Die Linke und die Gewerkschaften sehen zwar die Rentenalterserhöhung vom Tisch, vermissen aber Vorschläge für neue Finanzierungsquellen.
Nicht zur AHV 2030 äusserte sich am Donnerstag die SVP. Sie analysiere die Vorschläge und werde sie in der Bundeshausfraktion diskutieren. Darum verzichte sie auf eine Stellungnahme, teilte die Partei auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA mit.
Hart ins Gericht mit den Vorschlägen ging die FDP. Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider wähle «den einfachsten und zugleich schädlichsten Weg». Höhere Lohnbeiträge und Mehrwertsteuern schwächten den Mittelstand und gerade die Familien. Echte Reformen und ehrliche Antworten auf die demografischen Herausforderungen fehlten. Die FDP mache deshalb nicht mit, das Parlament müsse nachbessern.
Fehlende Alternativen bei Finanzierung
Die Mitte begrüsste Schritte zur Stabilisierung der AHV. Entscheidend sei eine ausgewogene Lösung und der Schutz für die Kaufkraft des Mittelstands. Dazu sei als zusätzliche Finanzquelle die Finanztransaktionssteuer zu prüfen. Zudem müssten Ungerechtigkeiten beseitigt werden, wobei die Partei auf ihre Initiative zur Abschaffung der AHV-Heiratsstrafe verwies.
Nicht begeistert reagierte die SP. Sie bedauerte, dass «alternative und solidarischere» Finanzquellen wie die Finanztransaktionssteuer oder eine Erbschaftssteuer nicht geprüft würden. Stattdessen solle die Finanzierung ausschliesslich über bestehende Instrumente wie die Mehrwertsteuer oder Lohnbeiträge erfolgen. Die Bevölkerung habe sich vor einem Jahr jedoch klar für eine starke und solidarische AHV ausgesprochen, teilte die Partei mit. In diesem Zusammenhang sei der Verzicht auf eine Rentenalterserhöhung richtig.
Seitens der Grünen sagte Nationalrätin Manuela Weichelt (ZG), zur punktuellen Finanzierung der AHV gebe es einfache und gerechte Mittel, nämlich höhere Lohnbeiträge und die «längst überfällige Finanztransaktionssteuer». Eine Rentenalterserhöhung komme nicht in Frage. Die AHV-Finanzprobleme seien vorübergehend und nicht strukturell. Verursacht würden sie durch den Renteneintritt der geburtenstarken Jahrgänge.
Die Grünliberale Partei begrüsste die eingeschlagene Richtung. Wichtig sei, dass die AHV 2030 enkeltauglich sei und nicht auf Kosten künftiger Generationen gehe.
Wirtschaft will höheres Rentenalter
Der Schweizerische Arbeitgeberverband (SAV) kritisierte die einseitige Erhöhung der Einnahmen. Stattdessen müsse die AHV über strukturelle Reformen finanziert werden. Eine Erhöhung des Rentenalters sei für die Arbeitgeber zwingend. Anreize für die Weiterarbeit über das Pensionsalter hinaus sowie die Aufhebung des zwingenden AHV-Bezugs ab 70 Jahren befürwortet der Verband.
«Dem Bundesrat fehlt es an Mut», befand der Schweizerische Gewerbeverband (SGV). Entscheidend sei, dass es keine weitere Erhöhung der Lohnbeiträge gebe. Der SGV bedauerte die fehlende Diskussion über eine Rentenalterserhöhung. Der Wirtschaftsdachverband Economiesuisse verwies darauf, dass in sozialen Fragen SAV und SGV die Federführung haben.
Respektierung des Volkswillens
Für den Schweizerischen Gewerkschaftsbund (SGB) sind mit dem Vorschlag des Bundesrats generelle Rentenalterserhöhungen vom Tisch. Die Landesregierung respektiere den Willen der Stimmbevölkerung, die sich im März 2024 mit 75 Prozent gegen die entsprechende Initiative der Jungfreisinnigen ausgesprochen hatte.
Antworten auf konkrete Probleme fehlten in den Vorschlägen aber: So seien keine Rentenerhöhungen für Personen mit tiefen Einkommen vorgesehen, obwohl das die bürgerlichen Parteien und die Arbeitgeber vor der Abstimmung über die 13. AHV-Rente noch unterstützt hatten.
Wie der SGB kritisierte der Arbeitnehmerdachverband Travail.Suisse die Weiterbeschäftigung im Alter, insbesondere die Aufhebung des Höchstalters von 70 Jahren für den obligatorischen AHV-Bezug . Auch Hindernisse für Frühpensionierungen stiessen bei den Arbeitnehmerorganisationen auf Skepsis. (awp/hzi/ps)