Trump feuert einen Minister, eine ungarische Kamerafrau stellt einem Flüchtling ein Bein, eine Katze springt in einen Karton – auf Twitter, Facebook und Instagram wimmelt es nur so von News und Unterhaltung. Doch wie steht es um die Relevanz? Der Basler Programmierer und Internetunternehmer Dominik Grolimund will mit seiner Plattform Refind die Antwort gefunden haben.

Zwei Jahre lang tüftelte der heute 37-Jährige an Algorithmen, die dem User relevante Artikel in die Timeline spülen. Rund 20’000 Menschen, die auf Einladung einen Zugang zu Refind erhielten, nutzen es bereits regelmässig. Jetzt will Grolimund die Nutzerschaft auf zehn Millionen anheben. Ohne Investoren, ohne Kredit.

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Das IT-Wunderkind – von der Fachpresse auch schon als «Goldjunge» betitelt – hat mit dem Verkauf seiner Firmen Caleido, Wuala und Silp geschätzte 10 bis 20 Millionen gemacht. Doch fürs Wachstum tastet er sein Vermögen nicht an.

Eine Milliarde Coins

Die Verfünfhundertfachung seiner Nutzerschaft soll mit einem ausgeklügelten System auf Blockchain-Basis gelingen. «Wir geben virtuelle Coins heraus und kaufen sie später zurück», erklärt er BILANZ. Jeder registrierte User erhält 20 Coins. Weitere 20 gibts, wenn sich auf dessen Einladung ein neuer Nutzer registriert. Dieser erhält dann wiederum 20 Coins, und so weiter. 

Total stellt er eine Milliarde Coins zur Verfügung. Damit können die User grundsätzlich nichts anstellen. Doch mit dem Erfolg von Refind könnte sich die virtuelle Währung in bares Geld wandeln. Dann nämlich, wenn Refind, genau wie Google, Twitter und Facebook, mit geschalteter Werbung Geld verdient. Noch ist aber nicht klar, was Grolimunds Cyber-Münz dereinst wert sein wird: «Je erfolgreicher Refind wird, desto höher steigt der Wert der Coins», verspricht er.

Macht Refind keinen Gewinn, kauft der Gründer auch keine Coins zurück. Wenn doch, wendet er 10 Prozent des Gewinns dafür auf, die Coins zum Marktpreis zu übernehmen. «Und zwar so lange, bis 99 Prozent der Coins zurückgekauft und vernichtet sind», präzisiert er.


Bild: Screenshot von Refind

Zuckerbergs Eichhörnchen

Der Netzwerkeffekt spielt die Hauptrolle: Je mehr User, desto besser das Produkt. Die Qualität der mutmasslich relevanten Artikel in der Refind-Timeline steigt mit der Anzahl Nutzer. Aber mit der Relevanz ist das so eine Sache: «Ein Eichhörnchen, das vor deinem Haus stirbt, könnte für dich in diesem Augenblick wichtiger sein als Menschen, die in Afrika sterben», sagte Mark Zuckerberg vor ein paar Jahren. Mit der etwas ungeschickt gewählten Formulierung wollte der Facebook-Gründer erklären, wie sich seine Software für die richtigen Beiträge in der Facebook-Timeline entscheidet.

Für Grolimund schiesst diese Praxis am Ziel vorbei. «Refind hat eine andere Metrik. Es bemisst Relevanz anders.» Bei ihm kommen nicht die frischen Posts weiter, die schnell mit möglichst vielen «Likes» belohnt werden, sondern jene, die tatsächlich für jeden einzelnen User von Interesse sind.

Wie das genau geht, verrät er nicht. Der potenzielle Nutzer müsse lediglich wissen, dass Refind die Relevanzlücke der grossen Social-Media-Plattformen fülle: «Wer Unterhaltung will, geht mehrmals täglich auf Facebook und Twitter. Wer Relevanz sucht, dem reicht ein Besuch pro Tag auf Refind.»

 

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