China reagiert auf das Altern seiner Bevölkerung mit einem Wechsel der Familienpolitik. Verheirateten Paaren sei es künftig erlaubt, bis zu drei Kinder zu haben, berichtete die Nachrichtenagentur Xinhua am Montag nach einer Sitzung des Politbüros unter Leitung von Präsident Xi Jinping. Ziel sei es, «die Geburtenpolitik weiter zu optimieren». Ab wann die Erlaubnis für eine Drei-Kinder-Familie gelten soll, blieb zunächst offen.

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Erst 2016 hatte China die jahrzehntelange Ein-Kind-Politik abgeschafft - in der Hoffnung, die Zahl der Babys zu erhöhen. Seither wurde offiziell eine Zwei-Kind-Politik vertreten. Auch soll das Renteneintrittsalter nun schrittweise angehoben werden. Details dazu wurden jedoch nicht genannt.

Anleger setzen auf einen Babyboom

In den sozialen Medien reagierten viele Nutzer kühl auf die Pläne. Sie verwiesen auf die stark gestiegenen Lebenshaltungskosten in den Städten, weshalb viele Paare auf Kinder ganz verzichten. «Ich bin bereit, drei Kinder zu haben, wenn Sie mir 5 Millionen Yuan (etwa 710'000 Franken) geben», schrieb ein Nutzer auf dem Kurznachrichtendienst Weibo.

Der Kurswechsel solle mit «unterstützenden Massnahmen einhergehen, die zur Verbesserung der Bevölkerungsstruktur unseres Landes beitragen», hiess es dem Xinhua-Bericht zufolge. Details wurden nicht genannt.

An den Börsen stiegen Anleger dagegen in der Hoffnung auf einen Babyboom in China bei Werten rund um künstliche Befruchtung, Geburtshilfe und Baby-Produkte ein. Die Aktien von Suzhou Basecare, Jinxin, Aidigong, Goodbaby, Goldlok, Beingmate und Lancy stiegen um bis zu 35 Prozent. Letztere erreichten mit 70,87 Yuan sogar ein Rekordhoch.

Nur 1,3 Kinder pro Frau

Nach jahrelanger Ein-Kind-Politik sieht sich China mit demografischen Herausforderungen konfrontiert. Die Einwohnerzahl im bevölkerungsreichsten Land der Welt nahm im vergangenen Jahrzehnt nur noch um 5,38 Prozent auf 1,41 Milliarden zu - das kleinste Plus seit den fünfziger Jahren. Statistisch bekommt eine Frau 1,3 Kinder. China liegt damit auf dem Niveau von alternden Gesellschaften wie den Industrieländern Japan und Italien. Sollte der Trend anhalten, dürfte die zweitgrösste Volkswirtschaft der Welt ein Bevölkerungsrückgang bevorstehen.

Die Zentralbank hat in der jüngeren Vergangenheit mehrfach auf die demografischen Veränderungen hingewiesen. Diese könnten zu wirtschaftlicher Stagnation, sinkender Sparquote und fallenden Vermögenspreisen führen, während das derzeitige Rentensystem schlecht auf den Alterungsprozess vorbereitet sei. Der Anteil der Menschen, die 65 Jahre und älter sind, lag im Jahr 2020 bei 13,5 Prozent, nachdem es 2010 nur 8,87 Prozent waren.

Bildung hat sich verbessert

Die Rivalität mit den USA hat die Dringlichkeit für China erhöht, eine stärker innovationsgetriebene Wirtschaft aufzubauen. Unter Präsident Xi Jinpings zielt die Regierung darauf ab, die Abhängigkeit von ausländischen Märkten und Technologien zu verringern. «Wir sollten einen Übergang von der Bevölkerungs- zur Talentdividende machen», sagte eine mit den Plänen der Regierung vertraute Person.

Die Volkszählung zeigte, dass sich die Bildung im vergangenen Jahrzehnt verbessert hat. Der Anteil der Menschen mit Hochschulbildung stieg von 8,9 auf 15,5 Prozent.

(reuters/gku)