Rohstoffe werden teurer, gleichzeitig steigt der Dollar: Das ist eine schwierige Mischung für Entwicklungsländer. Die Tatsache, dass die teureren Rohstoffe in Dollar bezahlt werden müssen, hat die Bilanzen der weniger entwickelten Länder schwer belastet. Sie waren durch die mit den mit Covid-19 verbundenen fiskalischen Anreizen ohnehin schon angespannt.
Dieser Druck gipfelte darin, dass Sri Lanka vor kurzem seine Auslandsschulden nicht begleichen konnte. Das Land war nicht in der Lage, seinen Verpflichtungen gegenüber ausländischen Gläubigern in Höhe von 50 Milliarden Dollar nachzukommen.
Ein Grund für die Probleme Sri Lankas ist die Tatsache, dass das Land unter einem Handelsungleichgewicht leidet. Es importiert jedes Jahr mehr, als es exportiert. Dies bedeutet, dass das Land seine Devisenreserven aufbraucht, um für wichtige Güter wie Lebensmittel und Energie zu bezahlen, die in der Regel in Dollar denominiert sind.
Dollar-Strom versiegt wegen Terror und Pandemie
Der Tourismus war in der Vergangenheit ein wichtiges Rädchen in der sri-lankischen Wirtschaft, das dringend benötigte Devisen einbrachte. Die Bombenanschläge zu Ostern 2019 und die Covid-19-Pandemie haben jedoch den Tourismussektor dezimiert und diese wichtige Einnahmequelle wegfallen lassen.
Daryl Liew ist Chief Investment Officer für Reyl Singapore. Er ist an der Asset-Allokation beteiligt und hat ferner eine Aufsichtsfunktion, um sicherzustellen, dass die Anlageentscheidungen den Erwartungen der Kunden entsprechen.
Von 2002 bis 2010 arbeitete er bei Providend in Singapur und war zuletzt in der Generaldirektion für die Investments verantwortlich. In dieser Eigenschaft war er auch Mitglied des Investitionsausschusses des Unternehmens und verwaltete sowohl die Portfolios von Providend als auch Kundenkonten.
Er geniesst allgemeine Anerkennung und gehört zu den Verfassern des «Singapore Master Financial Planning Guide». Aus seiner Feder stammen ferner zahlreiche Artikel über die Grundlagen und Trends im Investmentsektor. Daryl Liew besitzt einen Master des Asia Institute of Management in Business Management, Fachgebiet Finanzwesen. Er verfügt ferner über eine Zulassung als CFA.
Der drastische Preisanstieg bei lebenswichtigen Gütern hat die Probleme in Sri Lanka weiter verschärft. Dem Land sind die Devisenreserven ausgegangen, die es für die Bezahlung dieser Güter benötigt. Dies hat zu schweren Engpässen und langen Schlangen an den Tankstellen geführt.
Steigende Lebensmittelpreise und fehlende medizinische Versorgung tragen ebenfalls zu grosser Unruhe in der Bevölkerung bei, da das tägliche Leben gestört ist.
Die Inflation ist in der Tat ein grosses Problem für Sri Lanka. Der Verbraucherpreisindex stieg im Jahresvergleich von 29,8 Prozent im April auf 39,1 Prozent im Mai, was vor allem auf den Anstieg der Lebensmittelpreise (+57,4 Prozent) zurückzuführen ist.
Rupie: Währung von Sri Lanka stark gefallen
Die schlechte Nachricht ist, dass die Inflation wahrscheinlich ihren Höhepunkt noch nicht erreicht hat und weiter ansteigen wird. Es ist daher nicht verwunderlich, dass die sri-lankische Rupie in diesem Jahr weltweit am schlechtesten abgeschnitten hat und nach einer starken Abwertung im März um mehr als 40 Prozent gefallen ist.
Ein Teil der Schuld an den Problemen des Landes ist auf die Misswirtschaft der Regierung zurückzuführen. Die Vorgängerregierungen hatten hohe Kredite aufgenommen, um grandiose Infrastrukturprojekte zu finanzieren, die sich als weisse Elefanten erwiesen. Die Bedienung dieser Schulden hat einen Teil der wertvollen Devisenreserven des Landes aufgezehrt.
Der amtierende Präsident Gotabaya Rajapaksa führte ausserdem umfangreiche populistische Steuersenkungen nach seinem Amtsantritt 2019 durch, die die Staatseinnahmen erheblich schmälerten. Seitdem musste die Regierung diese Steuern wieder einführen, um die Finanzen zu sanieren.
Erstes Schwellenland in der Krise
Anfang 2021 haben die Behörden ausserdem die Einfuhr ausländischer chemischer Düngemittel verboten und die Landwirte gezwungen, auf einheimische organische Düngemittel umzusteigen. Diese Politik sollte Devisen einsparen, ging aber nach hinten los, da sie die Ernteerträge stark beeinträchtigte und das Land zu höheren Lebensmittelimporten zwang, wodurch sich das Zahlungsbilanzproblem verschärfte.
Die sri-lankische Regierung bemüht sich nun sowohl beim Internationalen Währungsfonds als auch bei anderen Staaten um Hilfe, um die Krise zu bewältigen. Es ist jedoch davon auszugehen, dass die Gewährung von Krediten an strenge Bedingungen geknüpft ist und das Land eine Phase der Sparmassnahmen und Austerität durchlaufen muss.
Sri Lanka ist das erste Entwicklungsland, das in die Krise geraten ist. Es bleibt zu hoffen, dass der jüngste Höchststand bei den Energiepreise und der Rückgang des Dollars sowie ein mögliches Nachlassen des Inflationsdrucks den angeschlagenen Schwellenländern etwas Erleichterung verschaffen und verhindern, dass weitere Dominosteine fallen.