Wie die Krankenkassenprämien kennen auch die Arzneimittelpreise derzeit nur eine Richtung: nach oben. Das untermauerte Helsana-Chef Roman Sonderegger bei der Präsentation der zehnten Ausgabe des Arzneimittelreports mit Zahlen: So stiegen im vergangenen Jahr die Kosten der Grundversicherung für Arzneimittel allein im ambulanten Bereich um 360 Millionen Franken auf 8,5 Milliarden - ein Plus von 4,4 Prozent. Eine bittere Pille gerade für Krankenkassen, welche am Schluss einen Grossteil der Rechnung bezahlen. «Die Arzneimittelpreise sind der Bereich, der derzeit am schnellsten steigt», macht Sonderegger im Mediengespräch deutlich. In den letzten zehn Jahren um insgesamt 50 Prozent.

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Nur vier von 45 Medikamenten waren letztes Jahr wirklich innovativ.

Roman Sonderegger, Helsana

Mehr Medikamentenbezüge, höhere Therapiekosten

Dafür sind vor allem zwei Entwicklungen ausschlaggebend: Auf der einen Seite werden in der Schweiz pro Person mehr Medikamente eingesetzt (+5,2%) und es gibt immer mehr Personen, die Medikamente beziehen (+3,7 Prozent), was für sich schon die Kosten treibt. Auf der anderen Seite sind die durchschnittlichen Therapiepreise bei Krankheiten ebenfalls um 2,2 Prozent gestiegen, was vor allem mit hohen Einführungspreisen von Medikamenten zusammenhängt. Nicht selten schlagen neue Medikamente mit über 1’000 Franken pro Packung zu Buche. Obwohl diese häufig gar nicht innovativ sind, wie Sonderegger klar stellt: «Nur 4 von 45 neuen Medikamentenwirkstoffen waren letztes Jahr wirklich innovativ und haben einen Mehrwert gebracht.» Mit anderen Worten: Die meisten neu zugelassenen Arzneimittel waren eher teure «Scheininnovationen», aber nicht besser als bereits im Markt befindliche. Die Zeche berappen am Ende die Prämienzahlerinnen und -zahler. 

Wenig Transparenz bei Preisbildung

Die Entwicklung eines neuen Medikaments kostet die Pharmafirmen schnell einmal mehrere Milliarden Franken, welche natürlich amortisiert werden und Gewinn abwerfen sollen, bevor der Patentschutz abläuft. Aber es ist ein undurchsichtiger Markt, wie auch Helsana-Gesundheitsökonom und Studienautor Manuel Elmiger kritisiert. Er macht für den Kostenanstieg vor allem Medikamente im Hochpreissegment - zum Beispiel gegen Krebs oder die Volkskrankheit Diabetes - verantwortlich. Allein Krebstherapien kosten heute mehr als 30’000 Franken pro Person und Jahr oder gesamthaft über eine Milliarde Franken in der Schweiz. Die Behandlungskosten von Diabetes sind durch neue Therapien heute pro Kopf 2,5 mal teurer als noch vor wenigen Jahren - und schlagen jährlich mit über 400 Millionen Franken zu Buche. Die vollständige Ausrottung des Virus Hepatitis C, mit dem allein in der Schweiz rund 30’000 Personen infiziert sind, würde zu heutigen Preisen rund 900 Millionen Franken kosten. Allerdings: Die Preise für neue Medikamente kommen oft durch geheime Verhandlungen zwischen der Pharmaindustrie und dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) zustande, wie die Helsana-Experten anmerken. Von Transparenz keine Spur.

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Kostendämpfende Massnahmen gefordert 

Klar, Gesundheit hat seinen Preis und Forschung und Entwicklung können viel menschliches Leid verhindern. Aber der Preis ist hoch - in vielen Fällen zu hoch, wie der Arzneimittelreport festhält. Der Arzneimittelmarkt hält oft gleich wirksame, aber günstigere Präparate bereit. Und um die Finanzierbarkeit echter Innovationen weiterhin zu gewährleisten, fordert die Helsana neue Preisbildungsregeln und kostendämpfende Massnahmen wie Mengenrabatte. «Mit steigendem Umsatz müssen die Preise automatisch sinken», bringt es Helsana-CEO Sonderegger auf den Punkt. Aber das ist leider auch ein Kampf gegen Windmühlen. Denn seit der Erstauflage des Arzneimittelreports vor zehn Jahren sind die Preise vor allem eines: stetig gestiegen.