Die Studie liefert für die Schweiz interessante Einsichten: Die Schweiz ist ein Land der Sparer, und es wird vor allem für die Altersvorsorge gespart. Allerdings rechnet nur gerade die Hälfte der Befragten, mit dem angesparten Altersvermögen nach der Pensionierung einen komfortablen Lebensunterhalt bestreiten zu können. Schweizerinnen und Schweizer halten fast die Hälfte ihres Vermögens in Cash, Investitionsprodukte beziehen sie vorwiegend über Banken.
Die Studie umfasst Grossbritannien, Spanien, Frankreich, Italien und die Schweiz, sowie Hongkong, Taiwan und Singapur. Die Umfrage ist repräsentativ für das Segment der obersten 80 Prozent der Verdiener, und sie legt einen Fokus auf die Untergruppe gut situierter Personen (Personen mit liquiden Vermögenswerten über CHF 100'000).
Die Schweiz ist ein Land der Sparer: 86 Prozent der Befragten haben ein Sparkonto, 43 Prozent verfügen über eine Lebensversicherung oder eine Anlagelösung mit Risikoschutz, und 31 Prozent sparen Geld in einem Pensionsfonds. Ein Drittel der Befragten – darunter vor allem wohlhabendere Männer – besitzt zudem ein oder mehrere Investitionsprodukte. Wenig verbreitet sind hingegen Investitionen in Immobilien, Rentenprodukte für den Ruhestand, Darlehen und Kryptowährungen.
Cash ist King
Dabei spielt Liquidität eine wichtige Rolle. Insgesamt wird mit 48 Prozent fast die Hälfte des Vermögens in Cash gehalten. Mit diesem Wert liegt die Schweiz auf Augenhöhe mit den meisten anderen europäischen Ländern wie Grossbritannien und Frankreich – was der Selbsteinschätzung der Befragten etwas widerspricht, im Alltag und auch beim Investieren risikofreudiger zu sein als ihre europäischen Nachbarn. Im Durchschnitt ist knapp ein Viertel der Vermögenswerte in Aktien investiert, je rund 10 Prozent in Obligationen und Immobilienanlagen, und 8 Prozent in andere Produkte. Die Gruppe der gut situierten Personen zeigt ein sehr ähnliches Investitionsverhalten wie die Gesamtheit der Befragten, wobei sie etwas weniger Liquidität und etwas mehr Aktien halten.
Doch wieso sitzen Herr und Frau Schweizer auf so viel Liquidität? Die Gründe dafür sind vielfältig. Von den Befragten, die mehr als 40 Prozent ihres Vermögens in Cash halten, werden vor allem «Rückstellungen für Notfälle» (61 Prozent) und «regelmässige Zahlungen» (43 Prozent) genannt. Rund 30 Prozent warten auf einen guten Investitionszeitpunkt, darunter vor allem jüngere Personen zwischen 16 und 39 Jahren sowie in geringerem Ausmass über 55-Jährige. 11 Prozent dieser Studienteilnehmer wissen nicht, wie sie ihr Geld anlegen sollen. Seitens Banken und Vermögensverwalter besteht also durchaus Beratungsbedarf; das Bedürfnis, eine hohe Cash-Quote zu halten, dürfte bei den Bemühungen zu mehr Diversifikation jedoch eine Herausforderung darstellen.
Vertrauen und mehr Autonomie
André Thali, Head Client Group DACH bei Axa Investment Managers Schweiz, erklärt: «Für den Kaufentscheid und die Wahl eines Investitionsprodukts sind einerseits das Risiko des Anlageprodukts und andererseits die vergangene Performance und die Reputation des Fondsmanagers massgebend. Das Vertrauen der potenziellen Investoren in ihren Berater oder ihre Vermögensverwalterin spielt ebenfalls eine wichtige Rolle.»
Mit einem Anteil von 67 Prozent sind die Banken für die Befragten nach wie vor der wichtigste Vertriebskanal für Investitionsprodukte, gefolgt von Online-Investitionsplattformen (20 Prozent) und Versicherungsberatern (15 Prozent). 14 Prozent der Investierenden beziehen ihre Produkte direkt vom Anbieter, 12 Prozent wenden sich an einen unabhängigen Finanzberater. 42 Prozent der Studienteilnehmenden recherchieren selbst und treffen Investitionsentscheidungen ohne Beratung, womit die Schweiz bei der Wahl von Anlageprodukten nicht so autonom ist wie andere Märkte. Der Wissenstand der befragten Schweizerinnen und Schweizer zu Investitionsthemen ist im Vergleich zu den übrigen europäischen Ländern jedoch relativ hoch.
Herr Thali ergänzt: «Die Studie zeigt, dass Online-Plattformen, unabhängige Finanzberatung und Robo Advisors in Zukunft an Bedeutung gewinnen dürften, was traditionelle Anbieter von Finanzdienstleistungen vor neue Herausforderungen stellt.»
Die Schweiz spart fürs Alter – Frauen haben ein Problem
Die Frage stellt sich, wofür die Schweizerinnen und Schweizer sparen – die Antwort ist eindeutig: fürs Alter. 68 Prozent der Befragten sparen für die Zeit nach der Pensionierung; für die Hälfte aller Befragten ist ein Einkommen im Alter zu haben, das wichtigste finanzielle Ziel überhaupt – und wichtiger als in den meisten anderen europäischen Ländern. Dies steht im Einklang mit der Tatsache, dass die Altersvorsorge seit mehreren Jahren die grösste Sorge der Schweizer Bevölkerung ist.
Als wichtige Einkommensquelle im Alter wird von 60 Prozent der Befragten die AHV-Rente genannt, gefolgt von persönlichen Ersparnissen (58 Prozent), privat finanzierten Pensionslösungen (47 Prozent) und der Pensionskasse des Arbeitgebers (41 Prozent). Männer verlassen sich dabei in einem grösseren Ausmass auf diese Einkommensquellen als Frauen, was darauf zurückzuführen sein dürfte, dass mehr Frauen Teilzeit arbeiten als Männer. Interessant ist, dass die Bedeutung der betrieblichen Pensionskassen mit zunehmendem Alter steigt, privat finanzierte Pensionsprodukte hingegen an Wichtigkeit verlieren.
Und mit welchem Altersvermögen wird gerechnet? Im Durchschnitt werden bei Pensionierung Mittel im Umfang von 353’744 Franken erwartet. Bei den 16- bis 30-Jährigen sind es 309’300 Franken, bei den über 55-Jährigen 388’900 Franken. Allerdings glaubt nur gerade die Hälfte der Befragten, dass dieser Betrag hoch genug ist, um im Alter komfortabel leben zu können – und es zeigen sich gravierende Diskrepanzen zwischen Männern und Frauen. Männer rechnen mit einem Altersvermögen von 404’300 Franken, Frauen nur mit 301’900 Franken, was einen Unterschied von 102’400 Franken oder 25 Prozent ausmacht. Und während 55 Prozent der Männer, die für die Zeit nach der Pensionierung sparen, zuversichtlich sind, im Alter über genügend Mittel zu verfügen, sind es bei den Frauen nur 43 Prozent.
André Thali fasst zusammen: «Die Finanzbranche ist gefragt, Vertrauen aufzubauen und Investoren mit unabhängigem Rat beiseite zu stehen. Dass die Schweizer Bevölkerung so viel für die Altersvorsorge spart, ist grundsätzlich zu begrüssen. Aber die Situation der Frauen muss verbessert und ihre Einkommens- und Vermögenslücken im Alter müssen geschlossen werden.»
(Axa IM/hzi/kbo)