Knapp 25 Jahre nach den wohl radikalsten Reformen in der Geschichte des Landes hat die indische Regierung weitere Milliardeninvestitionen in die eigene Wirtschaft angekündigt. Transportminister Nitin Gadkari kündigte im Juli vor Unternehmern in Washington an, den Strassenbau in Indien von aktuell 20 Kilometern pro Tag auf 41 Kilometern pro Tag bis 2017 beschleunigen zu wollen.

Die Aussage kommt wenige Wochen vor einem Jubiläum, das wie kein anderes die Wachstumsgeschichte des Landes geprägt hat: Am 24. Juli 1991 beendete der damalige Finanzminister Manmohan Singh praktisch die wirtschaftliche Isolation des Landes. Seine Reformen brachen mit dem indischen Lizenzsystem und vielen Handelsbarrieren, entwerteten die künstlich zu hoch bewertete Landeswährung Rupie und entmachteten viele Beamte.

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Grosser wirtschaftlicher Druck

Dass Singh sich im protektionistischen Indien damit überhaupt durchsetzen konnte, hatte er auch dem grossen wirtschaftlichen Druck zu verdanken, unter dem das Land damals stand. Hohe Ölpreise und politische Scharmützel hatten die Währungsreserven des Landes beinahe aufgebraucht. Um überhaupt noch zahlungsfähig zu bleiben, liess Indien tonnenweise Gold nach Grossbritannien fliegen - als Sicherheit für einen Kredit des Internationalen Währungsfonds.

Wirtschaftsleistung mehr als vervierfacht

Die daraufhin folgende Öffnung Indiens war der Hauptantrieb dahinter, dass sich die Wirtschaftsleistung des Landes seitdem mehr als vervierfachen konnte. Auch die deutsche Präsenz ist seitdem immens gewachsen. Die Deutsch-Indische Handelskammer zählte noch Ende 1995 gerade einmal 89 deutsche Mitglieder. Inzwischen geht sie davon aus, dass mehr als 1000 deutsche Unternehmen im Land aktiv sind und mehr als 1500 eine Repräsentanz oder ein Verbindungsbüro dort unterhalten.

Doch ebenso wie die jüngste Kampagne der indischen Regierung kommen die Reformen nicht bei allen Einwohnern an. 2014 startete Premierminister Narendra Modi die Kampagne «Make in India», um Indien als Produktionsstandort zu bewerben. Im Dezember 2015 und Juni 2016 verkündete die Regierung zudem weitere Liberalisierungsschritte, die vor allem Investitionen ausländischer Unternehmen in Indien erleichtern sollen.

Armut immer noch weit verbreitet

Trotzdem lebt laut einer Studie des Beratungsunternehmens McKinsey aus dem Jahr 2014 immer noch gut die Hälfte der 1,25 Milliarden Menschen im Land in Armut. Insbesondere die öffentlichen Ausgaben für Gesundheit, sauberes Wasser und Abwasserbehandlung müssten deutlich schneller steigen, um daran etwas zu ändern. Eine Investition, die Indien sich dank seines Wachstums inzwischen leisten könnte.

(awp/chb/ama)