Der Markt für Alte Meister schrumpft und boomt zugleich. Das sei kein Widerspruch, sagt Sotheby’s-Experte George Gordon. Der Markt werde nicht kleiner, weil immer weniger Gemälde zum Verkauf stünden. Vielmehr würden die Sammler punkto Marktfrische, Erhaltungszustand und Provenienz anspruchsvoller.

Mit den neuen, internationalen Altmeistersammlern etwa aus China oder Russland hat sich in den letzten Jahren zudem der Geschmack gewandelt. Gefragt sind vermehrt modern wirkende Gemälde mit einer zeitlosen Botschaft, die Eleganz oder Humor ausstrahlen. Chris- tie’s-Experte Richard Knight ist überzeugt, dass die Nachfrage nach erstklassigen Altmeistergemälden ungebrochen ist. Häufig angebotene Dutzendware wie mittelmässige Stillleben, Landschaften oder Marinebilder sinken hingegen im Preis. All das, was noch vor einigen Jahren zur Auktionsroutine gehörte, findet kaum noch Käufer. Auch wenn Werke in immer kürzeren Zeitabständen gehandelt werden, verringert das ihre Attraktivität. Die Sammler kennen heute die Meisterwerke der namhaften Museen und sind dank den Vergleichsmöglichkeiten im Internet gut informiert. Dadurch steigen die Preise für die besten Gemälde, die Nachfrage im hochpreisigen Segment übersteigt das Angebot.

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Zu den Glücksfällen gehört es, wenn Meisterwerke neu entdeckt werden, die für Aufregung sorgen. So konnte Bonhams als Höhepunkt seiner Auktion am 7. Dezember 2011 ein Männerporträt von Velázquez aufrufen, das ursprünglich in einer Oxforder Provinzauktion hätte versteigert werden sollen. Nachdem es von Experten identifiziert und von spanischen Velázquez-Experten abgesegnet worden ist, gilt es nun als Bildnis des Jagdmeisters von König Philipp IV. Geschätzt auf 2 bis 3 Millionen Pfund (2,9 bis 4,4 Millionen Franken), wurde es bei Bonhams für 2,95 Millionen Pfund an den Händler Otto Naumann verkauft.

Insgesamt war das Londoner Dezember-Angebot schmal, aber explizit auf Qualität angelegt und hielt selbst für Fachleute Unerwartetes bereit. Die Top-Lose sorgten denn auch für etliche Rekorde. Bei Christie’s überstiegen gleich die ersten sechs Lose der Abendauktion am 6. Dezember ihre oberen Taxen. Besonders aktiv waren hier asiatische und russische Sammler. Ein wunderbares Marinebild von Willem van de Velde II überschritt schnell seine obere Taxe von 2,5 Millionen Pfund. 5,25 Millionen Pfund zahlte ein niederländisches Ehepaar, das normalerweise moderne Kunst sammelt, für das marktfrische Gemälde und sorgte damit für einen Auktionsrekord.

Ein ehemals Rembrandt zugeschriebenes charaktervolles Bildnis eines alten Manns von Govaert Flinck konnte seine obere Taxe mehr als verdoppeln und wurde beim Rekordpreis von 2,05 Millionen Pfund zugeschlagen. Dazu trug nicht zuletzt seine attraktive Provenienz bei, es befand sich einst im Besitz von Katharina der Grossen. Ein eher unattraktives Porträt des Don Juan López de Robredo von Goya fand hingegen mit seiner stolzen Taxe von 4 bis 6 Millionen Pfund keinen Bieter. Zum teuersten Los der Christie’s-Auktion wurde «Der Kampf zwischen Karneval und Fastenzeit» von Pieter Brueghel dem Jüngeren. Das bekannte Motiv, von dem es mehrere Versionen gibt, erzielte mit 6,1 Millionen Pfund bei einer Schätzung 3,5 bis 4,5 Millionen Pfund ebenfalls einen Rekord.

Bei der Sotheby’s-Abendauktion vom 7. Dezember überzeugten zwei Bilder des wenig bekannten Künstlers Johann Zoffany. Der Frankfurter Maler, der in England Karriere machte, ist bedeutend für die Entwicklung des britischen Familienporträts. Seine «Conversation Pieces» zeigen den Schauspieler David Garrick und seine Frau im Park ihres Landsitzes Hampton House. Das Gemäldepaar von 1762 wurde für 6 Millionen Pfund verkauft. Dass britische Kunst zurzeit Hochkonjunktur hat, hatte sich bereits im Juli dieses Jahres gezeigt, als bei Christie’s ein Bild von George Stubbs aus dem Galopprennsport den Höhepunkt der Auktion bildete. Das mit einer Preisgarantie versehene Werk wurde für 22,4 Millionen Pfund zugeschlagen und belegt damit beim Auktionshaus den Rang drei in der Gesamtbewertung des Jahres 2011.