Die Aktienmärkte sind zu Beginn des Jahres 2022 sehr nervös geworden, wie es von Zeit zu Zeit vorkommt. Das ist auf Auswirkungen der Corona-Massnahmen an den Märkten zurückzuführen.

Die Zinssätze waren bereits sehr niedrig, aber aufgrund der umfassenden Corona-Beschränkungen bestand die Lösung in noch niedrigeren Zinssätzen und einer Vielzahl geld- und fiskalpolitischer Anreize. Damit hatten viele Privatpersonen plötzlich sowohl einen sicheren Arbeitsplatz als auch eine Menge zusätzliches Geld in der Hand.

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Unternehmen, die von der Pandemie profitieren wie zum Beispiel Netflix, Zoom und Peloton, verzeichneten 2020 rassige Kursanstiege. 2021 folgte dann aber wieder eine Kehrtwende. Zu den Ausnahmen zählten aber die Tech-Giganten Facebook, Apple, Amazon, Microsoft und Google (FAAMG), die in beiden Jahren überwiegend gut abschnitten.

Pandemie-Spekulation und Investitionsboom

Viele Anzeichen lassen darauf schliessen, dass wir eine extreme Risikobereitschaft erlebt haben. Es gab eine Rekordzahl neuer Investoren, Rekordeinlagen in Fonds, und es gab keinen Mangel an Investoren an den Kryptomärkten.

Und nicht nur auf den Finanzmärkten sorgte die überschüssige Liquidität für Bewegung. Die hohe Kaufkraft der Verbraucher führte zu einem raschen Anstieg des Konsums, sodass es zeitweise zu einer Verknappung verschiedener Güter von Holz bis hin zu Computerchips kam. Gleichzeitig kam es aufgrund der Pandemie zu Produktions- und Lieferproblemen. Dies führte zu einem Anstieg der Preise.

Meme-Aktien sind stark gefallen

Aktuell sind die Öl- und Gaspreise hoch, ebenso die Emissionsquoten, und die Unternehmen melden einen Mangel an Arbeitskräften. Die Zentralbanken sind aggressiver, als viele im Voraus gedacht haben, die Konjunkturmassnahmen werden zurückgefahren und die Zinssätze sind in Bewegung geraten.

Autor Knut Hellandsvik

Knut Hellandsvik ist seit 2018 bei DNB Asset Management tätig und als Head of Equity für den gesamten Aktienbereich verantwortlich. Zuvor war er sieben Jahre als Co-Head of Global Cash Equities in den Nordics bei JP Morgan, zwei Jahre als Head of International Distribution bei First Securities/Swedbank und acht Jahre als Führungskraft bei Morgan Stanley tätig.

Hellandsvik hat einen MBA von Stanford und einen MSC der Wharton School der University of Pennsylvania inne.

Erhöhte Zinssätze sind keine gute Nachricht für Unternehmen, deren Cashflow weit in die Zukunft reicht, wie dies bei den sogenannten Meme-Aktien wie Gamestop, AMC oder Black Berry der Fall ist. Diese Aktien, die als Symbol des Spekulationsbooms gelten, haben innert Kürze 70 bis 80 Prozent ihres Wertes eingebüsst.

Die alte Wirtschaft kehrt zurück

Zu den Gewinnern gehörten im vergangenen Jahr grosse Qualitätsunternehmen, wie die erwähnten amerikanische FAAMG-Titel. In der nordischen Region zählte das dänische Pharmaunternehmen Novo Nordisk mit einem Plus von 72 Prozent zu den Gewinnern des Jahres.

Viele dieser Qualitätsunternehmen haben in diesem Jahr aber einen Dämpfer bekommen. Das könnte «die Rache der Old Economy» sein. In den Bereichen Energie, Bergbau und Rohstoffe sei zu wenig investiert worden. Aufgrund der hohen Nachfrage und der hohen Rohstoffpreise sind diese Unternehmen inzwischen sehr rentabel.

Europa überflügelt die USA

Weil diese in Europa gewichtiger sind als in den USA, könnte der europäische Aktienmarkt heuer den amerikanischen übertreffen. Warum? Das vergangene Jahrzehnt war geprägt von sinkenden Zinssätzen und starken Renditen bei Wachstumswerten.

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In den Markt, in den wir jetzt eintreten, mit seinen höheren Zinsen und hohen Rohstoffpreisen passt Europa mit einem relativ hohen Anteil dieser «Old Economy»-Unternehmen besser hinein. Ausserdem hat Europa einen höheren Anteil an Finanzaktien, die im Allgemeinen von höheren Zinsen profitieren.

Gute Fundamentaldaten versus Inflationsgefahren

Die Märkte sind sehr nervös, die täglichen Kursschwankungen entsprechend gross. Die gute Nachricht ist, dass die Quartalsberichte recht positiv zu sein scheinen, die Verbraucher viel Geld zur Verfügung haben, dass die Arbeitslosigkeit niedrig ist und die Kreditmärkte gut dastehen.

Auf der negativen Seite steht die hohe Inflation und die daraus resultierende Straffung durch die Zentralbanken. Ein grosser Teil der gegenwärtigen Inflation ist zwar wahrscheinlich vorübergehend.

Wichtig ist aber, das ansteigende Lohnniveau genau zu beobachten. Vor allem in den USA sind viele während der Pandemie in den Vorruhestand gegangen. Zusätzlich gibt es viele junge Menschen, die noch nicht auf den Arbeitsmarkt zurückgekehrt sind. Auch geopolitische Risiken sind wieder aufgetaucht, wobei die Situation zwischen Russland und der Ukraine am prekärsten ist.