Agiles Arbeiten, kooperatives und vernetztes Arbeiten, kundenzentriertes Arbeiten, digitales Arbeiten sowie verantwortliches und wertorientiertes Arbeiten. Das sind die fünf «transversalen» Kompetenzen, also Kompetenzen, die in modernen Wissensgesellschaften als zentral erachtet werden, um private, gesellschaftliche und berufliche Situationen bewältigen und mitgestalten zu können. Kompetenzen, die besonders in der Versicherungswirtschaft vermehrt verlangt werden. Das jedenfalls zeigt der Abschlussbericht «Skills der Zukunft», der im Auftrag des Schweizerischen Versicherungsverbandes SVV von der Eidgenössischen Hochschule für Berufsbildung EHB erstellt worden ist.

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Kollektive Herausforderungen

Dabei stützen sich die Autorinnen Ursula Scharnhorst und Irene Burch sowie der Autor Jürg Schweri auf eine Studie des Institutes für Versicherungswirtschaft der Universität St. Gallen (I.VW), in der fünf Trends mit einem hohen Veränderungspotenzial skizziert werden: Individualisierung, künstliche Intelligenz, Internet der Dinge, digitale Ökosysteme und Gesundheit (siehe auch Beitrag zu Trends in der Assekuranz). Scharnhorst, Burch und Schweri weisen einleitend in ihrer Arbeit jedoch darauf hin, dass künftig erforderliche Kompetenzen der Mitarbeitenden auf individueller Ebene nicht direkt aus den genannten Trends erschlossen werden können, da es sich um Zukunftsszenarien handelt, die jeweils bestimmte Auswirkungen auf die Wertschöpfungskette in der Assekuranz antizipieren.

So sei beispielsweise zu erwarten, dass der Trend zur Individualisierung in der Produktentwicklung dazu führt, dass für Deckungen künftig die individuellen Verhältnisse der Kundinnen und Kunden zu berücksichtigen sind. Oder dass der Vertrieb, gestützt auf Analysen mit künstlicher Intelligenz, Kunden und Kundinnen künftig gezielter ansprechen kann. Solche Erwartungen – vorausgesetzt die Trends manifestieren sich entsprechend – seien zunächst einmal kollektive Herausforderungen für Versicherungsunternehmen, aus denen der individuelle Kompetenzbedarf von Mitarbeitenden abgeleitet werden müsse.

Künftige Arbeitsaufgaben

Konkret wurde vom Hochschulinstitut für Berufsbildung die Ableitung künftig benötigter, individueller Kompetenzen mit insgesamt 39 Mitarbeitenden aus elf Versicherungsgesellschaften des SVV in zwei Workshops erarbeitet. Ziel des Projekts war, Kompetenzen herauszuarbeiten, die alle Mitarbeitenden in der Assekuranz künftig benötigen.

Die von den Workshop-Teilnehmenden beschriebenen, künftigen Kompetenzen können in fünf übergreifende Gruppen eingeteilt werden, die als «transversale Kompetenzen» bezeichnet werden, weil sich entsprechende Anforderungen in Zukunft über alle Teile der Wertschöpfung hinweg stellen werden. Sie beschreiben, wie Mitarbeitende in der Assekuranz ihre künftigen Arbeitsaufgaben angehen und lösen können müssen. Es sind dies: agiles Arbeiten, kooperatives und vernetztes Arbeiten, kundenzentriertes Arbeiten, digitales Arbeiten sowie verantwortliches und wertorientiertes Arbeiten.

Agiles Arbeiten: Dies umfasst Aspekte auf mehreren Ebenen wie agil denken, agile Arbeitsformen und -methoden einsetzen, agil in Teams und Partnerschaften (Ökosystemen) arbeiten, agil kommunizieren und agil führen.

Kooperatives und vernetztes Arbeiten: Die Workshop-Teilnehmenden beschrieben folgende transversalen Aspekte bezüglich interner und externer Kooperation: Zusammenhänge in der ganzen Wertschöpfungskette erkennen, interdisziplinär arbeiten, mit internen und externen Partnern sowie Kunden kooperieren, Team- und Projektarbeit fördern, Informationen, Wissen und Können teilen sowie konstruktive Feedback- und Fehlerkultur fördern.

Kundenzentriertes Arbeiten: Beispiele von kundenzentrierten Handlungskompetenzen 

  • Produktefabrik: Produktentwicklung auf Kundenbedürfnisse und -verhalten ausrichten (Beginn bis Ende), Customer Journey verstehen (komplexe Lebensgeschichte vs. Convenience-Produkte, Einbezug Ökosysteme, Standardprodukte «kuratieren»).
  • Kommunikation und Marketing/Vertrieb: Kundinnen und Kunden aufgrund von Social-Media-Profilen oder Verhaltensanalysen ansprechen. Empathie im Kundenkontakt sicherstellen (wird nicht technisch abgenommen). «First contact to solution», lösungsorientiert beraten (weg vom Produkt, hin zur Lösung). In der Beratung Komplexität reduzieren. Sämtliche Kanäle managen und zusammenführen, Infos ohne «Brüche» vermitteln 
(Puzzle zusammenfügen: Mensch, digitale Tools, Roboter).
  • Underwriting: Nahtloser Übergang zwischen Online- und Offline-Abschluss, mit Marktvergleich (online recherchieren, offline kaufen, externe Kunden-Touchpoints).
  • Monitoring der Konkurrrenz: Konkurrenzangebote kennen und damit umgehen, vergleichend argumentieren.
  • Services/Schadenmanagement: Kundinnen und Kunden auf «Selfservice-Reise» bei technisch-logistischen Problemen unterstützen. Schadenmanagement/Services in Ökosystemen kundenorientiert abwickeln (z. B. benutzerfreundliche Tools, Kooperation mit Garagen, Hotels usw.; Spezialisierung ab gewisser Grösse und Breite, da besonderes Fachwissen erforderlich).

Digitales Arbeiten: Die digitale Transformation hat die Arbeitsweisen in der Assekuranz bereits stark verändert und wird weiter voranschreiten. Hinsichtlich dieser transversalen Kompetenz werden Fähigkeiten auf ganz unterschiedlichen Ebenen als wichtig erachtet. Sie lassen sich in zwei Hauptaspekte zusammenfassen: Digitale Werkzeuge und Methoden beherrschen sowie im digitalen Versicherungsgeschäft erfolgreich arbeiten. Der Umgang mit digitalen Tools lässt sich in fünf Kompetenzbereiche fassen: 1. mit digitalen Informationen umgehen, 2. digital kommunizieren, 3. digitale Inhalte erstellen, 4. Sicherheit gewährleisten, 5. technische Probleme lösen.

Verantwortliches und wertorientiertes Arbeiten: Die Beschreibungen, die zu dieser Kompetenz gezählt werden können, umfassen zwei Aspekte: Allgemeine regulatorische Vorgaben (Compliance) und spezifische Unternehmenswerte umsetzen und aus eigener Initiative ethisch-moralisch verantwortlich handeln.

Empfehlungen

Folgende Empfehlungen können aus den Studienergebnissen abgeleitet werden, um die künftig benötigten Kompetenzen bei den Mitarbeitenden in der Assekuranz zu fördern: 

  1. Empfehlung: Kompetenzentwicklungsbedarf feststellen und präzisieren
  2. Empfehlung: Kompetenzen fördern und einschätzen
  3. Empfehlung: Austausch- und Reflexionsmöglichkeiten zur Kompetenzentwicklung schaffen
  4. Empfehlung: Transversale Kompetenzen bei der Personalrekrutierung erfassen und bei der Einarbeitung neuer Mitarbeitender fördern
  5. Empfehlung: Kulturwandel anbahnen und vorantreiben