Wer wie die meisten Analysten auf die Umfragen vertraut hat, wacht an diesem Mittwoch mit einem ziemlichen Kater auf. Die derzeitige Verunsicherung an den Märkten ist daher nur zu verständlich. Wer weiss schon, was Donald Trump als US-Präsident nun wirklich vor hat? Führt er tatsächlich Schutzzölle auf chinesische Produkte ein und zettelt damit einen Handelskrieg an? Kündigt er wirklich wichtige Freihandelsabkommen?

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Wahlkampf ist eine Sache, Realpolitik eine andere. Daran ändert auch nichts an der Tatsache, dass die Republikaner die Mehrheit in beiden Kammern des US-Kongresses haben und damit theoretisch durchregieren könnten. Bekanntlich sind die Altvorderen der Republikaner aber ebenfalls wenig begeistern von «ihrem» neuen Präsidenten. Das schränkt Trumps Macht in der Praxis ein.

Was Trump nicht gesagt hat

Eine Vorhersage, wer nun zu den Gewinnern oder Verlierer der Wahl zählt, ist vor diesem Hintergrund ein grosses Wagnis. Und Hinweise auf eine Antwort auf diese Frage dürften fast eher darin zu suchen sein, was Trump nicht gesagt hat, statt darin, was er im Wahlkampf alles erzählt hat. Denn das war oft wirr und widersprüchlich.

Da Trump aber keine staatlichen Interventionen bei Medikamentenpreisen gefordert hat, dürfte die Pharmabranche zumindest kurzfristig aufatmen. An den Märkten legen daher die Schweizer Branchen-Riesen Roche, Novartis und Actelion deutlich zu. In diesem Punkt ist Trump für einmal mit seiner Partei auf einer Linie, die aus Prinzip wenig von Interventionen in freie Märkte hält. Das nährt die Hoffnung, dass die Branche im grössten Pharma-Markt der Welt auch weiterhin ihre Preise weitgehend selbst wird bestimmen können.

Zwar will auch Trump den Preis-Anstieg bei Medikamenten Einhalt gebieten, indem er zum Beispiel zulassen will, dass Patienten direkt Importe aus dem Ausland beziehen können sollen. In den USA kosten einige Medikamente doppelt so viel wie in Europa. Doch Branchenexperten zweifeln, ob solche Importe überhaupt möglich sind, denn wer soll bei individuellen Importen dafür haften, dass die so eingeführten Medikamente den US-Normen entsprechen?

Das US-Gesundheitssystem stösst an seine Grenzen

Das darf indes nicht den Blick dahin verstellen, dass das US-Gesundheitssystem an seine Grenzen stösst. Auch der Branche dämmert, dass zweistellige Preiserhöhungsraten, wie sie zum Teil in der Vergangenheit zu beobachten waren, wohl der Vergangenheit angehören werden. Schon jetzt verschlingt das US-Gesundheitssystem rund 3 Billionen Dollar im Jahr - das sind 17,5 Prozent des Brutto-Inlandsprodukt. Im Schnitt liegt dieser Wert bei den OECD-Staaten bei nur 9 Prozent. 

Daher haben sowohl Novartis-Chef Joe Jimenez und auch GKS-Chef Sir Andrew Witty vor der Wahl gesagt, dass unabhängig vom Wahlausgang der Druck auf die Medikamentenpreise hoch bleiben wird, etwa, in dem die Krankenversicherer sich zunehmend zusammenschliessen und somit ihre Verhandlungsmacht im Preispoker erhöhen.

Auch die US-Zulassungsbehörden sortieren strikter bei Neuzulassungen aus, die Branche muss Daten-basierte Beweise dafür präsentieren, dass ein neuer Wirkstoff einen echten Nutzen bietet wie messbare Lebensverlängerung oder bessere Lebensqualität für Patienten.

Diese Trends bleiben bestehen, auch nach einem Wahlsiegs Trumps.

Holger Alich
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