Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat seine Prognose für das Wirtschaftswachstum gesenkt: Für das laufende Jahr erwartet er ein Wachstum der Weltwirtschaft von nur noch 2,8 Prozent, zuvor lag die Erwartung bei 2,9 Prozent. Im Jahr 2022 hatte das Wachstum 3,4 Prozent erreicht. 

«Wir treten in eine riskante Phase ein, in der das Wirtschaftswachstum im historischen Vergleich niedrig bleibt und die finanziellen Risiken zugenommen haben, ohne dass die Inflation bereits eine entscheidende Wende genommen hat», schrieb IWF-Chefvolkswirt Pierre-Olivier Gourinchas.

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Für die meisten Industrieländer im Westen ist der IWF dagegen etwas optimistischer als Anfang Jahr. So wird in Frankreich und Italien statt einer Stagnation ein Wachstum von 0,7 Prozent erwartet, Spaniens Wirtschaft soll sogar um 1,5 Prozent wachsen. Auch die Projektion für das US-Bruttoinlandprodukt (BIP) wurde leicht erhöht, um 0,2 Punkte auf 1,6 Prozent. 

Dagegen senkt der IWF die Prognose für Deutschland von plus 0,1 auf minus 0,1 Prozent. Auch die Schätzung für Japan wurde von hohen 1,8 auf 1,3 Prozent reduziert.

Für die Schweiz erwartet der Fonds ein Realwachstum von 0,8 Prozent. Damit liegen die Washingtoner Experten und Expertinnen mit ihrer Prognose unter jener des Seco (1,1 Prozent) und der Nationalbank (rund 1 Prozent).

Laut den Prognosen würden die Industriestaaten in diesem Jahr um 1,3 Prozent wachsen, bei den Schwellen- und Entwicklungsländern rechnen die Ökonominnen und Ökonomen des IWF mit einer Rate von 3,9 Prozent. 

Die Unsicherheit der Prognosen sei dieses Jahr besonders gross, heisst es weiter. Denn noch sei schwer abzuschätzen, inwiefern die Bankenkrise die Konjunktur beeinträchtigt.

Aus diesem Grund hat der Fonds ein alternatives Szenario durchgespielt, bei dem es zu einem Rückgang der Kreditvergabe kommt und sich die Finanzierungsbedingungen für die Unternehmen und Haushalte verschlechtern. Unter diesen Bedingungen würde das reale Wachstum in den Industrieländern um 0,4 Prozentpunkte geringer ausfallen und das globale BIP-Wachstum nur noch 2,5 statt 2,8 Prozent betragen.

Es wäre abgesehen vom Covid-Jahr 2020 und der globalen Rezession im 2009 das schwächste Wachstum seit 2001. 

Unabhängig davon, ob dieses Risikoszenario dieses Jahr nun eintrifft: An den mittelfristigen Aussichten ändert dies wenig. Und diese sind besorgniserregend. «Es ist nicht zu erwarten, dass das Weltwirtschaftswachstum wieder auf den Pfad von vor der Pandemie zurückkehrt», schreiben die Ökonominnen und Ökonomen des IWF. Sie gehen davon, dass die Weltwirtschaft in den nächsten fünf Jahren nur noch um 3 Prozent jährlich wachsen wird.

Die Personalnot bremst weltweit die Wirtschaft

Das ist die niedrigste mittelfristige Wachstumsprognose seit 1990. Sie liegt auch unterhalb des Fünfjahresdurchschnitts von 3,8 Prozent der vergangenen zwei Jahrzehnte.

In ihrer Rede nannte die geschäftsführende Direktorin Kristalina Georgiewa die gestiegenen Zinsen als Grund für die Verlangsamung. Es gibt laut dem IWF-Bericht aber auch andere Faktoren, die das Wachstum global bremsen: So haben namentlich China und Südkorea einen bereits so hohen Lebensstandard erreicht, dass zusätzliches Wachstum schwieriger wird.

Die schwachen Wachstumsprognosen spiegeln wider, dass weltweit die Zahl der Arbeitskräfte weniger stark wächst. Als weiteren Grund nennt der IWF die «geoökonomische Fragmentierung», dazu zählen die ökonomischen Schäden durch den Handelsstreit zwischen China und den USA sowie Russlands Ukraine-Invasion und deren Folgen. 

Der IWF fordert deshalb, die durch geopolitische Spannungen verursachte wirtschaftliche Fragmentierung zu vermeiden und Massnahmen zur Steigerung der Produktivität zu ergreifen, um dem Arbeitskräftemangel etwas entgegenzusetzen. 

rop
Peter RohnerMehr erfahren