Unternehmensanleihen haben in den Industrieländern eine lange Tradition und eine grosse Anlegerbasis über das gesamte Ratingspektrum. Unternehmensanleihen von Emittenten mit Sitz in den Schwellenländern haben in den letzten zehn Jahren deutlich aufgeholt – und sich zu einer gängigen Anlageklasse entwickelt. Sie bieten Anlegern eine wirksame Diversifikation sowie ausgezeichnetes Potenzial zur Generierung von Alpha. Ein genauerer Blick auf diese Anlageklasse lohnt sich also.

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In den rund zehn Jahren seit der Finanzkrise ist die Anlageklasse der (Hartwährungs-) Unternehmensanleihen aus Schwellenländern um insgesamt rund 600 Prozent gewachsen. Grössenmässig hat die Anlageklasse den Markt für US-Hochzinsanleihen wie auch jenen für Staatsanleihen der Schwellenländer in Hartwährungen hinter sich gelassen und macht rund 20 Prozent des globalen Markts für Unternehmensanleihen aus. Dieses Wachstum spiegelt sich in den Portfolios der meisten Anleger noch nicht wider.

Mehr Wachstum, höhere risikobereinigte Renditen

Trotz vielbeachteter Einzelfälle wirtschaftlicher und politischer Volatilität auf Länderebene,  die wir aber zunehmend auch in den Industrieländern beobachten, ist das BIP-Wachstum in den Schwellenländern nach wie vor überdurchschnittlich. Zum Beispiel schätzt der IWF, dass im Jahr 2020 die Schwellenländer 4,8 Prozent und die Industrieländer 1,7 Prozent Wachstum erzielen werden. Unternehmen, die in diesen Märkten aktiv sind, kommt dieses Wachstum entsprechend zugute.

Ebenso bedeutsam – und für viele Anleger vielleicht etwas überraschend – ist jedoch, dass Unternehmen aus Schwellenländern in einer sehr guten finanziellen Verfassung sind: Ihre Verschuldung ist im Durchschnitt niedriger als die von Unternehmen aus Industrieländern. Das bedeutet, dass ihre Anleihen bei einer identischen Verschuldungsquote (Nettoschulden im Verhältnis zum Ebitda) in allen Ratingsegmenten höhere Erträge bieten. Während zum Beispiel US-Unternehmen mit einem Rating von BBB im Verhältnis zur Verschuldung für ihre Anleihen 45 Basispunkte zahlen müssen, liegt dieser Wert für die Schwellenländer bei 79 Basispunkten. Aus der Risikoperspektive betrachtet, ist dieser Vergleich aussagekräftiger, als einfach nur die Gesamtrenditen von Indizes gegenüberzustellen.

Diversifikationsvorteile

Staatsanleihen sind die traditionelle Möglichkeit, Zugang zu den höheren Renditen in Schwellenländern zu erlangen. Sie haben aber den Nachteil, dass sie sehr stark von der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung des jeweiligen Landes sowie von externen Faktoren wie dem US-Dollar beeinflusst werden.

Unternehmensanleihen bieten deutlich flexiblere Chancen, weil das Anlageuniversum Zugang zu einer ganzen Reihe von Sektoren und unterschiedlichsten Unternehmen gewährt. Der JP Morgan Emerging Market Bond (EMBI) Index für Staatsanleihen enthält insgesamt 167 verschiedene Emittenten aus 73 Ländern. Der JP Morgan CEMBI Broad Diversified Index für Unternehmensanleihen umfasst dagegen 651 Emittenten aus 50 Ländern.

Einige Sektoren werden stärker von binnenwirtschaftlichen Faktoren wie einer steigenden Konsumnachfrage, andere eher von externen Faktoren wie den Rohstoffpreisen beeinflusst. Dies ermöglicht eine Positionierung, die die spezifischen Wettbewerbsvorteile eines bestimmten Landes optimal ausnutzt oder – aktuell – die negativen Effekte des Handelskonflikts zwischen den USA und China mindert. Schliesslich bieten Unternehmensanleihen auch mehr Spielraum für die Generierung von Alpha: Das Universum wird zusätzlich durch unternehmensspezifische fundamentale Faktoren beeinflusst, bei denen Analysen vor Ort einen Mehrwert erbringen.

Absicherung gegen steigende Zinsen bei steigenden Zinssätzen

Für das ungewisse Zinsumfeld eignen sich Unternehmensanleihen aus Schwellenländern ebenfalls besser. Aus der Risikoperspektive betrachtet, sind sie Staatsanleihen in Zeiten steigender Zinsen gewöhnlich überlegen. Der Grund ist ihre viel kürzere Duration (4,5 Jahre statt 6,5 Jahre für Schwellenländer-Staatsanleihen).

Das bedeutet: Sie reagieren weniger empfindlich auf Zinsänderungen. Zuletzt war dies im Jahr 2018 der Fall, als die Korrektur bei Unternehmensanleihen viel geringer ausfiel als bei Staatsanleihen. Wenn die Zinssätze unverändert bleiben oder sogar weiter sinken, dürften Unternehmen aus Schwellenländern in nächster Zeit weiter von niedrigen Ausfallquoten und einer soliden Rentabilität profitieren.

Hartwährung oder Lokalwährung?

Bei der Frage „Hartwährung oder Lokalwährung“ haben Anleger bei Unternehmensanleihen keine echte Wahl: Das anlagefähige Universum der Lokalwährungsanleihen ist (für ausländische Anleger) noch sehr überschaubar. Angebot und Liquidität sind überaus begrenzt, was zu hohen Geld-/Brief-Spannen und Kursverzerrungen führt. Anleger in Hartwährungsanleihen schliessen daher eine weitere Variable aus der Gleichung aus, die in den letzten Jahren, als die Währungen allgemein schwach waren, die positiven Erträge der zugrunde liegenden Anlagen geschmälert hätte.

Die wachsende Bedeutung der Schwellenländer erkennen auch die Indexanbieter. Das jüngste Beispiel kommt aus dem Nahen Osten, wo Staats- und halbstaatliche Anleihen der GCC-Länder in diesem Jahr nun schrittweise in die EMBI-Indizes aufgenommen werden. Zuvor war nur der Oman mit einer Gewichtung von rund 2 Prozent im Index enthalten, doch bis zum Spätherbst wird die Gesamtgewichtung aller GCC-Länder auf rund 12 Prozent anwachsen – eine deutliche Veränderung. Diese stärkere Berücksichtigung immer weiterer Regionen und Länder seitens der Indexanbieter zeugt von der wachsenden Bedeutung der Schwellenländer an den globalen Anleihenmärkten.

Mehr Aufmerksamkeit verdient

In den letzten zehn Jahren hat sich an den Anleihenmärkten überall auf der Welt, aber insbesondere in den Schwellenländern, ein massiver struktureller Wandel vollzogen. Entsprechend ihrem wachsenden politischen und wirtschaftlichen Einfluss verdienen die Schwellenländer bei Anlegern auch entsprechend mehr Aufmerksamkeit.

* Theo Holland ist Senior Portfolio Manager bei Fisch Asset Management