Economiesuisse erwartet eine weitere Wachstumsabschwächung in der Schweiz. Der Wirtschaftsdachverband hat entsprechend seine Prognose für 2019 gesenkt und erwartet auch im kommenden Jahr nur ein relativ bescheidenes Wachstum der Schweizer Wirtschaft.

Konkret schätzt Economiesuisse für das noch laufende Jahr neu ein Wachstum des Bruttoinlandsproduktes von 0,9 Prozent nach bisher 1,4 Prozent, wie der Verband am Donnerstag mitteilte. Und im kommenden Jahr 2020 sieht er dann unverändert ein Wachstum von 1,2 Prozent.

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Die im Vergleich zu 2019 leicht höhere Wachstumsrate kommt dabei aber vor allem durch sportliche Grossereignisse (Fussball-EM, Olympische Spiele) zustande. Dass Sportverbände wie Fifa oder IOC ihren Hauptsitz in der Schweiz haben, wirkt sich in Jahren mit vielen Sportereignissen bekanntlich positiv auf das hiesige BIP aus.

Wachstum 2020 eigentlich tiefer

Dies erschwert allerdings auch die Arbeit für Ökonomen, da diese Effekte nicht einfach zu berechnen sind. «Und es kaschiert die Tatsache, dass das Wachstum 2020 eigentlich schwächer ausfallen wird als 2019», sagte Chefökonom Rudolf Minsch vor der Presse in Zürich.

Eine globale Rezession sei zwar wenig wahrscheinlich. Die Aussichten für die Schweizer Exportindustrie seien aber «wenig euphorisch», da eigentliche Wachstumsimpulse aus dem Ausland weitgehend fehlten. «Viele Unternehmen kämpfen mit den schwierigen Bedingungen auf den internationalen Märkten», konstatiert der Verband.

Je stärker eine Industrie auf Europa ausgerichtet sei, desto verhaltener seien zudem die Aussichten. Vor allem dass der grösste Schweizer Exportmarkt Deutschland eine Rezession der Industrie durchläuft, ist für viele hiesige Unternehmen ein harter Schlag. In Bezug auf die Branchen trifft dies etwa auf die Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie verstärkt zu. Die für die Schweiz wichtige chemisch-pharmazeutische Industrie profitiere dagegen weiter vom Langfristtrend Gesundheit.

Talboden erreicht?

Insgesamt sollte der Talboden laut Economiesuisse zwar erreicht sein und 2020 eine Stabilisierung auf dem Niveau des laufenden Jahres resultieren. Die Kombination aus einer schwachen internationalen Nachfrage und einem starken Franken sei aber für viele eine schwere Hypothek. Der Frankenkurs könnte 2020 denn auch wieder stärker zum Thema werden, befürchtet der Verband. «Denn bei sinkendem Auftragsbestand hätte eine starke Frankenaufwertung gravierende Konsequenzen», so Minsch.

Besser sieht die Situation in der Binnenwirtschaft aus. Sie wachse zwar wenig, sei aber bei grösseren Unterschieden zwischen den Branchen insgesamt stabil, so der Verband. Beim Bau etwa gingen die Wachstumsimpulse 2020 vom Tiefbau aus. Im Hochbau sorgten die steigenden Leerstandsziffern und der Umstand, dass einige Grossprojekte noch in der Bewilligungsphase steckten, hingegen für eine gewisse Abkühlung.

Keine Ende der Negativzinsen in Sicht

«Wir erwarten ein fragiles Wachstum in unsicherem Umfeld», fasste Minsch die Gemengelage zusammen. Dies habe zudem zur Folge, dass das Beschäftigungswachstum abflaut. So gibt es laut der Umfrage weniger Branchen, die sowohl ein Wachstum der Produktion als auch der Beschäftigung erwarten, als bei der letzten Umfrage.

Zu letzteren gehören etwa noch die Chemie/Pharma/Medizinaltechnik, das Gesundheitswesen oder die öffentliche Verwaltung. Sowohl negatives Wachstum wie auch einen Rückgang bei der Beschäftigung erwarten derweil Unternehmen aus der Maschinen- und Metallindustrie, der Telekommunikation oder der Druckindustrie.

Die Arbeitslosenquote dürfte unter diesen Umständen nächstes Jahr im Durchschnitt auf 2,5 Prozent leicht ansteigen (2019: 2,3%), prognostiziert der Verband. Zudem werden Exportunternehmen wohl auch vermehrt auf das Instrument der Kurzarbeit zurückgreifen müssen, befürchtet Economiesuisse.

Noch kein Ende sieht Economiesuisse bei den Negativzinsen. Diese seien zwar sehr unschön, meinte Minsch, die Nationalbank werde aber noch nicht so schnell davon abrücken können. Angesichts der unsicheren Lage brauche die SNB wohl noch beide Mittel, also Negativzinsen und Deviseninterventionen, um das Geschehen unter Kontrolle zu behalten.

(awp/tdr)