesem Prinzip verdankt die Schweiz ihre Stärke. 

Die Schweiz steht vor der Wahl 

Am 3. März stehen wieder Entscheidungen an, bei der die Schweizer Bevölkerung zeigen kann, dass sie die Bedeutung dieser Balance erkennt und sich nicht von vermeintlich einfachen Lösungen verleiten lässt. Es gilt, weitsichtig und verantwortungsbewusst zu handeln, um die Zukunftsfähigkeit unseres Landes zu sichern.