Es ist wie beim Zug. Wenn er zu spät losfährt, wird er kaum rechtzeitig ankommen. Vor allem wenn er sich, wie der Postfinance-Zug, mit mehreren Jahren Verspätung in Bewegung gesetzt hat und dann zwischendurch auch noch ziemlich lange stillsteht. Nun soll es wieder weitergehen, nun kommt das Kreditverbot der Postfinance wieder aufs politische Tapet. Ende April will der Bundesrat – falls es wegen der Corona-Krise keine weiteren Verzögerungen gibt – seine Vorlage in die Vernehmlassung schicken. «Endlich», sagt Post-Präsident Urs Schwaller. «Wir brauchen die Diskussion.»

Oder, um genauer zu sein: die zigste Neuauflage einer alten Diskussion. Immer wieder hat sich die Politik mit der Frage befasst, ob sie der Postfinance mehr Spielraum geben respektive ob sie das Kreditverbot für die Post-Tochter aufheben will. Und so wiederholt sich die immer gleiche Rede von den «gleich langen Spiessen», wie es hierzulande gang und gäbe ist, wenn mit Wettbewerbsargumenten Interessen durchgesetzt oder gewahrt werden sollen.

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«Eine Frage des Überlebens»

Nichts Neues also? Nicht ganz. Denn im Vergleich zu früher hat sich etwas fundamental geändert: Für den langjährigen Post-Chef Ulrich Gygi war «die Postbank» im Dezember 2000 «eine Frage des Überlebens für die Post», eine unverzichtbare Finanzierungsquelle für den umfassenden postalischen Service public. Jetzt, rund 20 Jahre später, ist es noch immer eine Frage des Überlebens – aber nicht für den Mutterkonzern, sondern für die Postfinance in ihrer heutigen Form. Denn die ehemalige Post-Cashcow ist selbst zum Sanierungsfall geworden.

Falls die Politik nicht korrigierend eingreift, bleibt Postfinance-Chef Hansruedi Köng eigentlich nur noch ein Weg offen: Dann muss er sein Finanzinstitut auf dessen Ursprünge eindampfen und zu einem einfachen Zahlungsdienstleistungsanbieter rückbauen. Das heisst: Köng müsste einen Teil seiner 2,7 Millionen Kunden verjagen, die Bilanzsumme von heute rund 126 Milliarden Franken massiv reduzieren, Mitarbeitende entlassen und letztlich Volksvermögen vernichten. Ein Schreckensszenario.