Bereits seit Wochen zieren Schilder mit Aufschriften wie «50 Prozent Rabatt» die Schaufenster zahlreicher Modeboutiquen. Die milden Temperaturen machten nämlich sämtliche Winterkollektionen zu Ladenhütern. So überrascht es auch kaum, dass Fashion-Konzerne wie Hugo Boss, Gerry Weber oder Tom Tailor im vergangenen Jahr mit ihren Geschäftsverläufen enttäuschten. Doch ist dies nicht allein dem Wetter zuzuschreiben, die Marken-Konzerne haben sich zum Teil mit eigenen Shops verzettelt, und zudem stehen sie in den Innenstädten in einer grossen Konkurrenz zu günstigen Modeketten wie Zara, H&M oder auch Primark.

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Hugo Boss – hohe Dividende, aber operative Probleme, …

An den Kursen lässt sich das Trauerspiel in der Branche am einfachsten ablesen. So gaben die Aktien von Gerry Weber (ISIN DE0003304101) – trotz zahlreicher Insiderkäufe durch den Chef – in den zurückliegenden zwölf Monaten um 70 Prozent nach. Nicht viel besser lief es für die Nobelmarke Hugo Boss (ISIN DE000A1PHFF7), das  Papier stürzte um 35 Prozent ab. Rabattschlachten sowie das schwächelnde Auslandsgeschäft sorgten dafür, dass der operative Gewinn des MDAX-Mitglieds im 2015 nur um 1 Prozent vorangekommen ist.

Ursprünglich hatte der Modekonzern aus Metzingen in Baden-Württemberg ein Wachstum von 3 bis 5 Prozent angepeilt. Das Unternehmen gelobt zwar Besserung, zum Beispiel sollen Läden renoviert und auch geschlossen werden, eine schnelle Wende scheint aber nicht in Sicht zu sein. Einzig die hohe Dividendenrendite von über 5 Prozent verleiht der Boss-Aktie derzeit einen leichten Glanz, für eine Kaufempfehlung ist das aber zu wenig.

… und bei Gerry Weber senken Analysten den Daumen, …

Das gilt ebenso für Gerry Weber, deren Anteile sogar mit knapp 6 Prozent rentieren. Die Aktie scheint noch keinen Boden finden zu können, und aus dem operativen Geschäft sind keine positiven Überraschungen zu erwarten. Im Vorfeld der Zahlenvorlage vom 26. Februar haben bereits mehrere Researchhäuser ihre Schätzungen angesichts eines verhaltenen Weihnachtsgeschäfts reduziert. 

Zwar mussten auch grosse Ketten wie Zara und H&M dem warmen Winterwetter Tribut zollen, doch strukturelle Probleme sind bei diesen Firmen weniger auszumachen. Im Gegenteil.

… aber Modeketten sind im Aufwind

Die spanische Inditex (ISIN ES0148396007), zu der die Marke Zara gehört, schreibt seit langem schon eine nachhaltige Erfolgsstory. Und nun setzt auch noch eine wirtschaftliche Erholung in Spanien ein, welche die Geschäfte zusätzlich beflügeln dürfte. Rund zwei Drittel der Erlöse erzielt Inditex in Europa, einen Fünftel davon im Heimatland. Damit kommt dem Unternehmen auch der generelle Aufschwung auf dem alten Kontinent entgegen. Um immer «up to date» zu sein, fertigt Inditex auch in Europa und kann so schnell auf Modetrends reagieren. Selbst, wenn die Aktie zuletzt ebenfalls etwas Federn lassen musste, auf Sicht von einem Jahr steht immer noch ein Kursplus von 15 Prozent zu Buche. Anleger können das ermässigte Niveau nutzen, um Positionen aufzubauen.

Nicht ganz so gut läuft es beim Rivalen aus Schweden. Die H&M-Aktie (ISIN SE0000106270) weist auf Sicht von zwölf Monaten einen Verlust von rund 10 Prozent auf. Ein operativ starker Dezember brachte zuletzt jedoch etwas Fahrt in den Titel. In Europa und Nordamerika konnte der Konzern im Dezember seinen Umsatz um einen Zehntel steigern und damit deutlich mehr als von Analysten erwartet worden war. Mit Blick auf die Bewertung ist die Inditex-Aktie allerdings attraktiver. Beide weisen ein 2016er-KGV von über 20 auf, Gewinnwachstum und Profitabilität sind bei den Spaniern aber deutlich stärker.

Primark: Das Billig-Label expandiert in Spanien und in den USA

Das Feld von hinten räumt in der Textilindustrie derzeit Primark auf. Der Mode-Discounter wächst stark und expandiert rund um den Globus. Von September bis Dezember steigerte die Kette ihre Umsätze um 7 Prozent. Dazu halfen auch neue Läden in Spanien und in den USA. Das Billig-Label gehört unter das Dach von Associated British Foods (ISIN GB0006731235). Die Aktie spiegelt den Erfolg von Primark derzeit allerdings nicht wider.

Grund: Die anderen Konzernsparten wie Nahrungsmittel und Agrar stehen unter Druck. Für das Gesamtjahr gehen die Briten davon aus, dass sich der operative Gewinn leicht abschwächen wird. Auf die Watchlist gehört der Titel aber allemal. Denn sollte sich eine Wende bei den anderen Geschäftsbereichen herauskristallisieren, kann das Unternehmen, getrieben durch den Erfolg von Primark, auf der Gewinnseite wieder durchstarten.

Guess: Das US-Label für Mutige

Deutliche Rückgänge bei Umsatz und Gewinn verzeichnete der US-Modekonzern Guess (ISIN US4016171054) in den vergangenen Quartalen. Doch damit hat sich die Finanzgemeinde bereits arrangiert, und zuletzt konnte das Bekleidungsunternehmen sogar positiv überraschen. Dies gilt nicht nur in Relation zu den Schätzungen der Analysten, auch Vorstandschef Victor Herrero war erfreut. «Ich bin zufrieden, dass die Zahlen im dritten Quartal unsere Erwartungen übertroffen haben», kommentierte er den Zwischenbericht.

Der CEO hob vor allem das zweistellige währungs- und flächenbereinigte Plus im europäischen Einzelhandel heraus. Zudem könnte es sein, dass die Wende nah ist. Insbesondere die eingeleiteten Restrukturierungsmassnahmen sowie Verbesserungen beim Produktsortiment und im Marketing sollen das Unternehmen auf die Wachstumsspur zurückbringen. Mutige Anlegernaturen holen sich eine erste Position ins Depot.