Herr Ramseier, wie ist Twelve Capital entstanden?
Ich habe 2006 von Credit Suisse Asset Management zur Vermögensverwaltungsfirma Horizon21 gewechselt, um auch in Zusammenarbeit mit Swiss Re ein Asset Management mit Spezialisierung auf Insurance-Linked Securities (ILS) aufzubauen. 2008 kam dann die Finanzkrise, Horizon21 entwickelte sich zum Family Office weiter und im Rahmen eines Management-Buyout sind wir im Jahre 2010 als Twelve Capital selbstständig geworden. Am Anfang hatten wir noch die Unterstützung von Horizon21. Jetzt gehört das Unternehmen den Gründungsmitgliedern, den Angestellten und – als Minderheitsaktionär – der niederländischen XS Investments. 

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

Wie hatte sich damals der Start der jungen Firma angelassen?
Wir waren ein Team von sieben Personen, fünf Partner und zwei Mitarbeitende, also das ganze Team, das zuvor bei Horizon21 zusammen gewesen war. Am Anfang waren wir eigentlich zu gross für das verwaltete Volumen, wir wollten aber damit am Markt und unseren Kunden Kontinuität signalisieren. 

«Wir verstehen uns als unabhängiger Asset Manager für alle Asset-Klassen mit Schwerpunkt Versicherungsanlagen.»

Wie haben Sie das ursprüngliche Geschäft weiterentwickelt?
Wir haben uns gleich Gedanken um die Diversifizierung des Geschäfts gemacht, denn ILS und vor allem Cat Bonds sind stark von der Entwicklung von Naturkatastrophen abhängig. Deshalb bauten wir nach der Finanzkrise als zweites Standbein und zur Diversifizierung unserer eigenen Position das Geschäft mit nachrangigen Versicherungsanleihen auf. Diese gab es damals, kurz nach der Finanzkrise, selbst von etablierten grossen Versicherungen, weit unter par zu kaufen. 

Wo stehen Sie heute?
Wir verstehen uns als unabhängiger Asset Manager für alle Asset-Klassen mit Schwerpunkt Versicherungsanlagen. Wir verwalten gegenwärtig 4,3 Milliarden US-Dollar, wir arbeiten sehr profitabel und wir beschäftigen über 40 Personen. 

Welche Entwicklungen sehen Sie in der ILS- und Rückversicherungsbranche?
Wir sehen eine sich immer deutlicher abzeichnende Grenze zwischen Rückversicherungen und Asset Management bzw. Fonds-Management. In diesem zweiten Bereich, dem Asset Management, bewegen wir uns, hier möchten wir für unsere Kunden, das sind vor allem Pensionskassen, im besten Interesse handeln. 

Das Asset Management ist indes unter Druck. 
Das trifft zu, denn es gibt eine Zweiteilung im Markt. Auf der einen Seite stehen die sehr grossen Anbieter, die vom Boom der passiven Produkte wie beispielsweise der ETF profitieren. Auf der anderen Seite gibt es die Spezialisten wie uns; wir arbeiten in einer Nische, die wir eher noch vertiefen möchten, als wir uns verbreitern wollen. Alle dazwischen, also zwischen den sehr grossen Anbietern und den Spezialisten, haben am Markt zunehmend Probleme. 

«Wir sind langfristig und sehr risikoavers ausgerichtet und unsere Interessen sind die gleichen wie die der Kunden.»

Das alleine erklärt keine gute Position im Markt. 
Natürlich muss man zusätzlich noch mehr machen als andere, man muss Wert für die Pensionskassen generieren. Wir machen das – Qualität, Performance, den direkten Zugang der Kunden zu den Portfoliomanagern, massgeschneidertes Reporting und Risk Management für unsere eigenen Produkte. Dann, und nur dann sind die Kunden bereit, zusätzliche Gebühren zu akzeptieren. Der Wettbewerb über die Höhe der Gebühren ist kein nachhaltiger Weg. 

Welchen Stellenwert hat die Unabhängigkeit Ihres Unternehmens?
Der Stellenwert ist sehr hoch. Wir sind langfristig und sehr risikoavers ausgerichtet und unsere Interessen sind die gleichen wie die der Kunden. 

Gab es bei Ihrer Entwicklung kritische Phasen?
Ja, die gab es. Wir hatten in der ersten Phase, bis etwa 2015, ein sehr starkes Wachstum. Zu einem bestimmten Zeitpunkt stellten wir fest, dass die Struktur unseres Unternehmens damit nicht mitgehalten hatte. Wir haben dann intern zahlreiche Systeme wie beispielsweise ein Portfolio-Management-Tool und weitere Verbesserungen eingeführt und damit unsere internen Hausaufgaben gemacht. Dafür haben wir mehr Zeit benötigt, als wir anfänglich veranschlagt hatten. Zudem muss man auch investieren, um ein gutes Risk Management aufzubauen und ein gutes Reporting den Kunden anzubieten. Jetzt sind wir in der Lage, auch höhere Volumen ohne nennenswert grösseren Aufwand zu bewältigen und damit können wir kontrolliert weiterwachsen. 

Wo stehen Sie bei der Digitalisierung?
Bei uns laufen dazu einige Projekte im Hintergrund. Dazu gehört auch die weitere Verbesserung des Reportings. Hinzu kommt die interne Kommunikation unserer Mitarbeitenden, die Umstellung auf Homeoffice erfolgte vergangenes Jahr praktisch über Nacht und ohne Probleme.

«Der Vertrieb ist enorm wichtig. Denn man kann nicht erwarten, dass in den Pensionskassen überall hoch versierte Cat-Bond-Spezialisten arbeiten.»

Es gibt in der Branche keine Einrichtungen wie beispielsweise Börsen. 
Die gibt es tatsächlich nicht im Bereich der Cat Bonds. Wobei: Wir selber sind ja nur Käufer, keine Händler solcher Produkte. Zudem stellt sich hier auch die Frage nach der Grösse des Marktes. Bei Cat Bonds sprechen wir von ca. 40 Milliarden US-Dollar. Zudem müssten weitere Schritte, beispielsweise in Richtung Standardisierung, erfolgen, um solche Produkte an Börsen handelbar zu machen. 

Wenn wir zeitlich nach vorne schauen – wie möchten Sie weiterwachsen?
Der Vertrieb ist enorm wichtig. Denn man kann nicht erwarten, dass in den Pensionskassen überall hoch versierte Cat-Bond-Spezialisten arbeiten. Man muss also den Markt aufbauen und sehr viel erklären. Selbst dann entfallen lediglich 2 bis 3 Prozent eines Pensionskassen-Portfolios auf ILS. Hinzu kommt, dass ein Vertriebsmitarbeiter zwei Jahre benötigt, bis er die angestrebten Vertriebsziele erreicht. Sehr gute Vertriebsleute verdienen sehr viel – aber neben dem Wert der Firma, dem Track Record, der Investment-Performance und der Marke sind sie es, die auch den Wert eines Unternehmens ausmachen. 

Sind externe Vertriebspartner eine Option? 
Wir haben damit am Anfang gute Erfahrungen gemacht, haben uns dann aber entscheiden, den Vertrieb in unseren Core-Märkten selber zu machen. 

Schliesst das auch weitere Vertriebsvarianten aus?
Nein, wir haben seit 2011 zusammen mit der damaligen Bank Sarasin zwei Fonds aufgesetzt, die es beide noch gibt. Solche Partnerschaften sind eine valable Option, um zu wachsen. Bewährt haben sich in diesem Zusammenhang die UCITS-regulierten Fonds. 

In welchen Märkten sind Sie bereits präsent?
Wir haben Kunden in der Schweiz, in Deutschland, Benelux, Skandinavien und in Grossbritannien. In all diesen Ländern möchten wir weiterwachsen. 

«Als wir gestartet waren, wurden wir im Grunde genommen gar nicht reguliert.»

Hat der Brexit Auswirkungen bei Ihnen?
Ja, gleich mehrfach, und deshalb haben wir auch ein Büro in München aufgebaut, mit dem wir die europäischen Länder bearbeiten. Die dafür erforderliche Lizenz dürften wir in den kommenden Wochen erhalten. Deutschland ist ein Markt, in dem die institutionellen Anleger derzeit beginnen zu verstehen, wie sie Innovationen wie ILS als Asset-Klasse nutzen können. Als schweizerisches Unternehmen darf man ohne Präsenz und Lizenz in der EU nicht aktiv werden – umgekehrt dagegen schon. Unser Büro in London ist insofern betroffen, als es mit dem Brexit nicht mehr möglich ist, die EU-Märkte von dort aus zu bearbeiten. 

Wie wird Ihr Unternehmen reguliert?
Als wir gestartet waren, wurden wir im Grunde genommen gar nicht reguliert. Wir haben uns dann aber proaktiv der Finma als Verwalter für kollektives Anlagevermögen unterstellt. Heute haben wir zudem auch eine FCA-, SEC- und bald auch Bafin-Lizenz. Mit der Regulierung steigen natürlich auf die Kosten stark. 

Wie attraktiv ist der Standort Schweiz noch für Sie?
Wir haben hier in der Schweiz mit einem Umfeld von Banken, Asset Managern und Versicherungen eine sehr attraktive Kombination, wie es sie in Europa lediglich noch in London gibt. Es ist deshalb kein Zufall, dass London und die Schweiz im ILS-Bereich die wichtigsten Standorte sind.  

Wie stark ist der Wettbewerbsdruck?
Der ist relativ gering. Es gibt in diesem Markt lediglich vier, fünf Unternehmen. Direkte Konkurrenten, welche so breit aufgestellt sind wie wir, haben wir eigentlich gar keine. 

Was erwarten Sie hinsichtlich der zukünftigen Entwicklung? 
Wir verfolgen eine klare Wachstumsstrategie und positionieren uns als Kapitalgeber für die Versicherungsindustrie. Mittel- und langfristig erwarten wir weiteres Wachstum des ILS-Marktes, bei dem es im Grunde genommen um die Handelbarkeit von Versicherungsrisiken geht. Diese Produkte sind relativ einfach aufgebaut, sie sind transparent und die Preise sind nachvollziehbar. Hinzu kommt der Bedarf nach Abdeckung neuer Risiken wie beispielsweise im Bereich Cyber oder in Bezug auf den Klimawandel. Die Versicherungsindustrie spielt bezüglich Klimawandel eine Schlüsselrolle. Versicherungsgesellschaften gehören zu den grössten Investoren an den Finanzmärkten und können den Klimawandel durch ihre Anlagepolitik nachhaltig beeinflussen. Gleichzeitig steigen aufgrund des Klimawandels die Versicherungsrisiken in vielen Bereichen wie beispielsweise Windstürme, Waldbrände oder Überschwemmungen stark an. Die Prämien werden in diesen Bereichen stark ansteigen und gewisse Risiken werden sogar nicht mehr versicherbar.