Die US-Notenbank Fed will nach ihrem Strategieschwenk angesichts der Corona-Krise noch lange an ihrer Tiefzinspolitik festhalten. Die Währungshüter um Notenbankchef Jerome Powell stellten im Anschluss an zweitägige Beratungen am Mittwoch in Aussicht, die Zinsen so lange nahe Null zu halten, bis die Inflation auf dem Weg sei, «für einige Zeit» das Ziel von zwei Prozent Teuerung «moderat zu übertreffen». Ihren Leitsatz zur Versorgung der Geldhäuser mit Geld beliess die US-Notenbank in einer Spanne zwischen null und 0,25 Prozent.

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«Im Grunde sagen wir, dass die Zinsen hochgradig konjunkturstützend bleiben werden, bis die Erholung der Wirtschaft weit vorangekommen ist», sagte Powell nach dem Zinsbeschluss. Eine anhaltende Unterstützung der Notenbank und auch der Regierung sei nötig.

Das Virus verursache erhebliche ökonomische und menschliche Härten, erklärte die Fed: «Die Federal Reserve ist entschlossen, ihre gesamte Bandbreite an Werkzeugen zu nutzen, um die US-Wirtschaft in dieser herausfordernden Zeit zu unterstützen.» Mehr als 195'000 Amerikaner sind inzwischen laut Reuters-Daten an der Covid-19-Erkrankung gestorben.

Donald Trump bekommt, was er schon lange forderte

Volkswirten zufolge hat die Fed jetzt ihre Tiefzinspolitik für lange Zeit zementiert. «Die Botschaft ist, dass die Zinsen auf Jahre sehr niedrig bleiben und das sogar dann, wenn die Inflationsrate deutlich anzieht», sagte Friedrich Heinemann vom Mannheimer Forschungsinstitut ZEW. «Hinzu kommt, dass sie neue geldpolitische Entscheidungen nun gerne auf die Zeit nach dem 3. November 2020 vertagt, um nicht den Präsidentschaftswahlkampf zu beeinflussen.»

Aus Sicht des Chefvolkswirts der Targobank, Otmar Lang, bekommt US-Präsident Donald Trump nun das, was er wollte und sogar mehr. «Dass die Zinsen dauerhaft so niedrig bleiben würden, hätte sich wohl nicht mal er in seinen kühnsten Träumen ausgemalt.» Sollte Trump die Wahl im November verlieren, könne er zumindest nicht die Fed dafür verantwortlich machen.

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Weitere Anleihekäufe und Hürden für Zinserhöhung?

Uwe Burkert, Chefvolkswirt der LBBW, rechnet damit, dass der Druck auf die Fed, ihre Geldschleusen noch weiter zu öffnen, nach der US-Wahl zunehmen wird. Dies werde vor allem dann der Fall sein, sollte eine Einigung auf ein weiteres Corona-Hilfspaket im US-Kongress nicht gelingen. Zuletzt lagen die beiden politischen Lager noch weit auseinander. «Ein mögliches Mittel hierfür könnten eine Erhöhung der Anleihekäufe sein sowie Schritte, welche die Hürden für eine künftige Leitzinsanhebung faktisch nochmals höher setzen», glaubt Burkert.

Die US-Notenbank hatte zur Bekämpfung der Folgen der Corona-Pandemie unter anderem bereits massive Kreditprogramme aufgelegt, um die Konjunktur zu stützen. Dazu kommen umfangreiche monatliche Staatsanleihenkäufe.

Zinsen mindestens bis 2023 unverändert

Die Fed legte zudem neue Wirtschaftsprojektionen vor. Danach dürften die Zinsen bis mindestens 2023 unverändert bleiben. Die Inflationsrate werde bis dahin die Zwei-Prozent-Marke nicht überwinden. Die Fed richtet ihr Augenmerk insbesondere auf Preisveränderungen bei persönlichen Verbraucherausgaben, wobei Energie- und Nahrungsmittelkosten ausgeklammert werden. Die Rate legte zwar zuletzt um einen Tick auf 1,7 Prozent zu, blieb damit aber nach wie vor unter der Marke von 2,0 Prozent.

Für die Konjunktur in diesem Jahr sind die Währungshüter nun etwas weniger pessimistisch als noch im Juni. Erwartet wird, dass die Wirtschaft um 3,7 Prozent schrumpft statt wie noch in der Juni-Prognose um 6,5 Prozent.

Arbeitslosenquote überraschend auf 8,4 Prozent gesunken

Mit ihrer unlängst geänderten Strategie hat sich die Fed mehr Spielraum beim Anpeilen ihres Inflationsziels eingeräumt. Sie kann nun, wenn es aus ihrer Sicht erforderlich ist, die Teuerungsrate für einen längeren Zeitraum über dem angesteuerten Optimalwert von zwei Prozent halten, wenn diese zuvor geraume Zeit darunter geblieben ist.

An erster Stelle soll das Ziel der Vollbeschäftigung stehen. Davon ist die US-Wirtschaft nach dem herben Einbruch infolge der Pandemie aber noch meilenweit entfernt, obgleich die Arbeitslosenquote zuletzt überraschend auf 8,4 Prozent gesunken war. Die neuen Projektionen der Fed erwarten für das Jahresende eine Quote von 7,6 Prozent.

(reuters/gku)