Die Aushängeschilder des European Masters in Crans-Montana vom September 2011: Die Weltklassegolfer Lee Westwood, vielleicht Martin Kaymer, Titelverteidiger Miguel Angel Jiménez und Rory McIlroy (v. l.).

Xavier Bianco darf sich die Hände reiben. Für Crans-Montana Tourisme im Wallis und seinen Marketing-Verantwortlichen ist das Schweizer Golfturnier der europäischen PGA-Tour von Anfang September 2011 ein Goldesel. «Dank dem Turnier können wir unsere Sommersaison um eine Woche verlängern, Hotels und Wohnungen bleiben gut ausgelastet», schwärmt Bianco.

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Als ebenso erfreulich stuft Bianco den Werbenutzen ein, den das European Masters der Ferienstation auf dem Walliser Hochplateau und damit dem Schweizer Tourismus einbringt. «Es wird im Inland, vor allem aber auch im Ausland sehr viel über das Turnier berichtet. Mir liegen zwar keine genauen Zahlen vor, aber wenn wir die Berichterstattung in den Medien in Anzeigenkosten umrechnen, kommen wir sicher auf einen schönen siebenstelligen Betrag.» Bianco denkt vor allem auch an die globale TV-Präsenz.
Zudem: Das allgemeine Interesse rund um das traditionsreiche ehemalige Swiss Open dürfte in den nächsten Jahren nicht kleiner werden, wenn man das augenfällige Wiedererstarken der Europa-PGA-Tour und damit der starken Golfer vom alten Kontinent berücksichtigt.

Woods Krise hilft den Europäern

2011 ist vieles anders im Golf: Tiger Woods, der einstige Alleinherrscher im Weltgolf, kämpft seit dem Ausbruch seines selbstverschuldeten Ehe- und Sexskandals im November 2009 um den Anschluss an die Spitze. In der Weltrangliste ist er zeitweilig auf die 7. Stelle zurückgefallen. Auch andere starke US-Golfer wie Phil Mickelson oder Steve Stricker sind nicht mehr dominant.

Die Europäer dagegen haben sich Woods Krise zunutze gemacht. Im Januar dieses Jahres lagen plötzlich erstmals seit Juli 1993 zwei Europäer an der Spitze des Weltrankings: Lee Westwood vor Martin Kaymer. Wie vor 18 Jahren (Nick Faldo und Bernhard Langer) waren es abermals ein Engländer und ein Deutscher.
Der Engländer Luke Donald, Sieger von Crans-Montana im Jahr 2004, machte Ende April aus dem europäischen Duo ein Trio. Die Rangfolge Westwood-Kaymer-Donald war die Momentaufnahme der Weltranglistenspitze Ende April. Die drei Golfer lagen punktemässig so dicht beisammen, dass sich wöchentlich Wechsel ergeben konnten.

Auf der amerikanischen Tour lässt sich nach wie vor wesentlich mehr Preisgeld verdienen als auf der europäischen. Dank anderen Qualitäten aber hat der europäische Circuit stark aufgeholt. Er sei freundlicher, menschlicher, wärmer, behaupten Insider. Der charismatische Spanier Miguel Angel Jiménez hat dies bereits vor einigen Jahren erkannt. Er versuchte sich auf der US-Tour, liess es jedoch schon nach ein paar Monaten beim Versuch bewenden. In Europa ist ihm im Kreis seiner Familie und alter Kumpel wohler. Vom 1. bis 4. September wird er zum 24. Mal in Folge an «meinem Lieblingsturnier» (Originalton Jiménez) im Wallis zu sehen sein; letzten September stemmte er erstmals den Siegerpokal in die Höhe.
Rory McIlroy hat den für ihn wenig erfreulichen Abstecher auf die US-Tour schon hinter sich, obwohl er gut 25 Jahre jünger ist als Jiménez. Anfang September 2010 bestritt er das mit 7,5 Millionen Dollar dotierte Turnier in Norton, Massachusetts. Als er abends im Hotelzimmer den Golfchannel einschaltete, sah er einen Beitrag über das gleichzeitig stattfindende European Masters in der Schweiz. McIlroys nachfolgende Worte sind auf YouTube festgehalten: «Spätestens als ich diese Bilder sah, wusste ich, dass ich am falschen Ort war.» Eine bessere Werbung für das Schweizer Turnier kann es nicht geben.

McIlroy wird in dieser Woche 23 Jahre alt (4. Mai), ist jedoch bereits mehrfacher Millionär. Als er im Herbst 2007 zu den Profis übertrat, spielte er mit dem Handicap von plus 6,0; es ist bis heute der beste jemals registrierte Wert eines Amateurs. Die Vorschusslorbeeren trugen dem jungen Nordiren schon vor dem eigentlichen Beginn der Karriere lukrative Werbeverträge ein. Als er sich im September 2008 erstmals dem Schweizer Publikum präsentierte – und den Sieg am 18. Loch der Schlussrunde und im Stechen gegen den Franzosen Jean-François Lucquin aus der Hand gab –, musste man annehmen, dass dies zugleich das letzte Mal gewesen sei. Tatsächlich liess er sich hierauf von den Honigtöpfen der US Tour anlocken.

Im April 2011 sieht aber alles anders aus. McIlroy ist zu einem der spektakulärsten und konstantesten Spieler herangereift. Das US Masters in Augusta dominierte er während sieben Achteln der Distanz, bevor er seine Chancen durch schwere Missgeschicke auf den Löchern 10 bis 12 der Schlussrunde schwinden sah. Wenige Tage danach konnten die Organisatoren in Crans-Montana die Verpflichtung McIlroys für das diesjährige Turnier bekannt geben. Der Nordire hatte seine Ankündigung wahr gemacht – er kehrt auf seinen Heimantkontinent zurück.

Kommt auch Martin Kaymer?

Ende 2010 hatte Lee Westwood ein viel beachtetes Plädoyer für die Vorzüge der Europa-Tour gehalten und ihr für die nächsten Jahre die Treue geschworen. Auch Westwood, Sieger in Crans 1999, steht auf der Entry-List von Turnierdirektor Yves Mittaz. Dieser hat noch einen anderen dicken Fisch an der Angel: Martin Kaymer. «Die Verhandlungen sind weit fortgeschritten», sagt Mittaz. In den nächsten Tagen soll informiert werden.

Allein schon das Trio Westwood-Kaymer-McIlroy würde dem Schweizer Turnier die beste Besetzung des letzten Jahrzehnts bescheren. Aber es kommen noch einige klangvolle Namen dazu: Titelverteidiger Jiménez selbstredend, mit grösster Wahrscheinlichkeit die alten Ryder-Cup-Helden Thomas Björn und Darren Clarke, der zweimalige Crans-Sieger und Walliser Dauergast Eduardo Romero – und der erst 18-jährige Matteo Manassero, das vielleicht grösste Talent überhaupt. Manassero wäre auch mehr als nur ein Realersatz für die beiden weiteren Begründer des neuen italienischen Golfwunders, die Brüder Edoardo und Francesco Molinari. Die Molinaris haben im 1. Quartal 2011 abwechslungsweise und vermehrt in den USA gespielt. Ob sie dies im Herbst auch noch tun werden, ist offen.
 

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