Schwere Hagelstürme, Überschwemmungen, Waldbrände durch Trockenheit: Extreme Wetterereignisse treten immer häufiger auf und verursachen weltweit jährlich versicherte Schäden von über 100 Milliarden US-Dollar. Tendenz stark steigend.
Zunehmende Konzentration von Vermögenswerten
Allerdings sind diese immensen Schäden nicht allein auf den Klimawandel, sondern vor allem auch auf soziökonomische Faktoren zurückzuführen. Darauf weist der Think Tank Geneva Association in seinem aktuellen Bericht «Safeguarding Home Insurance: Reducing exposure and vulnerability to extreme weather» hin. Dazu zählen beispielsweise veraltete Bauvorschriften, eine rasche Verdichtung der Städte, veraltete Infrastruktur oder Flächennutzungspläne, die das Bauen in gefährdeten Gebieten erlauben.
Dies hat nach Ansicht von Maryam Golnaraghi, Director Climate Change & Environment bei der Geneva Association und Hauptautorin des Berichts, zu einer zunehmenden Konzentration von Menschen und Vermögenswerten in Hochrisikogebieten geführt. So sei beispielsweise in den USA der Anteil neuer Häuser in extrem wettergefährdeten Regionen von 39 Prozent in 2014 auf 57 Prozent im Jahr 2023 gestiegen, führte sie in einem Mediengespräch aus.
Steigende Kosten
Zudem würden Verdichtung, die Zerstörung natürlicher Puffer, die zunehmende Abgrenzung zwischen Stadt und Land und die mangelhafte Wartung von Versorgungseinrichtungen das Hochwasser- und Brandrisiko in städtischen Gebieten erhöhen, nannte sie ein weiteres Beispiel. Und schliesslich seien die Kosten für den Wiederaufbau von Häusern in einigen Ländern in den letzten Jahren aufgrund von steigender Inflation, Unterbrechungen der Lieferkette, Arbeitskräftemangel und Zöllen um schätzungsweise 30 bis 50 Prozent gestiegen.
Versicherungsschutz kaum noch bezahlbar
Das habe natürlich auch Auswirkungen auf die Versicherer, die durch die steigenden Kosten unter Druck geraten. Daher betont die Versicherungsbranche seit langem die Bedeutung einer risikobasierten Preisgestaltung, um den Schwerpunkt auf das tatsächliche Risiko und die Risikominderung und -prävention zu legen.
Denn die Folge dieser Entwicklung ist: In einigen Regionen haben manche Versicherer aufgrund der explodierenden Kosten das Angebot eingeschränkt oder sogar ganz eingestellt, die Bezahlbarkeit von Versicherungsschutz sei an einem Wendepunkt, so der Bericht.
Zwei Handlungsebenen
Verschiedene Faktoren, darunter ein geringes Risikobewusstsein, die Abhängigkeit von staatlicher Hilfe nach Katastrophen, eine falsche Risikoeinschätzung sowie mangelnde Finanzbildung und Risikomanagementkultur tragen darüber hinaus zu diesem «Protection Gap» bei.
Deshalb hat der Bericht zwei Handlungsebenen identifiziert: Zum einen die Ausweitung bewährter, anreizbasierter lokaler Strategien zur Stärkung der Widerstandsfähigkeit, und zum anderen die Umsetzung struktureller Reformen, insbesondere im Hypothekensystem, sowie die Einbeziehung der Widerstandsfähigkeit in die Bonitätsbewertung.
Gemeinsame Anstrengung gefordert
Es erfordere eine gesamtgesellschaftliche Anstrengung - unter Mitwirkung von Hausbesitzern, Kreditgebern, Regierungen, Regulierungsbehörden sowie Rückversicherern –, um angesichts der zunehmenden Wetterextreme Massnahmen zu ergreifen. Eine risikobasierte Preisgestaltung von Versicherungen schaffe zudem Anreize für Massnahmen, die erforderlich sind, um das Risiko von Sachschäden zu mindern und die Hausratversicherung als zuverlässiges Sicherheitsnetz zu erhalten.
«Durch dringende Investitionen in strengere lokale Baunormen, naturbasierte Lösungen und klimaresistente Infrastruktur können wir Menschen und Sachwerte schützen und die Verfügbarkeit und Bezahlbarkeit von Hausratversicherungen gewährleisten. Wie unser Bericht zeigt, ist Resilienz erreichbar, wenn Regierungen, Gemeinden und Versicherer zusammenarbeiten. Die Kosten der Untätigkeit werden die erforderlichen Investitionen bei weitem übersteigen», ist Jed Ariss, Mnaging Director der Geneva Association überzeugt.