In dem Moment, wo Sie offiziell die Führung übernehmen, gilt es herauszufinden: Wie können Sie in der neuen Rolle Ihre besonderen Stärken einbringen und anderseits Ihre Schwächen kompensieren? Das Wichtigste: Sie müssen sich selber gut kennen. Jeder und jede von uns hat einzigartigen Talente und Stärken ebenso wie Begrenzungen.

Wie gut kennen Sie sich selber wirklich? Diese Frage können nur Sie für sich beantworten. Die Antwort hängt davon ab, wie oft Sie darüber schon nachgedacht haben. Neben den eigenen Gedanken sind aber immer auch Rückmeldungen – Feedback – von anderen wichtig. Alle Menschen haben ihre blinden Flecken, Aspekte, die sie gar nicht sehen. Dies gilt auch für Stärken, Qualitäten etwa, die Sie ganz natürlich einbringen und deshalb gar nicht mehr als etwas Besonderes betrachten. Andere Menschen aus Ihrem Umfeld können Ihnen solche Eigenschaften als Stärken bestätigen.

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Leidenschaft oder Talent?

Klarheit über die eigenen Stärken ist wichtig, wenn Sie eine erste Führungsrolle übernehmen. Denn auf diese Stärken sollten Sie setzen. Ebenso wichtig ist es, dass Sie wissen, wie Sie mit Ihren Begrenzungen umgehen wollen. Sie müssen ja nicht alles selber können.

Eine Tätigkeit, die Sie sehr gut können, für die Sie aber keine besondere Leidenschaft empfinden, ist noch nicht eine wirkliche Stärke. Beispiel: Sie können sehr gut planen, haben aber selten wirklich Lust dazu.

Ebenso wenig ist es eine Stärke, wenn Sie etwas besonders gern tun. Dann handelt es sich vielmehr um eine Leidenschaft, die Sie mit mehr oder weniger Talent dazu ausüben. Beispiel: Sie zeichnen gern Folien, sind gern kreativ – wissen aber, dass andere dies deutlich besser und auch schneller können als Sie. Für eine echte Stärke braucht es beide Dimensionen, Können und Wollen.

Identifizieren Sie Ihre Stärken

Stärken können sowohl angeborene Fähigkeiten, sogenannte Talente, beinhalten wie auch gelernte Fertigkeiten, die darauf aufbauen. Hier eine Aufzählung möglicher Stärken, die sich in der Führung gewinnbringend einsetzen lassen:

  • Aktiv und dynamisch: Bringt sich und andere rasch vom Denken zum Tun.
  • Inspirierend: Kann andere motivieren und dazu bewegen, mitzumachen.
  • Gut in der Planung: Kann gut arrangieren und organisieren.

  • Natürlich kommunikativ: Kann gut sprechen und mit einfachen, verständlichen Botschaften andere erreichen.

  • Besonnen in den Entscheidungen: Kann auch mit heiklen Themen gut umgehen und dazu für alle tragbare Entscheidungen treffen.
  • Selbstdiszipliniert: Liebt Struktur und eine gewisse Routine (auch Regeln) sowie Verantwortungsbewusstsei.
  • Gut im Setzen von Prioritäten: Schafft einen klaren Fokus und bringt Aufgaben termingerecht zur Erfüllung.
  • Begabt in der Entwicklung anderer: sieht das Potenzial in anderen und bringt dieses zum Einsatz
  • Empathisch: Versteht unterschiedliche Sichtweisen und Empfindungen und kann anderen in schwierigen (emotionalen) Situationen durch Einfühlung helfe.
  • Ehrgeizig: Strebt Bestleistungen an und treibt andere zu solchen an.

Oft bestehen Stärken auch aus einer Kombination von mehreren Aspek ten. Seien Sie vor allem ehrlich mit sich selber, wenn Sie in der folgenden Reflexionsübung die zwei bis drei Punkte auswählen, die Ihre Stärken darstellen. Schauen Sie in einem zweiten Schritt, welche weiteren Aspekte Ihr Potenzial für morgen repräsentieren. Dann arbeiten Sie daran.

Persönliche Grenzen

Ebenso wie jeder Mensch seine Stärken hat, gibt es für alle Grenzen und Begrenzungen. Man kann nicht überall stark sein, das macht den Menschen ja gerade aus. Die Frage ist aber, ob Sie Ihre Grenzen kennen und wie Sie damit umgehen. Versuchen Sie nicht, die zu Ihnen gehörenden Schwächen auszuschalten. Eine Schwäche ist kein Anlass, sich zu schämen. Freuen Sie sich vielmehr, dass dadurch die Unterstützung von anderen und die Zusammenarbeit mit ihnen gefragt ist. Ihre Mitarbeitenden können Stärken dort einbringen, wo Sie Ihre Schwächen haben.

Es gibt Führungskräfte, die sehr kreativ sind, stets gute Ideen, Visionen haben und in jeder Situation Möglichkeiten sehen. Solche Chefs sind selten auch genau. Sie verpassen die kleinen Details, was manchmal zu unangenehmen Situationen führen kann. Ebenso sind sie schlecht darin, Arbeiten routinemässig auf dieselbe Art und Weise zu erledigen. Es liegt ihnen nicht und sie tun es äusserst ungern. Ist das auch Ihre Ausprägung? Dann können Sie vernünftigerweise nur zwei Dinge tun:

  • Methoden und Techniken identifizieren oder bei anderen abschauen, die die negativen Konsequenzen Ihrer Schwäche minimieren. Zum Beispiel lernen, mit Checklisten die Details einer Aufgabe in den Griff zu bekommen.
  • Mitarbeitende oder Kollegen finden, die ihre Stärken dort haben, wo Sie schwach sind, und diese gezielt einsetzen.

Das Ego muss draussen bleiben

Lassen Sie sich nicht von Ihrem Ego bestimmen. Dieses wird Ihnen wahr scheinlich einreden, dass Sie keine Schwächen eingestehen sollten, erst recht nicht am Anfang. In der Praxis ist es gerade so, dass diejenigen Chefs als souverän und stark bewertet werden, die sowohl zu ihren Stärken wie auch zu ihren Schwächen stehen.

 Dieser Text ist ein Auszug aus dem Titel «Plötzlich Chef. Souverän in der neuen Führungsrolle» von Claude Heini und Irmtraud Bräunlich Keller.

Das Buch ist in der Reihe «Beobachter Edition» in Zusammenarbeit mit der Handelszeitung und der Schweizer Kader Organisation SKO erschienen. Sie können es hier erstehen.