Solothurn hat nicht den Ruf, ein besonders attraktiver Immobilienmarkt  zu sein. Schliesslich ist es der Schweizer Kanton, wo im Verhältnis zur Grösse am meisten Wohnungen leer stehen, weil in den letzten Jahren so viele Mehrfamilienhäuser entstanden.

Doch nun könnte dieser glanzlose Wohnungsmarkt anziehend wirken.

Doch dazu später mehr, denn auch bei den Gewerbeimmobilien hat sich die Situation verändert. Solothurner Geschäftsimmobilien sind letztes Jahr deutlich wertvoller geworden als in den Jahren davor. Nur in den Kantonen Zug, Zürich und Graubünden werteten sich solche Gebäude im Jahr 2020 stärker auf. Dies zeigen neue Zahlen der Immobilienberatungsfirma IAZI

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Der Faktor Autobahn

Wie kommt das? Beim Stichwort Gewerbeimmobilien denkt man an Büros, Ladengeschäfte, Hotels und Restaurants – an Liegenschaften, die unter der jetzigen Situation besonders zu leiden haben. Wer wagt es noch, in Bürogebäude zu investieren, wenn die Angestellten zunehmend ins Home Office verschwinden?

Und hier harzt der Markt auch in Solothurn. Doch Gewerbeimmobilien sind eben auch Logistikbauten. Und wer an Gütertransport denkt, denkt in der Schweiz rasch an Ortschaften wie Olten oder Härkingen.

Für Donato Scognamiglio, Leiter der Immobilienberatungsfirma IAZI, liegt hier eine Erklärung für den Sonderfall im Mittelland. Am Fuss des Jura bei Härkingen, wo die Autobahnen A1, A2, und A5 zusammenkommen, stehen reihenweise Lagerhallen und Verteilzentren.

Ein ähnliches Bild präsentiert sich weiter südlich bei Kriegstetten, wo die A1 erneut den Kanton durchquert. In diesen Industriegebieten kommt die Flut der Pakete ins Rollen, die vor den Schweizer Haustüren endet.

Investoren setzen auf Logistik

 «Durch den Online-Boom sind Logistikimmobilien sehr gesucht. Und im Kanton Solothurn stehen besonders viele solcher Gebäude», sagt Immobilienexperte Scognamiglio

Donato Scognamiglio

Donato Scognamiglio: Er leitet das Zürcher Immobilienberatungsunternehmen IAZI.

Quelle: ZVG

Die Logistik bietet eine hohe Rendite – das lässt sich an der Börse ablesen: Die auf diesen Sektor spezialisierten Immobilienfonds werden aktuell weit über der Bewertung ihrer Liegenschaften gehandelt. Mit anderen Worten: Die Investorinnen sind bereit, einen Aufpreis – in der Börsensprache Agio – zu bezahlen. Sie glauben offensichtlich, dass die Gebäude wertvoller sind, als es in den Büchern der Fonds den Anschein macht.

Zu teuer? Mehrfamilienhäuser sind noch immer ein gutes Investment

Der Immobilienboom trieb die Preise in enorme Höhen. Und doch werfen die so genannten Rendite-Liegenschaften noch stolze Renditen ab.

Der Wunsch nach mehr Wohnraum

Der Boom im E-Commerce schafft also eine verändert Nachfrage bei den Gewerbeimmobilien. Bei Wohnimmobilien wiederum kommt eine andere Entwicklung hinzu, die durch die Pandemie viel Schub bekommen hat: die Arbeit im Home Office. Auch nach Ende von Covid-19 werden viele Büroangestellte einen Teil der Arbeit zu Hause erledigen.

Deswegen wünschen sich zahlreiche Menschen mehr Platz zum Wohnen, weil sie nun mehr Zeit zu Hause verbringen. Und da das Pendeln an vielen Tagen entfällt, kommen zudem neue Gegenden als Wohnort infrage – die Distanz zum Büro darf nun auch etwas länger sein.

«Der Solothurner Immobilienmarkt ist ein Hidden Champion. Seine Qualitäten sind in dieser Pandemie plötzlich gefragt», sagt Immobilienexperte Donato Scognamiglio.

Der Leerstand sinkt

Es sind Regionen wie Solothurn, die von diesem Trend profitieren dürften. Der Kanton bietet viel günstigen Wohnraum und ist dennoch zentral im Mittelland gelegen. Hier kommt man eher zu einer grossen, bezahlbaren Wohnung als im Grossraum Bern, Basel oder Zürich.

Die Statistik untermauert diese These: Im vierten Quartal 2020 ist die recht hohe Leerwohnungsziffer im Kanton leicht gesunken. Es stehen also weniger Wohnungen leer, obwohl über die ganze Schweiz betrachtet der Leerstand immer noch leicht zunimmt. «Der Solothurner Immobilienmarkt ist ein Hidden Champion. Seine Qualitäten könnten in dieser Pandemie zunehmend gefragt sein», glaubt Donato Scognamiglio