Die jüngsten Krisen - wie die Corona-Pandemie und der Ausbruch des Kriegs in der Ukraine - hätten gezeigt, dass sich das System bewährt habe. Im Vergleich zu anderen Ländern sei es in der Schweiz nicht zu grossen Preisaufschlägen bei Lebensmitteln und leeren Läden gekommen, sagte Keller in einem Interview mit Tamedia vom Montag.
«Ein wichtiger Grund dafür ist die Schweizer Agrarpolitik mit ihrem fein austarierten Zollsystem», sagte Keller. Das Schweizer System strebe in Bezug auf die Kalorien eine Inlandsversorgung von 50 Prozent an.
Sollten die Agrarzölle aufgegeben werden, gerate diese Vorgabe unter Druck. Die Weinbranche veranschaulicht laut dem Fenaco-Chef mögliche Konsequenzen: Der Konsum von Schweizer Wein sei letztes Jahr um 16 Prozent zurückgegangen. Der Rebbau sei nicht durch Zölle geschützt, sondern dem Weltmarkt ausgesetzt.
Kritik an Tiefpreis-Kampf
Die Weinbranche ist laut Keller auch ein Beispiel für die Einführung sehr günstiger Produkten aus dem Ausland. Im Interview kritisierte er die «Aktionitis der Detailhändler», wie er den Wettkampf um die billigsten Preise nannte. Durch den Schub der Produktionskosten nach Ausbruch des Kriegs in der Ukraine «hätten wir die Preise anheben müssen», sagte der Chef der Betreiberin der Landi- und Volg-Läden. Doch sei das Gegenteil passiert.
Sollte der Preiskampf anhalten, fehle der Lebensmittelindustrie irgendwann das Geld für Investitionen. Keller schloss nicht aus, dass Lebensmittelverarbeiter, die nicht über die Finanzkraft der Fenaco verfügen, schliessen müssen. Das würde ihm zufolge dazu führen, dass ausländische Anbieter die Lücke füllen und die Inlandsversorgung zusätzlich geschwächt würde.
Wirtschaftsminister Guy Parmelin hatte angekündigt, dass die Schweiz im Bereich der Landwirtschaft gegenüber den USA keine grosse Konzessionen machen werde. Die USA hätten verstanden, dass es für die Schweiz sehr wichtig sei, eine gewisse Autonomie bei der Landwirtschaftsproduktion zu behalten, sagte Parmelin Anfang Mai. Das sei eine Art Versicherung.