Als im Dezember der erste Fall des Lungenvirus in der chinesischen Millionenstadt Wuhan bekannt wurde, war das Ausmass einer möglichen Epidemie noch nicht abzusehen. Inzwischen sind in China rund 70'500 Menschen mit dem Coronavirus infiziert, 1770 sind an Covid-19 – dem offiziellen Namen der Krankheit – gestorben. Ausserhalb Chinas sind mehr als 1100 Menschen infiziert, vor allem in Japan und Südkorea, fünf sind daran gestorben.

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In China zeigen sich erste wirtschaftliche Folgen. Und auch an der Weltwirtschaft wird die Epidemie nicht spurlos vorübergehen, wie Ökonomen befürchten. Wenn die chinesische Wirtschaft sich abkühlt, wirkt sich das auf die ganze Welt aus. Die Volksrepublik trägt mittlerweile fast 20 Prozent zum globalen Wachstum bei. 

Die Welthandelsorganisation (WTO) warnt, dass der bereits durch den Handelskonflikt geschwächte internationale Warenhandel durch das Coronavirus weiter einbrechen könnte. Das Handelsbarometer ist von 96,6 Punkten im November auf 95,5 gefallen – ohne die Folgen der chinesischen Gesundheitskrise überhaupt zu berücksichtigen.

Regierung ergreift Massnahmen

Im ersten Quartal wird in der Volksrepublik nur noch ein Wirtschaftswachstum von 4 Prozent erwartet. Auf das gesamte Jahr gesehen könnte die Quarantäne für zahlreiche Millionenstädte wie Wuhan, dem Zentrum der Coronavirus-Krise, Chinas Wachstum um 0,4 Prozentpunkte schmälern, prognostiziert Anlagestratege Frank Häusler von der Bank Vontobel.

Die chinesische Regierung ergreift erste Massnahmen, um die Wirtschaft zu stützen. Ein Einbruch der Autoindustrie des Landes soll etwa mit Zuschüssen für Autokäufer verhindert werden. Die Zentralbank des Landes hat den Zinssatz für mittelfristige Darlehen an Finanzinstitutionen gesenkt, um die Auswirkungen des Coronavirus auf die Wirtschaft abzumildern. Experten erwarten auch eine Senkung des Referenzzinsatzes. Die Folge: die chinesischen Aktienkurse erholten sich zu Wochenbeginn wieder etwas.

Am stärksten betroffen

Japans Wirtschaft bekommt die Folgen des Virus stark zu spüren. Dort ging die Wirtschaftsleistung bereits im letzten Quartal 2019 um 6,3 Prozent zurück. Dafür sorgten neben der Epidemie im Nachbarland vor allem die schwache Weltkonjunktur und eine Senkung der Umsatzsteuer.

Auch Deutschland, der wichtigste Handelspartner der Schweiz, ist sehr stark mit der chinesischen Wirtschaft verwoben. So warnte die deutsche Bundesbank am Montag vor einem Einbruch für Deutschlands Exportwirtschaft. Auch die Europäische Kommission hatte vor dem Risiko auf die europäische Wirtschaft gewarnt.

Daneben könnte der Virus-Ausbruch einige Schwellenländer ins Straucheln bringen, die von der Konjunktur in China abhängig sind. So spüren etwa Thailand, Vietnam oder Kambodscha spüren die Folgen durch die fehlenden Touristen aus China

Für die Schweiz geringe Wachstumseinbussen erwartet

Die Schweiz ist ebenfalls ein beliebtes Ziel für chinesische Touristen: Sie machen rund 7 Prozent der ausländischen Hotelübernachtungen aus. Besonders die bei den Touristen aus Fernost angesagte Region Luzern/Vierwaldstädtersee wird ein Ausbleiben der Gäste zu spüren bekommen. 

Die Auswirkungen für die hiesige Industrie hingegen schätzt die Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich (KOF) als gering ein: Mehr als 0,1 Prozentpunkte werde sich das Schweizer Wirtschaftswachstum durch die globale Epidemie nicht abschwächen. Während die Uhrenindustrie am stärksten betroffen sein wird, dürfte die Pharmaindustrie profitieren.

Viele der Folgen könnten erst in den kommenden Wochen und Monaten voll zum Tragen kommen. Experten erwarten, dass die globalen Lieferketten durch Sicherheitsmassnahmen, die ein weiteres Ausbreiten der Epidemie verhindern sollen, betroffen sein werden. Einige chinesische Provinzregierungen haben beispielsweise Ausgangssperren verhängt. Viele Mitarbeiter können nicht zur Arbeit kommen. So blieben auch nach dem Ende des chinesischen Neujahrsfestes viele Fabriken geschlossen. Mittelfristig wird es daher weltweit zu Lieferverzögerungen und -engpässen kommen. 

(mit Agenturmaterial)