Die Schweizerische Nationalbank (SNB) überrascht erneut: Als eine der ersten Notenbanken senkt sie ihre Leitzinsen wieder. Die Notenbank senkt den sogenannten SNB-Leitzins um 0,25 Prozentpunkte auf 1,50 Prozent.

Die Zinssenkung sei möglich geworden, weil die Bekämpfung der Inflation über die letzten zweieinhalb Jahre wirksam gewesen sei, erklärte die SNB am Donnerstag in einem Communiqué. Die Teuerung liege nun seit einigen Monaten wieder unter 2 Prozent.

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Die Teuerung sei nun in dem Bereich, den die Notenbank mit Preisstabilität gleichsetze. Die Inflation dürfte gemäss neuer Prognose auch über die nächsten Jahre in diesem Bereich bleiben.

Von der Nachrichtenagentur Reuters im Vorfeld der vierteljährlichen geldpolitischen Lagebeurteilung der SNB befragte Ökonomen hatte mehrheitlich einen unveränderten Schlüsselzins prognostiziert. Ökonomen sahen das dreiköpfige SNB-Direktorium um den im Herbst scheidenden Notenbank-Präsident Thomas Jordan dank einer robusten Wirtschaftsentwicklung und der jüngsten Abwertung des Franken nicht unter Zugzwang bei den Zinsen.

Zuvor hatte die SNB ab Juni 2022 den Leitzins von damals minus 0,75 Prozent in nur fünf Schritten auf 1,75 Prozent gehievt und danach zwei Mal unverändert belassen. Sie hatte damit der Jahre andauernden Negativzinsära in der Schweiz ein Ende gesetzt.

Inflation weiter genau beobachten 

Die Teuerung in der Schweiz ist seit über einem Jahr auf dem Rückzug und lag zuletzt im Februar bei tiefen 1,2 Prozent, so die SNB am Donnerstag. Die Währungshüter setztenPreisstabilität mit einer Teuerung von maximal 2 Prozent gleich.

Der jüngste Rückgang der Inflation war laut der SNB auf eine geringere Teuerung bei den Waren zurückzuführen. Zurzeit werde die Inflation vor allem von der Teuerung der inländischen Dienstleistungen bestimmt.

Und diese erreichte Preisstabilität sei auch mit dem auf 1,50 Prozent gesenkten Leitzins nicht mehr gefährdet, betonten die Währungshüter am Donnerstag. So geht die SNB in ihrer neusten Prognose davon aus, dass die Inflation 2024 bei durchschnittlich 1,4 Prozent zu liegen kommt.

Und auch für 2025 und 2026 werden nur Werte von 1,2 und 1,1 Prozent erwartet. Die Bekämpfung der Inflation über die letzten zweieinhalb Jahre sei also wirksam gewesen, resümierte die SNB.

Franken als Waffe gegen die Inflation

Mit ihrer ersten Zinssenkung seit Januar 2015 - seinerzeit wurde der Euro-Mindestkurs aufgehoben - berücksichtige die SNB aber nicht nur den verminderten Inflationsdruck. Auch die reale Aufwertung des Schweizer Frankens spiele eine Rolle.

Denn mit einer stärkeren heimischen Währung wird weniger Inflation aus dem Ausland importiert. Und die SNB sei weiter bereit, bei Bedarf am Devisenmarkt aktiv zu sein.

In der Tat hat die SNB in der Vergangenheit ihren sehr hohen Devisenberg etwas abgetragen - Verkäufe von Euro, Dollar und Co. sollten den Franken zwecks Inflationsbekämpfung stärken. Im Jahr 2023 wurden Devisen im Gegenwert von fast 133 Milliarden Franken verkauft.

Die Zinssenkung unterstütze aber auch die wirtschaftliche Entwicklung, betonte die SNB am Donnerstag weiter. Beim heimischen Wirtschaftswachstum für 2024 ist die Notenbank gar leicht optimistischer geworden.

Die Währungshüter betonten aber, dass die schwache Nachfrage aus dem Ausland und die reale Aufwertung des Frankens dämpfend wirkten. Zudem sei die Prognose mit bedeutenden Unsicherheiten behaftet. Das Hauptrisiko dabei sei eine schwächere konjunkturelle Entwicklung im Ausland. Und die Inflation könnte in einigen Ländern länger erhöht bleiben und deshalb dort eine straffere Geldpolitik als erwartet erfordern.

Weitere Senkungen wahrscheinlich

Gemäss des Vermögensverwalters Vanguard sei die Wahrscheinlichkeit hoch, dass es in diesem Jahr ein paar weitere Zinssenkungen geben werde. Den Leitzins sieht Vanguard langfristig bei 1 Prozent.

VP-Bank-Chefökonom Thomas Gitzel kommentierte: «Wow, die SNB weis zu überraschen.» Nachdem nun die SNB mit einer Zinssenkung reagiert habe, sei nicht auszuschliessen, dass noch weitere geldpolitische Lockerungen folgen.

Auch die Bank Lombard Odier etwa erwartet nun noch weitere Zinssenkungen in diesem Jahr. Sie bezeichnet den nicht erwarteten Schritt der SNB als «ideales Abschiedsgeschenk von Thomas Jordan», der damit die Stossrichtung für seinen Nachfolger schon klar vorgeben kann». 

Allerdings betonte Jordan dann an der Medienkonferenz zum Zinsentscheid in Zürich, die Zinssenkung sei kein Abschiedsgeschenk. «Wir treffen immer die richtigen Entscheidungen», so der Notenbankchef. 

Die SNB entscheidet in der Regel viermal jährlich über die Zinsen: Die nächste sogenannte geldpolitische Lagebeurteilung ist für 20. Juni anberaumt. 

SMI baut Gewinne deutlich aus

Nach dem SNB-Entschied gerät der Franken unter Druck. Die Devise fällt zum Euro auf den tiefsten Stand seit Juli. Die Gemeinschaftswährung wird derzeit zu 0,9765 gehandelt, nach zuvor 0,9682. Der US-Dollar zeiht aktuell auf 0,8953 Franken an, vor der SNB-Publikation stand er noch bei 0,8870 Franken.

Auch am  Schweizer Aktienmarkt zeigt der Zinsschritt Wirkung und hat am Donnerstag seine Gewinne aus der Startphase im Anschluss an den SNB-Entscheid deutlich ausgeweitet. Der SMI steht derzeit bei 11'761 Punkten um 1,24 Prozent höher als beim Börsenschluss am Mittwoch. 

US-Notenbank hält still

Auch die US-Notenbank Fed hat den Leitzins am gestrigen Mittwoch bereits zum fünften Mal infolge unverändert gelassen: Er liegt damit weiterhin in der Spanne von 5,25 bis 5,5 Prozent. Die Europäische Zentralbank mit einem Leitzins von 4,5 Prozent wird am 11. April entscheiden, wie es weitergeht. 

(dob mit Agenturmaterial)