Vas Narasimhan macht mit einer ungewöhnlichen Personalie auf sich aufmerksam. Der Novartis-Konzernchef beruft per 1. August einen Pharma-Analysten zum Strategiechef. Und zwar nicht irgendeinen, sondern Ronny Gal, langjähriger Analyst von Sanford Bernstein und einer der profiliertesten seiner Zunft. 

Novartis geht durch schwierige Zeiten. Der Aktienkurs kommt nur langsam wieder auf Touren, selbst die Ankündigung eines fetten Aktienrückkauf-Programms nach dem Verkauf der Roche-Anteile verpuffte. Nach einer Reihe von Rückschlägen zweifeln die Investoren, ob es dem Konzern gelingen wird, die absehbaren Patentabläufe aktueller Umsatzträger wie Cosentyx, ein Medikament gegen Schuppenflechte, und Entresto, ein Herzmedikament, zu kompensieren und weiterzuwachsen.

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Ein Banker solls richten

Nun also soll es ein Banker richten. Gal wird die neu geschaffene Position eines Chief Strategy & Growth Officer übernehmen. Bei ihm werden künftig die Fäden zusammenlaufen für alles, worauf es bei Novartis in nächster Zeit ankommt: Akquisitionen und das Management der Pipeline. 

Am nötigen Kleingeld fehlt es nicht. Allein der Verkauf der Anteile am Lokal-Konkurrenten im November spülte 20,7 Milliarden Dollar in die Kassen. Analysten gehen davon aus, dass Konzernchef Vas Narasimhan Dutzende an Milliarden für Übernahmen freimachen könnte. Und je nach Ausgestaltung eines allfälligen Spin-offs von Sandoz könnte nochmals Spielgeld in Milliardenhöhe dazukommen.

Doch die bisherige Bilanz von Narasimhan ist durchzogen. Unter seiner Ägide konnte sich Novartis zwar mehrfach als technologischer Pionier positionieren, etwa mit der Zelltherapie Kymriah oder, dank der 8,7 Milliarden Dollar teuren Avexis, bei der Gentherapie.

Kenner der USA

Wirklich auf dieser Rolle kapitalisieren aber konnte Novartis nicht. Kymriah ist noch immer nicht das Milliardenprodukt, das es werden sollte, und der millionenteuren Gentherapie Zolgensma macht ein Konkurrenzprodukt von Roche zu schaffen.

Der Innovationspfad von Novartis sei nicht kohärent, schrieb Tim Anderson von Wolfe Research einmal. Nun soll also einer seiner Berufskollegen dafür sorgen, dass sich das ändert. 

Zudem soll Gal als ausgebuffter Kenner des amerikanischen Gesundheitsmarktes dafür sorgen, dass Novartis hier mehr PS auf den Boden bekommt. Novartis ist zwar die Nummer eins in Europa, auf dem lukrativen US-Markt sind die Basler noch weit vom selbst gesetzten Ziel entfernt, unter die Top 5 zu kommen. Novartis macht rund einen Drittel seiner Umsätze in den USA, bei Roche ist es rund die Hälfte.

«Novarits hat ein Problem mit seiner Perzeption am Markt», sagt Michael Nawrath, Pharmaanalyst bei Octavian. Er sagt zu Gal: «Seine Ernennung kommt überraschend, aber wenn er den nötigen Spielraum hat, um die Weichen richtig zu stellen – und zwar auch aus Sicht der Marktteilnehmer heraus, dann kann sie auch zum Erfolg für von Novartis beitragen».

Roche versus Novartis: Die grosse Aufholjagd

Vor vier Jahren dümpelte der Aktienkurs von Roche noch um die 250 Franken. Das Ablaufen der Patente auf die Krebsmedikamente Mabthera/Rituxan, Avastin und Herceptin – alles Megablockbuster – lastete wie Blei auf den Valoren. Tempi passati.

Nun ist es Novartis-Konzernchef Vas Narasimhan, der um das Vertrauen seiner Investoren kämpft. Der «Unboss» vom linken Rheinufer hat zwar im Rekordtempo aus dem von Daniel Vasella gezimmerten Konglomerat einen auf innovative Medikamente spezialisierten Pharmakonzern gebaut.

Nun aber macht ihm eine Reihe schwacher Neulancierungen zu schaffen. Wird der Versuch gelingen, aus Novartis eine zweite, vielleicht sogar bessere Roche zu zimmern? Eine Analyse der beiden Basler Pharma-Champions in sieben Punkten lesen Sie hier (Abo).