Die Schweiz büsst ihren Spitzenrang ein. Seit Jahren wächst das Bruttoinlandprodukt langsamer als anderswo. Bis 2020 sind wir, wenn es so weitergeht, aus der Spitzengruppe der Industrienationen ausgeschieden. Die Schweiz, so sagen die Experten fast unisono, braucht eine Rosskur, um wieder auf den Pfad der Wachstumstugend zurückzukehren: weniger Staat, mehr Wettbewerb, längere Lebensarbeitszeit, weniger Sozialleistungen, womöglich auch weniger Föderalismus und Demokratie.

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Gerade die Einmütigkeit der Experten macht misstrauisch. Von Avenir Suisse, dem Think-Tank des Bürgertums, über die meisten Professoren an den Hochschulen bis zu den Experten im Seco und der Nationalbank, von den Wirtschaftsverbänden ganz zu schweigen: Alle sind sich einig. Normalerweise braucht es maximal zwei Wirtschaftsexperten, um drei Meinungen hervorzubringen. Hier haben Dutzende von Ökonomen die gleiche Meinung.

Das ist verdächtig. Und das hat auch Markus Mugglin keine Ruhe gelassen. Er hat die kolportierten Zahlen hinterfragt und die daraus abgeleiteten Schlussfolgerungen auf ihre Stichhaltigkeit überprüft. Sein Fazit: Alles halb so schlimm.

Zwar ist es richtig, dass die Schweiz seit einigen Jahren langsamer wächst als andere. Aber nicht um so viel langsamer, wie behauptet wird. Es genügt, als Massstab statt des Bruttoinlandprodukts das Bruttosozialprodukt zu verwenden, und schon halbiert sich das Schweizer Wachstumsdefizit. Die starke Position der Schweiz beim Kapitalexport generiert Einkommen, das in der nationalen Buchhaltung nur ungenügend berücksichtigt wird.

Warum die Senkung der Staatsquote zu mehr Wachstum führen soll, bleibt das Geheimnis der Untergangspropheten. Tatsache ist: Jene Länder, die in den letzten Jahren dreimal so schnell gewachsen sind wie die Schweiz (Dänemark, Norwegen, Schweden, Österreich), haben eine wesentlich höhere Staatsquote als die Schweiz.

Der Untergang der Schweiz, sollte er denn wirklich stattfinden, bahnt sich auf extrem hohem Niveau an. Wir verdienen am meisten, die Arbeitslosigkeit ist so niedrig wie sonst fast nirgends, unser Wachstum ist nicht so schlecht, wie es gemacht wird. Nur unsere Stimmung ist schlecht. Vielleicht weil wir insgeheim wissen, wie unanständig gut es uns geht.

Markus Mugglin: Gegendarstellung
Xanthippe Verlag, Zürich, 207 Seiten, Fr. 34.–