Wahre Kenner guten Schuhwerks setzten schon immer auf die Rahmengenähten. Qualität statt Quantität, elegantes Understatement statt modischer Torheiten ist die Devise. Nun erlebt die Sehnsucht nach Klasse, alten Werten und traditionellem Handwerk ein Revival. Auch das Schweizer Label Bally hat die Nase im Wind und setzt auf den Luxus edler Schuhe.

Mit federndem Gang und einem herzlichen Lächeln auf dem Gesicht tritt Marco Franchini, der CEO und Präsident des Verwaltungsrates von Bally, aufs Parkett. Gross, schlank, mit Charakterkopf und Millimeterhaarschnitt, ganz in feines, graues Tuch gekleidet, repräsentiert er mit elegantem Understatement das Schweizer Label. Der ehemalige Gucci-Manager Franchini hat nach turbulenten Jahren bei Bally den Break-even geschafft.

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Die glücklosen Versuche seiner Vorgänger will der smarte Italiener nicht beurteilen, wichtig sei allerdings, dass sie heutzutage weniger in PR und Kommunikation investierten. «Die Schweiz hat auf der ganzen Welt eine grosse Glaubwürdigkeit, steht für Qualität, Dauerhaftigkeit und Präzision. Wir setzen auf diese fundamentalen Werte und stärken das Produkt. Bally ist Schweizer Luxus – es gibt nichts Vergleichbares.»

Dieser Haltung entspricht die Investition in die rahmengenähte Männerlinie Scribe. Max Bally hat den Schuh vor über 50 Jahren entwickelt. Da er gerne im schicken Pariser Hotel Scribe abstieg, taufte er den Qualitätsschuh für Männer auf den Namen seines Lieblingshotels. Seit Jahren führte der rahmengenähte Schuh ein Schattendasein. Zu klobig, zu altmodisch, blieb der Schuh trotz diversen Modernisierungsversuchen von Franchinis Vorgängern erfolglos. Der Schuh fand keine Liebhaber und verstaubte in den Regalen. Zusammen mit dem Designteam von Bally wurde der Frosch in einen Prinzen verwandelt und steht nun wieder im Rampenlicht. Ein schmalerer Absatz, neue Farben sowie eine insgesamt feinere und längere Optik geben dem Schuh einen elegant-modischen Look. Besonders chic der Brogue mit klassischer Lochverzierung in Hellbraun.

Noch vor fünfzig Jahren war etwa die Hälfte der weltweiten Schuhproduktion rahmengenäht. Mit dem Aufkommen der ersten industriellen Kleber in den dreissiger Jahren begann der Rückzug dieser traditionellen Herstellungsweise. Heute wissen bloss noch Insider, was diese Machart bedeutet. Grundsätzlich wird bei der heute angewandten Methode ein Lederband – der Rahmen – rechtwinklig mit dem Oberleder, dem Futter und der Risslippe der Brandsohle rundum vernäht. Das Aussergewöhnliche am rahmengenähten Schuh ist jedoch, dass er nicht nur eine, sondern drei Sohlen hat: die Laufsohle, die Brandsohle sowie eine elastische Zwischensohle aus Korkschrot. Rahmengenähte Schuhe wie der Scribe werden nach dem Goodyear-Verfahren gefertigt, benannt nach dem Amerikaner Charles Goodyear, der 1870 die geniale Rahmennähmaschine erfunden hat, mit welcher der langwierige Vorgang des Einstechens der Sohle maschinell erledigt werden kann. Rahmengenähte Schuhe haben drei Vorteile: Der Schuh ist stabil und doch flexibel, man kann die Sohle komplett erneuern, in die Korkschicht und die Innensohle prägt sich das Fussbett ein. Einen echten Rahmengenähten erkennt man an der umlaufenden, durch Rahmen und Laufsohle gestochenen Naht.

Natürlich wird bei der Herstellung des Scribe ganz auf Schweizer Qualität und Know-how gesetzt. Tradition und Schuhmacherkunst der letzten 100 Jahre prägen die Produktion des Scribe in Caslano im Kanton Tessin. Nach dem Goodyear-Verfahren wird er in 220 einzelnen, vorwiegend manuell ausgeführten Arbeitsschritten rahmengenäht. Zusammengerechnet bedeutet das einen Zeitaufwand von ungefähr drei Stunden. Rechnet man die Ruhe- und Trocknungszeiten dazu, sind es sogar drei Wochen.

Nur die besten europäischen Kalbsleder werden verarbeitet. Auch das Futter besteht aus kräftigem, hochwertigem Kalbsleder. Ein weiches Füllmaterial zwischen Brand- und Laufsohle ist verantwortlich für den speziell guten Tragkomfort. Durch das Tragen formt der Fuss diese Unterlage zu einem individuellen Bett, das sich in kürzester Zeit der jeweiligen Fussform des Trägers anpasst. Jeder Schuh wird von Hand poliert, um den natürlichen Schimmer des Leders zum Vorschein zu bringen. Von Hand eingedrehte Schrauben zieren die zweifarbige Ledersohle. Sämtliche Modellangaben, so auch der Name und die Grösse, werden handschriftlich auf dem Futter des Schuhes vermerkt. Zudem wird dem Kunden ein Reparaturservice geboten, der den Schuh jederzeit wieder in einen tadellosen Zustand versetzt. In der einmaligen Garantieleistung sind enthalten: Neubesohlung inklusive Rahmen und Absätzen, neue Decksohle und Fersenfutter sowie Auffrischung des Schuhs.

Mit der Reedition des Schuhs hat Bally den Nerv der Zeit getroffen und einen Erfolg lanciert. Dies sicherlich auch, weil der Scribe nicht nur zum angegrauten Gentleman mit Anzug passt. Je nach Farbe und Verzierung verkörpert er einen unterschiedlichen Stil. So kann sich auch ein jüngeres, modisches Publikum mit Qualitätsbewusstsein für die edlen Treter begeistern.

Bezugsquellen: In allen Bally-Geschäften weltweit, www.bally.com.