Einer der Gründe für die Schwierigkeiten der südkoreanischen Aktien liegt darin, dass die Bank of Korea in den letzten sechs Monaten dreimal die Zinssätze angehoben hat. Sie liegen mit 1,25 Prozent nun wieder auf dem Niveau von vor der Pandemie.

Die Zentralbank war gezwungen, zu handeln, um den Anstieg der Immobilienpreise und die Verschuldung der privaten Haushalte einzudämmen, die zu den höchsten der Welt gehören.

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Wie in vielen anderen Ländern ist auch in Südkorea die Inflation ein Problem: Der Landesindex für Konsumentenpreise erreichte 2021 mit 2,5 Prozent den höchsten Wert seit zehn Jahren.

Der Autor

Daryl Liew ist Chief Investment Officer für Reyl Singapore. Er ist an der Assetallokation beteiligt und hat zudem eine Aufsichtsfunktion, um sicherzustellen, dass die Anlageentscheidungen den Erwartungen der Kundinnen und Kunden entsprechen. Von 2002 bis 2010 arbeitete er bei Providend Ltd. in Singapur und war dort zuletzt in der Generaldirektion für die Investments verantwortlich.

In dieser Eigenschaft war er auch Mitglied des Investitionsausschusses des Unternehmens und verwaltete sowohl die Portfolios von Providend als auch Kundenkonten. Daryl Liew besitzt einen Master in Businessmanagement, Fachgebiet Finanzwesen, des Asia Institute of Management (Philippinen, 2002). Er verfügt ferner über eine Zulassung als CFA (2005).

Es gibt kaum Anzeichen dafür, dass dieser Druck nachlässt, da der Konsumentenpreisindex im Januar sogar um 3,6 Prozent im Jahresvergleich gestiegen ist, was auf die anhaltende kostensteigernde Inflation aufgrund höherer Lebensmittel- und Energiepreise zurückzuführen ist.

Diese Rate liegt deutlich über dem Inflationsziel der Zentralbank von 2 Prozent und bedeutet, dass weitere Zinserhöhungen in diesem Jahr wahrscheinlich sind.

Neubewertung der Unternehmen

Diese strengeren monetären Bedingungen beginnen sich auf die Binnenwirtschaft auszuwirken: Die Vergabe neuer Hypothekendarlehen und das Wachstum der Verschuldung der privaten Haushalte verlangsamt sich.

Der stagnierende Konsum in Verbindung mit einer Verlangsamung der Exporte – Südkorea verzeichnete in zwei aufeinanderfolgenden Monaten einen Rückgang der Exporte – könnte sich in diesem Jahr negativ auf das Wirtschaftswachstum auswirken.

Noch entscheidender ist jedoch, dass die höheren Zinssätze zu einer Neubewertung der koreanischen Unternehmen geführt haben, wobei vor allem wachstumsstarke Unternehmen wie Kakao und Naver eine Herabstufung erfahren haben.

LG Energie Solution mit brillantem Börsenstart

Trotz dieser Probleme boomt der südkoreanische Kapitalmarkt: 2021 wurden auf dem IPO-Markt 19,7 Billionen KRW (16,4 Milliarden Dollar) aufgenommen – so viel wie seit einem Jahrzehnt nicht mehr. Dieser Trend wird sich in diesem Jahr fortsetzen, hat doch die LG-Chem-Tochtergesellschaft LG Energy Solution mit dem grössten Börsengang des Landes einen Rekord aufgestellt und satte 10,8 Milliarden Dollar eingenommen.

LG Energy befindet sich in einem verheissungsvollen Sektor, da das Unternehmen einen Anteil von mehr als 20 Prozent am weltweiten Markt für Elektrofahrzeugbatterien hält und damit nur noch den führenden chinesischen Batteriehersteller CATL vor sich weiss.

Das Interesse der Anlegerinnen und Anleger am Unternehmen war extrem gross: Die Privatkundentranche der Emission wurde fast siebzigmal überzeichnet. Der Aktienkurs von LG Energy stieg am ersten Handelstag um nicht weniger als 70 Prozent. Und das Unternehmen ist innerhalb des Leidtindex Kospi schon auf den zweiten Platz vorgestossen.

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Prallvolle IPO-Pipeline

Die Beobachterinnen und Beobachter der koreanischen Börsengänge sehen noch kein Ende der Fahnenstange, denn es gibt nach wie vor eine starke Pipeline koreanischer Einhörner, die in diesem Jahr an die Börse gehen wollen. Zu den Börsenanwärtern gehört der Online-Einzelhändler für frische Lebensmittel, Kurly, der Berichten zufolge in den kommenden Monaten bei einem Börsengang rund 1 Milliarde Dollar einnehmen will.

Damit folgt er dem von Softbank unterstützten E-Commerce-Konkurrenten Coupang, der im März 2021 in den USA an die Börse ging. Kurly hofft, deutlich besser abzuschneiden als Coupang. Der Aktienkurs von Coupang hatte einen starken Start und stieg am ersten Handelstag um 40 Prozent. Seitdem hat sich der Kurs aber mehr als halbiert, weil man sich Sorgen darüber macht, wann das verlustbringende Unternehmen erste Gewinne machen kann.

Die strengeren monetären Bedingungen sind für unrentable Unternehmen mit hohem Wachstumspotenzial wie Coupang nicht hilfreich.

Neuwahlen als Chance

Doch für Südkorea ist eine gewisse Erleichterung in Sicht: Mit den für März angesetzten Präsidentschaftswahlen steht eine Wachablösung bevor, die übrigens auch mit dem Ende der Amtszeit des derzeitigen Zentralbankgouverneurs zusammenfällt.

Je nach den vorherrschenden Marktbedingungen werden die neuen Amtsträger wohl mehr unterstützende Massnahmen ergreifen. Eine Pause bei der weiteren Straffung der Geldpolitik wäre ein willkommener Impuls für koreanische Aktien.

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