![]() | ![]() | Hier steht der Chef, hier kocht der Chef: Adolf Blokbergen im geschichtsträchtigen Ambiente der Auberge du Raisin. |
Was verspricht lukrativeren Reiselohn einer Waadtlandfahrt: die Schönheit des Dorfs Cully mit seiner platanen- und kastaniengesäumten, verkehrsarmen Seepromenade, den verwinkelten Gassen und den rund zwanzig Winzerkellern, darunter die vorbildliche Domaine Louis Bovard, oder die Auberge du Raisin, das ehemalige Rathaus, ein währschafter Bau aus dem 13. Jahrhundert, der heute ein Bijoux von einem Hotel beherbergt und ein Restaurant, das zu den besten der Schweiz gehört?
Zu beneiden ist, wer beides besucht. Wer sich am Lac Léman und an den nahen Bergen ergötzt und dann hungrig in die Auberge du Raisin einkehrt und später vielleicht gar in einem der zehn kostbar-kostspielig hergerichteten Zimmern nächtigt.
Gastgeber in der «Traube» ist Adolf Blokbergen, ein eher kleiner, gedrungener Sechziger mit blauen, energischen Augen. Seine Hände sind von der Arbeit gezeichnet und offenbaren, dass er nicht bloss empfängt und im Pass steht, sondern auch regelmässig in der Küche mitwirkt. Blokbergen ist im Schwarzwald aufgewachsen und hat danach in der Schweiz die prägende Schule der grossen, klassischen Hotelküche durchlaufen, was ihm unter anderem die Chance einer Lehrzeit beim legendären Ernesto Schlegel im Berner «Schweizerhof» bescherte.
Seit 1979 führt er nun wie ein gerechter, aber strenger Familienvater das imposante Haus in Cully. Die Konkurrenz am Genfersee ist gross, die Dichte von exzellenten Restaurants einzigartig: In nächster Nähe kochen 19-Punkte-Koryphäen wie Rabaey und Rochat, im weiteren Einzugsgebiet Chevrier, Ravet und Pierroz. Blokbergen spricht mit Respekt, aber auch mit Wissen um das eigene Können von seinen Kollegen.
Ganz zu Recht. Denn Adolf Blokbergen hält sich mit Bravour in der illustren Runde. Das macht schon das fulminante Amuse- Bouche klar: ein pochiertes Ei in Bric-Schuppen auf einem sämigen Spargelklecks mit einem Löffelchen Kaviar – ein Auftakt wie ein Donnerschlag. Dann die Hommage an den mit Blokbergen befreundeten Fredy Giradet: eine mit Korinthen und Nüssen gefüllte Gänseleber mit Madeira-Gelee. Und um zu unterstreichen, dass die Grande Cuisine der Romandie mit der hohen französischen Küche verschwistert ist: das Cassoulet von ausgelösten Froschschenkeln und kleinen Morcheln an einer cremigen Zitronensauce.
Der Fischgang ist so frappant wie gewöhnungsbedürftig: an der Gräte grillierte Seezunge auf einem Kunterbunt von Kurkuma- und Basilikumcoulis, Auberginen und Tintenfischfond. Grandios der saftige Biss, den sich die Sole bewahrt hat.
Perfekt präsentiert sich im Hauptgang das provenzalische Lamm in der Kräuterkruste mit einem Crèpe-Ratatouille-Türmchen und würzigem Jus. Schliesslich der süsse Abschluss: Erfrischend und leicht das Spiesschen mit roten Beeren auf einem Rhabarberring. Verführerisch das Schoggiküchlein und die kaffeeduftende Mascarponecrème.
Adolf Blokbergen pflegt mit seiner zwölf-köpfigen Brigade unter der Leitung von Küchenchef Pierre Hasler eine solide, klassische, gradlinige und berechenbare Küche, perfekt abgeschmeckt, mit erstklassigen, teuren Produkten und einem Sinn für eine gesunde Zubereitung. Der Meister muss das kulinarische Rad nicht mehr neu erfinden. Wie sein seelenruhiger Chef de Service, Monsieur Dominique, hat er sein Gleichgewicht als grosser Koch längst gefunden und kann sich auf das Wesentliche konzentrieren: das Verwöhnen seiner Gäste mit in sich stimmigen Kompositionen, damit sie bald wieder ins wunderbare Dorf Cully zurückkehren.
Auberge du Raisin
Adolf Blokbergen
1, place de l’Hôtel-de-Ville
1096 Cully
Tel. 021/799 21 31
Fax 021/799 25 01
www.relaischateaux.com/raisin
Menü 180 bis 200 Franken
Business-Lunch 89 Franken
18 «Gault Millau»-Punkte, 2 Michelin-Sterne
keine Ruhetage
zehn Hotelzimmer
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