Es ist eine bizarre Gemengelage, die sich die Grossbanken derzeit gönnen. Dass Bankaktien derzeit bei Anlegern so beliebt sind wie ein Zahnarztbesuch, vereint beide in ihrem Schmerz. Doch das Momentum liegt derzeit eher bei der CS. Neidvoll musste die Konkurrenz zusehen, wie der «Economist» (Artikel zahlungspflichtig) der Bank eine zweiseitige Eloge widmete. Als «L’Etranger», ganz im Duktus des Meisterwerks des grossen Existentialisten Albert Camus, blickt CEO Thiam dem Leser als Firmenretter entgegen, und mancher langjähriger Nutzer mag sich fragen, ob die Euphorie der sonst so nüchternen Londoner Wirtschaftsbibel schon von der grossen Brexit-Verwirrung getrieben ist. Denn für fast alle Kennzahlen, die das Blatt zur Heldenverehrung aufführt, gilt: Die UBS ist besser. Ist nur in dem Artikel kein Thema. Die Kommunikation der CS: Weltklasse!

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Dass als Krönung gestern die Verpflichtung des Ex-CS-Managers Iqbal Khan bekannt gegeben wurde, macht den Erfolg noch süsser. Die UBS als Zweitverwerter von Managern, die bei der CS nicht mehr gefragt waren: Ein ungewohntes Bild. Die CS wollte den aus ihrer Sicht zu ehrgeizigen Khan offenbar schnell loswerden: Dass er schon drei Monate nach seinem Abgang bei der Konkurrenz anfangen kann, hatte er sich explizit ausgehandelt, und weil die aufgestauten Aktienpakete im einstelligen Millionenbereich liegen, sind sie für die UBS leicht zu stemmen. Khan bekommt dort als neuer Co-Chef der Vermögensverwaltung ein deutlich grösseres Spielfeld: Die grossen Brocken Schweiz und Asien hatte er bei der CS nicht.

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UBS-Chef Ermotti gewinnt Zeit

Sieger des Postenpokers ist einmal mehr UBS-Chef Ermotti. Den 42-jährigen Khan, gerade erst seit sechs Jahren im Banking, als seinen logischen Nachfolger auszurufen, wäre deutlich verfrüht – das zeigt der brutale Abstieg des bisherigen Stelleninhabers Martin Blessing, der auch einmal als Kronprinz galt.

Ermotti hat Zeit gewonnen – und davon haben die Oberen bei der UBS mehr als bei der CS. Denn dort muss Präsident Rohner übernächstes Frühjahr wegen der Amtszeitlimite abtreten, und ob Thiam nun Interesse hat an dessen Stuhl oder nicht (sein Lager verneint es): Unruhe bringt das immer. Bei der UBS hat Präsident Weber zwar ebenfalls bereits seinen Abschied angekündigt, doch erst für 2022. Die Amtszeitbeschränkung erreicht er jedoch erst 2024, und intern hat er schon angedeutet, dass er diese vielleicht in Anspruch nimmt. Mal sehen, wann das Momentum unter den Leidensbrüdern wieder dreht.

Dirk Schütz
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