Die Direktinvestitionen ausländischer Unternehmen in China sind im vergangenen Jahr um den niedrigsten Betrag seit Anfang der 1990er-Jahre gestiegen. Das unterstreicht die Herausforderungen für das Land, da Peking auf Mittel aus dem Ausland angewiesen ist, um die Wirtschaft in Schwung zu bringen.

Chinas Direktinvestitionsverbindlichkeiten in der Zahlungsbilanz beliefen sich im vergangenen Jahr auf 33 Milliarden Dollar, wie aus den am Sonntag veröffentlichten Daten der Staatlichen Devisenverwaltung (Safe) hervorgeht. Dieses Mass für neue Auslandsinvestitionen im Land war 82 Prozent niedriger als im Jahr 2022 und fiel auf den niedrigsten Stand seit 1993.

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Die Daten zeigen die Auswirkungen der Covid-Schliessungen und der schwachen Erholung im letzten Jahr. Zum ersten Mal seit 1998 gingen die Investitionen im dritten Quartal 2023 zurück, bevor sie sich etwas erholten und im letzten Quartal ein Wachstum verzeichneten.

Keine Rückkehr nach Covid

Die Daten der Safe, die die Nettoströme messen, können laut Ökonomen und Ökonominnen Trends bei den Gewinnen ausländischer Unternehmen sowie Veränderungen in der Grösse ihrer Betriebe in China widerspiegeln. Die Gewinne ausländischer Industrieunternehmen in China fielen im vergangenen Jahr um 6,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, so die Daten des Nationalen Statistikamtes.

Frühere Zahlen des chinesischen Handelsministeriums (Mofcom) zeigten, dass die neuen ausländischen Direktinvestitionen in China im vergangenen Jahr auf den niedrigsten Stand seit drei Jahren gefallen sind. Die Zahlen des Mofcom beinhalten nicht die reinvestierten Gewinne bestehender ausländischer Firmen und sind weniger volatil als die SAFE-Zahlen, so Ökonomen.

Die Bemühungen der Regierung, ausländische Unternehmen nach Covid zur Rückkehr zu bewegen, greifen zu kurz. Die anhaltende Schwäche verdeutlicht, wie ausländische Unternehmen aufgrund geopolitischer Spannungen und höherer Zinssätze in anderen Ländern Geld abziehen.

Japanische Firmen wenden sich ab

Für multinationale Unternehmen besteht ein grösserer Anreiz, ihr Geld im Ausland statt in China zu halten, da die meisten wichtigen Volkswirtschaften die Zinssätze anheben, während Peking sie zur Ankurbelung der Wirtschaft senkt. Eine kürzlich durchgeführte Umfrage unter japanischen Unternehmen in China ergab, dass die meisten dieser Firmen ihre Investitionen im vergangenen Jahr gekürzt oder konstant gehalten haben. Die Mehrheit von ihnen hat zudem keine positiven Aussichten für 2024. 

Die japanischen Unternehmen haben im vergangenen Jahr so wenig Nettoneuinvestitionen getätigt wie seit mindestens zehn Jahren nicht mehr: Nur 2,2 Prozent der neuen japanischen Auslandsinvestitionen flossen auf das chinesische Festland. Das ist weniger als das, was nach Vietnam oder Indien geflossen ist, und nur etwa ein Viertel der Investitionen in Australien, wie aus den Anfang des Monats veröffentlichten Daten der japanischen Regierung hervorgeht.

Zurückhaltung in Südkorea und Taiwan

Auch taiwanesische Firmen sind bei der Ausweitung ihrer Geschäfte in China sehr viel zurückhaltender geworden; die Neuinvestitionen im letzten Jahr waren die niedrigsten seit 2001, wie Regierungsdaten im letzten Monat zeigten. Taiwanesische Unternehmen gehören traditionell zu den grössten Investoren in China, haben aber seit dem Höchststand im Jahr 2010 ihre Neuinvestitionen in der zweitgrössten Volkswirtschaft der Welt zurückgefahren.

Südkoreanische Unternehmen haben im vergangenen Jahr ebenfalls ihre Investitionen in China zurückgefahren: In den ersten neun Monaten des Jahres 2023 gingen die neuen ausländischen Direktinvestitionen gegenüber dem gleichen Zeitraum im Jahr 2022 um 91 Prozent zurück und fielen damit auf den niedrigsten Stand seit 2002. 

Nur Deutschland setzt noch auf China

Allerdings gibt es auch einige Lichtblicke. Die Direktinvestitionen deutscher Unternehmen in China erreichten im vergangenen Jahr einen Rekordwert von fast 12 Milliarden Euro, wie aus einem Bericht des Instituts der deutschen Wirtschaft hervorgeht.

Dies zeigt die Bereitschaft, in der zweitgrössten Volkswirtschaft der Welt zu expandieren, auch wenn die Europäische Union diese Investitionen aufgrund von Sicherheitsbedenken strenger kontrolliert. Der Anteil der Investitionen in China an den gesamten deutschen Direktinvestitionen im Ausland stieg im vergangenen Jahr auf 10,3 Prozent – der höchste Wert seit 2014, wie der Bericht zeigt.

(Bloomberg | gku)