Herbstzeit, Budgetzeit. Auch wenn das Sonnenwetter nicht zur alljährlichen Budgetsaison passen will: Es ist Herbst, und die meisten Unternehmerinnen und Unternehmer müssen jetzt ihr Budget für das kommende Jahr machen.

Budget bedeutet Planung. Planung braucht Annahmen über die Zukunft. Planung braucht Prognose. Oder braucht sie das wirklich? Wenn man das kann, vielleicht.

Dummerweise lassen sich viele der Dinge, die uns helfen würden, zu planen, nicht prognostizieren. So sind Finanzmarktprognosen zu Zinsen und Wechselkursen über fixe Zeiträume meist unmöglich. Das wissen wir aus zahllosen wissenschaftlichen Studien. Auch Wachstumsprognosen für das kommende Jahr sind praktisch immer unbrauchbar.

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Nehmen wir als Beispiel dafür das renommierteste Wirtschaftsinstitut des Landes, die Konjunkturforschungsstelle an der ETH (KOF). Wenn die KOF, wie in diesen Tagen geschehen, uns prognostiziert, dass die Schweiz im kommenden Jahr um 1,5 Prozent wachsen wird, klingt das eindrücklich genau und wissenschaftlich.

Der Gastautor

Der Ökonom Klaus Wellershoff ist Gründer und Verwaltungsratspräsident von Wellershoff & Partners sowie Honorarprofessor an der Universität St. Gallen.

Der historische Prognosefehler der Herbstprognosen der KOF ist allerdings beträchtlich. In den letzten fünf Jahren lag die Prognose im Schnitt volle 2 Prozentpunkte daneben. Ob man aber 1,5 oder 3,5 oder minus 0,5 Prozent Wachstum in der Schweiz erlebt, ist ein Unterschied wie Tag und Nacht. Boom oder Bust – alles ist möglich bei einer Prognose von 1,5 Prozentpunkten Wachstum.

Was tun also, wenn man ein Budget machen muss? Auf die ökonomischen Aussagen setzen, die wirklich einen möglichst hohen Informationswert haben. Beim Wachstum wäre das nicht die erwartete Zahl für das kommende Jahr, sondern das, was man im Schnitt der nächsten Jahre erwarten darf. Dieses sogenannte Trendwachstum können wir Ökonomen und Ökonominnen viel genauer ermitteln als die Konjunkturprognosen. Dort liegt unsere Fehlerquote nicht bei 2,0, sondern eher bei 0,2 Prozentpunkten.

Bei den Wechselkursen lohnt sich ein Blick auf die gute alte Kaufkraftparität. Auch die erlaubt eine Trendaussage für die Umtauschverhältnisse bei den Währungen. Bei den Zinsen wäre es ganz einfach die aktuelle Trendinflation plus 1 Prozent.

Das sind alles keine Prognosen, sondern das, womit man nach unserem ökonomischen Wissen im Schnitt der nächsten Jahre rechnen muss. Wofür macht man sonst ein Budget? Ein Budget gibt wieder, was wirtschaftlich angestrebt wird – vorausgesetzt, dass die Welt nicht verrückt spielt. Frei nach dem Motto: Es ist nicht unsere Aufgabe, die Zukunft vorherzusagen, sondern uns auf sie vorzubereiten.

Klaus Wellershoff ist regelmässig Kolumnist der «Handelszeitung». Die in den Kolumnen vertretenen Ansichten können von jenen der Redaktion abweichen.