Für viele dürfte das Vorsorgejahr 2021 dank der weitgehend hervorragenden Anlagerenditen vieler Vorsorgewerke in positiver Erinnerung sein. Der UBS-Vorsorgeindex Schweiz, der eine Vielzahl demografischer, wirtschaftlicher, finanzieller und politischer Faktoren berücksichtigt, hält uns jedoch ein anderes Bild vor Augen. Auch wenn sich die Finanzlage der drei Säulen absolut gesehen nicht negativ präsentiert, ist die Entwicklung im Vergleich zum Vorjahr weniger positiv. Während das Umlageergebnis der AHV und IV im ersten Pandemiejahr positiv war, rutschte es 2021 wieder in den roten Bereich. 

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Autorenteam: Jackie Bauer, Ökonomin, James Mazeau, Ökonom

Am schwersten wiegt allerdings der Subindex Demografie. Die Pandemie hat die ohnehin schon niedrige Geburtenrate zusätzlich gedämpft und auch die Immigration von erwerbstätigen Personen in die Schweiz eingeschränkt. Die Alterung geht somit  unaufhaltsam weiter. Auch wenn sich dies nicht in den kurzfristigen Wirtschaftszahlen niederschlägt, wird es langfristig die Schweizer Wirtschaftsleistung beeinträchtigen und damit auch den Wohlstand, der nicht zuletzt auf unserem Drei-Säulen System beruht.

Der Subindex Wirtschaft zeigte sich im letzten Jahr weiterhin auf Erholungskurs. Auch wenn das Coronavirus das Geschehen nach wie vor dominierte, waren die Auswirkungen weitaus geringer als im Vorjahr. Die Reformen der AHV und BV waren 2021 ein viel diskutiertes Thema im Bundeshaus. Die AHV-Reform konnte auf den Weg gebracht werden, mit dem Kernstück der Erhöhung des Frauenrentenalters auf 65 Jahre. Dies würde die 1. Säule für wenige Jahre stabilisieren. Auch für die Reform der 2. Säule gab es viele Vorschläge, allerdings konnte 2021 noch kein politischer Kompromiss gefunden werden.

Wirtschaftsentwicklung

Nachdem die Wachstumsdynamik Ende 2020 und Anfang 2021 ausserordentlich stark war, fiel sie im zweiten Halbjahr 2021 etwas schwächer aus. Der Subindex Wirtschaft wurde in der letzten Jahreshälfte vor allem von der deutlichen Verbesserung am Arbeitsmarkt und dem Rückgang der Arbeitslosenrate positiv beeinflusst. Der Schweizer Franken, ein wichtiger Faktor in der Wettbewerbsfähigkeit des Landes, war über weite Strecken des letzten Jahres als sicherer Hafen weniger gefragt als im  Vergleich zum Vorjahr, als die Pandemie noch akuter war. Die Nachhaltigkeit, gemessen an den Staatsschulden, ist leicht negativ; an der Schuldensituation hat sich insgesamt wenig geändert, wenn man 2020 mit 2021 vergleicht. Der Immobilienmarkt fällt nur leicht ins Gewicht, die Preise bewegen sich weniger als in den Vorjahren, wenn auch auf sehr hohem Niveau.

Demografie

Längst ist die Alterung der Bevölkerung landauf und landab sichtbar, nicht nur in den Statistiken. Dass die Vorsorgesysteme deshalb in Schieflage geraten und Reformen immer dringender sind, ist ebenfalls kein Geheimnis. Der Subindex Demografie unterstreicht diese Dynamik zusehends. Seit Beginn der Pandemie sind die ohnehin schon rückläufigen Geburtenraten nochmals zurückgegangen, 2021 zeigt allerdings keinen wesentlich anderen Trend als 2020, weshalb die Lebendgeburten im Subindex nicht stark ins Gewicht fallen. Ähnlich sieht es beim Wanderungssaldo aus. Die Einwanderung erwerbstätiger Personen stagniert nicht erst seit Ausbruch des Coronavirus und 2020 stellt einen grösseren Strukturbruch in den Daten dar als 2021, weshalb der Index wenig darauf reagierte. Allerdings könnte die geringe Einwanderung den durch die hiesige Alterung ausgelösten Fachkräftemangel noch verschärfen.

Finanzen

Wie für jedes Unternehmen und jeden Haushalt ist auch für die Sozialwerke eine langfristig stabile Finanzlage das A und O. Die 1. Säule ist am weitesten davon entfernt. Auch wenn der AHV-Ausgleichsfonds mit einer horrenden Geldsumme ausgestattet ist, stellt dies lediglich einen Tropfen auf den heissen Stein dar. Man muss bedenken, dass die Ausgaben der staatlichen Vorsorge in den vergangenen Jahren mehrheitlich die Einnahmen überstiegen und dies in Zukunft mit dem Renteneintritt der  Babyboomer noch verschärft wird. Das Pandemiejahr 2020 hatte einen unerwartet positiven Effekt, der nun 2021 wieder verhallt ist. Für die 2. Säule war Jahr zwei der Pandemie eine Steigerung gegenüber dem Vorjahr. Viele Pensionskassen könnten Rekordrenditen erzielen und dank Anpassungen an das demografische Umfeld auch die Umverteilung etwas verringern. In der 3. Säule steigen die Einzahlungen zwar weiter, doch weniger stark als im letzten Halbjahr 2020. Dies liegt allerdings daran, dass 2020 viele Einzahlungen auf das Jahresende verschoben wurden und 2021 ein viel ausgeglicheneres Jahr war.

Reformen

2021 waren Reformen aller drei Säulen auf der Agenda von Bundesrat und Parlament. In der 1. Säule konnte eine Vorlage verabschiedet werden. Deren Kernpunkt ist die Anhebung des Frauenrentenaltes auf 65 Jahre. Dies würde die Finanzlage der AHV für wenige Jahre unterstützen und ist positiv zu werten. Allerdings wird der Souverän im Herbst 2022 an der Wahlurne über das definitive Inkrafttreten dieser Gesetzesänderung entscheiden. Auch die Reform der 2. Säule hat die Politik fast das ganze Jahr beschäftigt. Eine Einigung ist noch nicht erzielt worden, eine Schwächung der beruflichen Vorsorge durch die Einführung eines AHV-ähnlichen Umlageverfahrens scheint jedoch vorerst abgewendet. In der 3. Säule hat das Parlament den Bundesrat beauftragt, nachträgliche Einzahlungen zu ermöglichen, dieses Vorhaben sollte 2022 abgeschlossen werden. (pm/hzi/kbo)