Bis anhin ist Simon Neuners beruflicher Weg in Dekaden verlaufen. Die ersten zehn Jahre verdiente er sich seine Sporen in den namhaften Werbeagenturen der Schweiz ab, um danach sein Fach- und Führungswissen für weitere zehn Jahre bei einer grossen Markenberatungsagentur zu erweitern. «Nach vielen Jahren als Berater verspürte ich den Wunsch, nicht mehr nur von aussen aufs Geschäft zu blicken, sondern mittendrin zu sein.»

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Der Wechsel zur Helsana und damit ins etwas «behäbige» Krankenversicherungsgeschäft habe bei vielen Kollegen und beruflichen Wegbegleiterinnen aus der schillernden Kommunikationswelt zu ungläubigem Kopfschütteln geführt. «Mich aber hat es, als ich das Inserat für die Rolle als Brandingverantwortlicher und stellvertretender Leiter Unternehmenskommunikation beim Krankenversicherer gesehen habe, gereizt, hinter die Kulissen des Gesundheitswesens zu blicken und das Zusammenspiel zwischen den einzelnen Akteuren besser zu verstehen.»

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Kulturschock dank vielfältiger Arbeit schnell verdaut

Bereut hat er den Wechsel keine Sekunde, obwohl er, wie er dezidiert anmerkt, zu Beginn einen Kulturschock erlitten habe. «Als Geschäftsführer und Managing Director eines KMU war ich es gewohnt, direkt zu kommunizieren, Entscheide schnell zu fällen und mit Kosten bedacht umzugehen. Ich musste erst lernen, dass die Leute in grösseren Organisationsstrukturen kleinteiliger denken, sie das grosse Ganze weniger interessiert und Kostenbewusstsein im Alltag eine untergeordnete Rolle spielt.» Dank dem damaligen CEO und der Vielfalt, die eine Stabsfunktion mit sich bringe, habe er den Kulturschock aber schnell verdaut und die zehn Jahre in insgesamt drei unterschiedlichen Funktionen seien wie im Flug vergangen. 

Ich brauche das Vertrauen von allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.

Dass er sich selbst gerne aus der Komfortzone nimmt, führt er darauf zurück, dass er Energie aus Kleinigkeiten schöpft und es ihm in den unterschiedlichsten Situationen immer wieder gelingt, innerhalb kurzer Zeit herauszuspüren, wo der Schuh drückt, und dies auch auf den Punkt zu bringen. Diese Eigenschaft kam ihm auch beim Start in seiner aktuellen Rolle als CEO der ÖKK zu Gute. Sein Vorgänger hatte die operative Leitung des Krankenversicherers während über zwanzig Jahren innegehabt und das Unternehmen entsprechend geprägt. «Auch wenn es meine Aufgabe ist, die ÖKK entlang der vor meiner Zeit definierten Strategie in die Zukunft zu führen, war es für mich von Beginn weg wichtig, direkt Einfluss zu nehmen und im Kerngeschäft wie bei den Investitionen den Fokus klar festzulegen.» Gelingen tut ihm das aber nicht im Alleingang. «Ich brauche das Vertrauen von allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.»

Spezielle Beziehung zum Bergkanton

Um Vertrauen aufzubauen und Nahbarkeit zu signalisieren, hatte er bereits im vergangenen Herbst und damit ein halbes Jahr vor seinem Amtsantritt eine Wohnung in Fläsch gemietet und die Agenda bei seinem Start für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geöffnet. Ein Angebot, das gerne angenommen wurde. «In meinen ersten Wochen führte ich fast hundert Gespräche und reiste an alle unsere grösseren Standorte.» 

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Aus diesen Gesprächen hat er vieles mitgenommen und vor allem gespürt, dass sein Entscheid, als Zürcher einem Bündner Unternehmen vorzustehen, goldrichtig war. «Ich habe keine Mühe mit der bodenständigen und direkten Kultur bei der ÖKK.» Zudem hat er auch persönlich eine spezielle Beziehung zum Bergkanton. «Meine Mutter kam als junge Krankenschwester aus Deutschland in die Schweiz und arbeitete lange Zeit in der Davoser Höhenklinik. Mein Vater war als Patient ebenfalls dort, und so nahm meine Geschichte ihren Lauf …», schmunzelt Simon Neuner. Aufgewachsen sei er zwar im Unterland, doch aufgrund der vielen Freundschaften, die seine Mutter in Davos geschlossen habe, hätten sie sehr viel Zeit in der Alpenstadt verbracht.

Freude und Fleiss als wichtigste Werte

Auf die Frage, was für ihn im Berufsleben wichtig sei, nennt Simon Neuner zwei Aspekte: Freude und Fleiss. «Beides sind Werte, die ich seit meiner Kindheit verinnerlicht und zunehmend auch gelebt habe und immer noch lebe. Das mag vielleicht ein wenig altmodisch wirken, damit kann ich aber gut leben.» Womit der 47-Jährige jedoch weniger gut leben kann, ist die Tatsache, dass Krankenversicherer von vielen Leuten nur aufs Prämieneinziehen und -verwalten reduziert werden. «Unsere Branche trägt eine grosse soziale und gesellschaftliche Verantwortung, das geht bei allen Diskussionen um die Prämien und die Kosten gerne unter», konstatiert er. 

Solidaritätsgedanke als Plus

Als Vater von drei Kindern kennt er zudem auch die positive Seite unseres Gesundheitssystems. Aufgrund einer persönlichen Betroffenheit in der Familie hat er den Solidaritätsgedanken der Kranken- und Sozialversicherungen mehr als schätzen gelernt. «Auch wenn nicht alles perfekt läuft, nehmen diese einem eine grosse Bürde ab und ermöglichen es Menschen, die mit den Anforderungen unserer Gesellschaft nicht zu 100 Prozent mithalten können, auf die eigenen Stärken zu fokussieren und so ihren Platz zu finden.»

Gekommen, um zu bleiben

Wenn sein beruflicher Weg so weitergeht wie bis anhin, wird Simon Neuner noch mindestens neuneinhalb Jahre bei der ÖKK wirken. «Ich bin gekommen, um zu bleiben …», meint er darauf angesprochen sibyllinisch. «Zu tun gibt es mehr als genug.» Die Perspektive auf die Herausforderungen im Gesundheitswesen und vor allem in der Grundversorgung sei als Berg- und Tourismuskanton mit vielen abgelegenen Tälern eine andere als im Mittelland. «Regionalität hat in der heutigen Zeit wieder einen grossen Wert, und wir wollen uns nicht hinter unserer Rolle als Krankenversicherer verstecken, sondern etwas tun für unsere Kundinnen und Kunden, vor allem auch im Heimmarkt.» 

Der Vorteil eines kleinen Kantons sei es, dass man ziemlich rasch alle Akteure an einem Tisch sitzen habe. «Ich bin zuversichtlich, dass wir zu nachhaltigen und bezahlbaren Lösungen finden werden – nicht zuletzt, weil die Bündnerinnen und Bündner schon immer Mut zum Aufbruch bewiesen haben.» Graubünden, davon ist Neuner überzeugt, werde aber bestimmt nicht zum Sonderfall im Schweizer Gesundheitswesen werden, sondern eher zu einem Modellfall.