Es sind jetzt mehr als vier Wochen, seit der Ex-Raiffeisen-Chef Pierin Vincenz und sein Kompagnon Beat Stocker im Zürcher Polizeigefängnis in Untersuchungshaft einrückten. Das Regime: Zehn-Quadratmeter-Einzelzelle, eine Stunde Freigang auf dem Hof, zwei Mal die Woche Duschen, Verhöre, dann wieder Isolation.

In unserer heute erscheinenden Ausgabe zeichnen wir die enge Männerfreundschaft zwischen den beiden Inhaftierten nach. Normalerweise zählt der Gesundheitszustand zur Privatsphäre, und wir berichten nicht darüber. Doch hier handelt es sich um eine Sondersituation. Wie mehrere Quellen übereinstimmend berichten, leidet Beat Stocker an Multipler Sklerose.

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Verdunklungsgefahr ist gering

Ihm so lange zermürbende Untersuchungshaft zuzumuten, ist nicht akzeptabel. Die Verdunklungsgefahr ist ohnehin gering: Die Komplizen wissen seit fast zwei Jahren, dass ihre versteckten Deals untersucht werden, da dürften sie längst entsprechende Vorkehrungen getroffen haben. Offenbar versuchen die Ermittler, sie gegeneinander auszuspielen, doch das scheint nach mehr als vier Wochen nicht gelungen zu sein.

Beat Stocker

Engster Vertrauter: Beat Stocker arbeitete zwanzig Jahre eng mit Vincenz zusammen.

Quelle: Markus Lamprecht

Vincenz-Anwalt Lorenz Erni ist dafür bekannt, dass er seinen Klienten Aussage-Verweigerung empfiehlt, und es spricht viel dafür, dass Vincenz und Stocker sich daran halten. Offenbar sollen sie zermürbt werden. Der Ausdruck Beugehaft wäre dann wörtlich zu nehmen – bei einem MS-Patienten! Das entspräche kaum der humanistischen Tradition der Schweiz.

Druck auf Staatsanwaltschaft steigt

 Jeder weitere Tag Untersuchungshaft erhöht zudem den Druck auf die Staatsanwaltschaft, den stichfesten Beweis der persönlichen Bereicherung zu erbringen – und das dürfte in diesem Fall alles andere als einfach sein. Dass die Ankläger eine Auskunftssperre für alle Beteiligten verhängt haben – woran sich jedoch nicht alle halten – offenbart bereits erhöhte Reizbarkeit.

Um es österlich zu formulieren: Vincenz und sein Gehilfe wurden lange genug ans Kreuz genagelt. Fluchtgefahr oder Wiederholungsgefahr besteht nicht, der wirtschaftliche Schaden ist mikroskopisch, sie sind keine Schwerverbrecher. Free Beat! Free Pierin!

Dirk Schütz
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