Wie werden sich die Preise für Schweizer Wohneigentum entwickeln?

Ich bin kein Spezialist für Wohneigentum, dies möchte ich zu Beginn betonen.

Die Marktwerte von Eigenheimen sind im letzten Quartal noch einmal gestiegen. Inzwischen sind die Preise so hoch, dass sich viele das erträumte Eigenheim nicht mehr leisten können. Jetzt ändern sich allerdings die Bedingungen im Markt: Die Zinsen sind innerhalb kurzer Frist stark gestiegen. 

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Stephan Kloess Immobilien

Stephan Kloess ist Gründer und Geschäftsführer der Schwyzer Immobilienberatungsfirma KRE KloessRealEstate. Das Unternehmen ist im gesamten deutschsprachigen Raum tätig und berät institutionelle Investoren sowie Asset Manager.

 

Quelle: ZVG

Was bewirken diese Zinserhöhungen?

Buy to let lohnt sich jetzt nicht mehr – das ist ein Effekt.

Ein weiterer ist, dass es viele ältere Einfamilienhäuser und Wohnungen gibt, die saniert und energetisch instand gesetzt werden müssen. Dies ist nach wie vor ein ungelöstes Problem, und dieser Renovationsbedarf belastet die Preise zusätzlich. 

Damit wird die Nachfrage grundsätzlich nachlassen, und dies wird auf die Preise drücken. Hiervon sind ältere Objekte stärker betroffen als neue und zentral gelegene. Es wird jedoch immer Regionen und Objekte geben, die diese Entwicklungen nicht so ausgeprägt spüren.

Verlieren Immobilien für Pensionskassen durch die steigenden Zinsen an Reiz?

Als Realwerte sind Immobilien auch in Zeiten steigender Zinsen attraktiv. 

Zum einen, weil in Zeiten, in denen die wirtschaftliche Expansion in den Industrieländern aufs Ende zuzugehen scheint, die stabilen und verlässlichen Einkommensströme der Immobilien attraktiv sind. 

Zum anderen, weil im Mietwohnsektor ein begrenzter und im kommerziellen Bereich ein umfassender Inflationsschutz möglich ist.  

Zudem: Die aktuell hohe Nachfrage im Sektor Wohnen und auch in weiten Teilen der kommerziellen Liegenschaften wird sich positiv auf die Mieterträge auswirken. Zumal im Bereich Wohnen eine Erhöhung des Referenzzinssatzes näherkommt, wodurch die Mietzinse angehoben werden können.

Um ihre Verpflichtungen zu decken, investieren Pensionskassen nicht nur in oder für einen Zyklus, sondern über Jahrzehnte. Damit sind kurz- bis mittelfristige Erträge wichtiger als Wertsteigerungen.

Sie kennen sich auch in ausländischen Immobilienmärkten aus – welche Länder sind für Schweizer Investorinnen und Investoren derzeit attraktiv, und was gilt es zu beachten?

Generell sind Länder mit Bevölkerungswachstum und positiven konjunkturellen Aussichten attraktiv, sie weisen Standortvorteile auf.

Dabei gilt es allerdings die Rechtssicherheit und die politische wie wirtschaftliche Stabilität zu beachten. 

Was meinen Sie damit?

Sozialistisch regierte Länder neigen beispielsweise dazu, Gesetzgebungen auch mal rückwirkend zu ändern – etwas, das wir hier in der Schweiz nicht kennen.

Weiter ist es wichtig, nicht nur die Länder, sondern auch den Mikrostandort – die Region oder Stadt – sorgfältig zu wählen.  

Entscheidend ist es zudem, über genügend Wissen über die lokalen Verhältnisse im Immobilienmarkt zu verfügen. Nur wenn dieses Know-how vorliegt, ist ein erfolgreiches Investment möglich.

Was sind die grössten Risiken für den Schweizer Immobilienmarkt?

Als grösstes Risiko sehe ich das Fortschreiten einer neo-sozialistischen Politik, die mit einem hohen Interventionismus in den Markt eingreift. Diese Tendenz hat sich in der Schweiz verstärkt.

Weiter ist es der wachsende Druck, Immobilien nachhaltiger zu machen – beispielsweise durch energetische Massnahmen –, der sich sich bei vielen Objekten wirtschaftlich nicht rechnet. Es verteuert die Instandsetzung von Immobilien zusätzlich, ohne dass man den Ertrag entsprechend erhöhen kann.

Einige hochfinanzierte Private oder der eine oder andere Investmentsfonds könnten aufgrund der gestiegenen Zinsen in ökonomische Schwierigkeiten geraten – dies halte ich für eine weitere Gefahr. 

Wie wahrscheinlich ist es, dass eine solche Gefahr eintreffen wird?

Ein solches Szenario wird möglich, falls die Bewertungen wegen der gestiegenen Zinsen, einer Rezession oder einer Kombination von beidem signifikant korrigiert werden sollten. Davon betroffen wären in erster Linie Entwickler, die in den letzten Jahren Land oder Bestand teuer eingekauft haben.

Wirtschaftsminister Guy Parmelin prüft Massnahmen gegen eine drohende Wohnungsknappheit. Wo sollte die Politik den Hebel ansetzen?

Zusammengefasst gesagt: Entbürokratisierung und Verschlankung der Prozesse. Wenn Herr Parmelin realisiert, dass sich die Behandlungsfristen von Baugesuchen in den vergangenen 20 Jahren von 90 auf 150 Tage verlängert haben, ist er dem Kern des Übels schon auf der Spur. 

Es ist angebracht, die Durchlaufzeiten der Genehmigung und auch diverse Mitspracherechte zu überprüfen. Zu nennen sind hier nicht zielführende Lärmvorschriften, Eingriffe in die Architektur oder in die Ökonomie von Investoren – dies ohne für diese Themen jemals die Verantwortung übernehmen zu müssen. Parallel sollte über eine Revision des Einspracherechtes nachgedacht werden. 

Was halten Sie grundsätzlich von politischen Interventionen in den Markt?

Ich sehe solche Interventionen kritisch. Woher nimmt die Politik die Gewissheit, es zum Wohle aller besser zu wissen? 

Politik hat die Aufgabe, für die Bevölkerung und Wirtschaft Rahmenbedingungen zu schaffen. Mikromanagement zu betreiben, gehört nicht zum Pflichtenheft. Sie soll Ermöglicher und nicht Verhinderer sein. 

Damit die Schweiz ihre CO2-Ziele erreicht, müssen insbesondere Immobilien klimafreundlicher werden. Wird dies die Baukosten zusätzlich nach oben treiben?

Dies lässt sich nicht klar mit Ja oder Nein beantworten. 

Wegen der Angebotsknappheit, die bei vielen Materialien und Anlagen sichtbar ist, sowie des Fachkräftemangels sind die Kosten gestiegen und werden in einigen Bereichen auch auf einem hohen Niveau bleiben. Auch die hohe Nachfrage wirkt kostensteigernd. Aktuell liegen die Baukosten circa 8 bis 9 Prozent über dem Vergleichsmonat des Vorjahres. Das sind Durchschnittswerte, die in einzelnen Bereichen durchaus weit höher liegen können.

Aber es sind auch Gegentrends auszumachen. 

Wie lauten die?

Beispielsweise sind die Preise für Holz und Beton wieder signifikant zurückgekommen. Holz hat sich in einer Jahresbetrachtung auf US-Dollar-Basis um 47 Prozent reduziert. Bei einer Fünfjahresbetrachtung liegt der Preis nur knapp 10 Prozent höher als 2018. 

Weiter ist die Anzahl an Baugenehmigungen seit zwei Jahren rückläufig. Die verminderte Bautätigkeit spricht ebenfalls für einen Rückgang der Baukosten. 

Kurzum: Wo sich die Teuerung der Baukosten final einpendelt, ist schwer vorherzusagen.

Die «Handelszeitung» gibt der Immobilienbranche das Wort: Jeden Freitag liefert eine Expertin oder ein Experte Einschätzungen zu den wichtigsten Entwicklungen im Markt. Lesen Sie hier einige der Gespräche aus den vergangenen Wochen:

Immobilien sind ein Pfeiler der Schweizer Volkswirtschaft – die «Handelszeitung» macht sie zu einem Schwerpunkt in der Berichterstattung.

Neuer Wohnraum soll vor allem innerhalb von Städten und Dörfern entstehen. Wird in der Schweiz in genügendem Ausmass und auf intelligente Weise verdichtet?

Ob intelligent oder nicht, das Urteil steht mir nicht zu. Verdichtung stösst erfahrungsgemäss immer lokal auf Widerstand. 

Wir Menschen finden die Dichte in Rom, Venedig und Barcelona in den Ferien schön. Sobald vor unserer Haustür oder hinter unserem Garten verdichtet werden soll, gehen wir auf die Barrikaden. Das ist inzwischen nicht nur anekdotisch, sondern auch wissenschaftlich nachgewiesen.

Gleichzeitig ist Verdichtung Konsens in der Stadtentwicklung. Also geht es bei der Lösung dieser kognitiven Dissonanz um den Abbau der Angst, dass Verdichtung automatisch Wohnqualitäten mindert oder zu Preiserhöhungen führt. 

Wie lässt sich eine gelungene Verdichtung beschreiben?

Gute Verdichtung führt nicht zu Monokulturen, sondern zu einer Mischung von Kulturen, soziostrukturellen Gruppen und Nutzungsformen. Der Trend, dass Wohnen, Arbeiten und Leben zusammenwachsen, kommt dieser Anforderung entgegen. 

Die Einbindung aller Beteiligten lässt konstruktive Lösungen entstehen, die sich auch ökonomisch vertreten lassen.

In den Städten wird vermehrt in die Höhe gebaut. Begrüssen Sie den Hochhaus-Trend?

Es ist eine rationale Überlegung: Wenn der Boden knapp und damit teuer ist und wir verdichten wollen, um die Zersiedlung der Schweiz aufzuhalten, macht es sicherlich Sinn, an diversen Stellen höher und folglich auch Hochhäuser zu bauen. 

Grundsätzlich sind Hochhäuser in der Erstellung und im Betrieb aber teurer.

Gegen einen Hochhaus-Trend sprechen auch Bestrebungen, das Stadtbild zu erhalten. Hochhäuser sollten nur entstehen, wo dies sinnvoll und mehrheitsfähig ist. 

Wie lautet Ihr Fazit?

Es wird hier keine objektive Meinung geben können, da politische Ideologie und architektonische Wunschträume auf knappe Ressourcen treffen. 

Mitentscheidend für mich ist die Frage, wo Hochhäuser stehen: allein oder als Ensemble. Und es hängt davon ab, wie die Zwischenräume bespielt werden. Das ist zentral für die Menschen, die dort leben und arbeiten.

Stephan Kloess beantwortete die Fragen schriftlich.