«Unsere Vorgänger haben grossen Einfallsreichtum bewiesen», sagte Amédée Murisier, Präsident des Verwaltungsrats von Electricité d'Emosson am Donnerstag in Finhaut VS. Und: «Heute feiern wir ein lebendiges Erbe.» An der offiziellen Feier nahmen auch Vertreter der Behörden Frankreichs und der Schweiz teil.
In dieser Region, in der der Mont Blanc alles überrage, werde seit drei Generationen Geschichte der Wasserkraft geschrieben sagte Murisier weiter. Seit ihren Anfängen habe die Wasserkraftanlage mehr als 40 Kilowattstunden erneuerbaren Strom produziert. Der Emosson-Staudamm sei somit ein echter «Pfeiler des Schweizer Energiesystems», sagte Benoît Revaz, Direktor des Bundesamtes für Energie (BFE).
Mit einer Speicherkapazität von 225 Millionen Kubikmetern Wasser ist die Stauanlage nach der Grande Dixence (400 Millionen Kubikmeter) die zweitgrösste der Schweiz.
Aber den Emosson-See zu füllen, sei in der damaligen Zeit eine grosse Herausforderung gewesen, rief Murisier in Erinnerung. Eine Herausforderung, die mehrere Gemeinden auf beiden Seiten der Grenze zwischen der Schweiz und Frankreich vereinte und auch eine Arbeiterbevölkerung von weit her brachte.
Das Wasser des Mont-Blanc-Massivs, das den 1930 Meter über Meer gelegenen See speist, wird von elf Wasserfassungen und drei Sammlern aufgefangen und durch rund 50 Kilometer lange Stollen geleitet. Das Wasser wird anschliessend im Kraftwerk Vallorcine in der Nähe von Chamonix-Mont-Blanc in Frankreich und im Kraftwerk La Bâtiaz in Martigny VS in der Schweiz turbiniert.
Der dort erzeugte Strom wird vollständig Alpiq, einem führenden Energiedienstleister der Schweiz, zur Verfügung gestellt. Das Schweizer Unternehmen und die französische EDF sind zu gleichen Teilen Eigentümer der Electricité d'Emosson SA, nämlich zu je 50 Prozent.
Staudamm soll zehn Meter höher werden
Heute steht der Komplex vor einem «neuen Wendepunkt», so BFE-Direktor Revaz, der die grossen klimatischen Herausforderungen hervorhob, mit denen sich die Schweiz auseinandersetzen müsse.
Der 2012 entleerte und revidierte Emosson-Staudamm soll um zehn Meter erhöht werden. Das Projekt ist Teil des vom Bund betreuten Ausbaus der Wasserkraft-Winterproduktion. Rund 116 Millionen Kilowattstunden sollen so zusätzlich für den Winter gespeichert werden können. Dies werde die Sicherheit der schweizerischen Winterversorgung erhöhen, unterstrich Revaz.
Der Emosson-Staudamm und seine Anlagen befinden sich in der Gemeinde Finhaut VS und betreffen fünf weitere Schweizer Konzessionsgemeinden: Salvan, Martigny, Martigny-Combe, Trient und Vernayaz. Auf der französischen Seite spielt die Gemeinde Vallorcine eine Schlüsselrolle im Betrieb.
Die Staumauer Vieux-Emosson, der «grosse Bruder» des ersten Stausees, entstand 20 Jahre später, und die «kleine Schwester», das Pumpspeicherkraftwerk Nant de Drance, befindet sich zwischen den beiden Seen und vervollständigt die Reihe der wichtigen Wasserkraftanlagen im Tal.