Der Bundesrat will die radikalislamische Palästinenserorganisation Hamas mit einem eigens geschaffenen Gesetz verbieten. Dringlichkeit beantragt er nicht, verweist aber auf die Möglichkeit des Parlaments, die Vorlage zu beschleunigen.

Bis Ende Februar 2024 sollen EJPD und VBS in Zusammenarbeit mit dem EDA einen Entwurf für das Gesetz für ein Verbot der Hamas ausarbeiten. Danach folgen eine Vernehmlassung und die Behandlung in den eidgenössischen Räten. Bis in etwa einem Jahr könnte das geplante Gesetz in Kraft treten, sagte Justizministerin Elisabeth Baume-Schneider am Mittwoch in Bern vor den Medien.

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Frage der Dringlichkeit diskutiert

Auf Nachfragen fügte sie an, der Bundesrat habe die Frage der Dringlichkeit diskutiert. Er sei dabei zum Schluss gekommen, dass die politische Diskussion anhand der Vernehmlassung geführt werden sollte. Das Parlament könne die Vorlage noch immer für dringlich erklären.

Der Bundesrat ist der Auffassung, dass ein Verbot der Hamas die beste Lösung ist, um auf die seit dem 7. Oktober herrschende Lage in Nahost zu reagieren. Mit dem Verbot könnten Strafverfolgung und Prävention gestärkt und verhindert werden, dass die Schweiz zur Finanzdrehscheibe für die Hamas werde, sagte Baume-Schneider.

Dem Bundesrat sei bewusst, dass das Hamas-Verbot die Grundrechte tangiert und die Handlungsfreiheit für Verhandlungen einschränke. Aber am Ende der Güterabwägung habe er das Verbot befürwortet. Baume-Schneider verwies zudem auf das Mandat des Parlaments: Dessen zuständige Kommissionen haben ein Verbot der Hamas verlangt.

Sich bei einem Verbot auf die Uno abzustützen, reiche nicht mehr, sagte Aussenminister Ignazio Cassis. Der Ukraine-Krieg zeige, dass der Uno-Sicherheitsrat sich in der derzeit multipolaren Welt nicht klar festlegen könne. Mit dieser Realität gelte es zu leben. Der von den meisten Ländern gewünschte multilaterale Mechanismus sei nicht heute nicht mehr vollständig im Stand, seine Arbeit zu machen.

Zusammenarbeit mit drei NGOs endet

Der Bundesrat hat am Mittwoch zudem entschieden, die Zusammenarbeit mit drei palästinensischen Nichtregierungsorganisationen (NGO) zu beenden. Grund sind nicht konforme Verhaltensweisen betreffend Verhaltenskodex und vertragliche Antidiskriminierungsklausel, wie Cassis ausserdem ausführte.

Die NGOs seien vertraglich verpflichtet, mit der Kommunikation vorsichtig zu sein, führte der Aussenminister dazu aus. Auch auf Grund der «Zeitenwende» am 7. Oktober müsse das Kooperationsprogramm der Schweiz angepasst werden.

Überprüft worden waren insgesamt sechs palästinensische und fünf israelische NGOs, die Partner des Schweizer Kooperationsprogramms für den Nahen Osten sind. Bei acht dieser NGOs wurden keine Unregelmässigkeiten nachgewiesen.

Die Namen der von der Einstellung betroffenen drei NGOs wurden am Mittwoch nicht bekannt. Die zuständige Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (Deza) will in den kommenden Tagen jene NGOs nennen, mit denen der Bund die Zusammenarbeit fortsetzt.

«Kein Imageschaden»

Einen Imageschaden stelle die Überprüfung nicht dar, betonte Cassis auf eine Journalistenfrage. Die Prüfung sei courant normal und ebenso, dass eine Finanzierung auf Eis gelegt werde, wenn es Zweifel über die Einhaltung von Verträgen gebe. Die Deza interveniere auf Grund von Hinweisen, nicht das Departement.

Der Bundesrat hatte nach dem Hamas-Angriff die finanzielle Unterstützung für die elf geprüften NGOs ausgesetzt. 15 im Nahen Osten tätige Hilfsorganisationen und Vereine aus der Schweiz kritisierten den Entscheid. Der Bund habe keine sachliche und nachvollziehbare Erklärung für die Suspendierung gegeben.

Bisher keine Unregelmässigkeiten gefunden wurden bei der Untersuchung der Finanzflüsse im Zusammenhang mit den Partner-NGOs der Schweiz. Das EDA hatte wenige Tage nach dem Angriff der Hamas den Auftrag bekommen, die Finanzströme im Zusammenhang mit den Partner-NGOs unter die Lupe zu nehmen.

Die Bundesanwaltschaft hatte laut eigenen Angaben bereits Wochen vor dem Angriff der Hamas untersucht, ob die Hamas mit Geldern aus der Schweiz finanziert wurde. Ein Strafverfahren wegen des Verdachts auf Finanzierung einer terroristischen Organisation ist eingeleitet.

Plädoyer für Zwei-Staaten-Lösung

Der Bundesrat verurteilte die Terroranschläge der Hamas auf Israel erneut. Er bedauere es zutiefst, dass seit dem Angriff vom 7. Oktober tausende Zivilistinnen und Zivilisten in Israel und im gesamten besetzten Palästinensischen Gebiet ihr Leben verloren haben.

Der Bundesrat wiederholte sein Plädoyer für eine Zwei-Staaten-Lösung. Nur so könnten die palästinensische und die israelische Bevölkerung in Frieden, Sicherheit und Würde leben.

(sda/spi)