Gerne erinnern wir uns zurück an die DS, die Göttin auf Rädern. In den fünfziger Jahren waren die Designer und Ingenieure mit dem damals wohl innovativsten Fahrzeug der Zeit voraus. Wie steht es mit dem neuen C6: Kann er an diese Tradition anknüpfen und verhilft den Franzosen zur so sehnlich erwarteten Renaissance im Oberklassensegment?

Dem Alltag entrückt, surrt man mit dem C6 durch den Grossstadtverkehr, um sich schliesslich auf der Autobahn vollends entspannen zu können. Der Fahrkomfort ist dank hydropneumatischer Federung ausserordentlich hoch. Man kommt nicht umhin, die Fahrt im C6 – wie bereits früher im DS – als Gleiten zu charakterisieren.

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Wir fahren von Basel an ein Board Meeting nach Luxemburg. Ich werde begleitet von einem Geschäftsführer einer Finanzboutique, der immerhin 1,96 Meter misst und dementsprechend in den meisten Autos Sitzprobleme hat. Nicht so im C6. Nach vier Stunden fahren wir völlig entspannt und stilgerecht vor dem futuristischen Gebäude der Banque de Luxembourg vor. Kein Fahrzeug passt besser zur avantgardistischen französischen Architektur der Banque de Luxembourg als der C6.

Der C6 vereint auf moderne Weise die Merkmale seiner Vorgänger DS und CX
in seiner eleganten Form. Dieses Gesicht, diese filigranen Scheinwerfer – nur von hinten gefällt er mir nicht auf Anhieb. Das Design ist sehr eigenwillig und gewöhnungsbedürftig. Der Innenraum präsentiert sich grosszügig und vornehm. Die Lederfauteuils sind äusserst bequem. Noch besser sitzt man eigentlich nur noch im Fond des C6. Dort kann man sich richtig gut vorstellen, wie der aristokratisch wirkende, langbeinige französische Premierminister Dominique de Villepin die Fäden zieht und seinen Amtsgeschäften nachgeht. Monsieur le Président Chirac soll sich übrigens auch schon überschwänglich über die neue Staatskarosse geäussert haben. Das grosszügige Raumangebot im Fond hat allerdings seinen Preis: Das Platzangebot im Kofferraum ist mit 420 Litern dann nur noch mittelklassengerecht. Besonders gefällt mir jedoch die aus Holz gefertigte Verkleidung der Türablagen, die sanft und unhörbar auf und ab gleiten.

Das Interieur des C6 hat alles, was heute im Oberklassensegment zum gehobenen Standard gehört: integriertes Telefon, Audio- und Navigationssystem sowie ein Head-up-Display à la BMW. Das Navigationssystem hat sich im Gebrauch allerdings als etwas langsam erwiesen. Hier gibt es Besseres. Auf der raffiniert designten digitalen Instrumententafel finden sich alle wesentlichen Informationen auf engstem Raum, aber dennoch übersichtlich angeordnet.

Den V6-Dieselmotor kennt man bereits aus dem Peugeot 607 (siehe BILANZ 11/05) und aus dem Jaguar XJ 2.7D (siehe BILANZ 21/05). Die 204 PS sind vor allem dank dem Drehmoment von 440 Nm vollends ausreichend. Das Fahrzeug ist für eine Reiselimousine mit Spitzengeschwindigkeit von immerhin 230 Kilometern pro Stunde sehr gut motorisiert.

Zur allzu sportlichen Fahrweise eignet sich der C6 sowieso nicht, denn dieses Automobil ist als Sänfte ausgelegt. In schnell gefahrenen Kurven wird der C6 dagegen zur Gummikuh, da nützt auch die Abstimmung «Sport» nur noch wenig. Mich stört das gar nicht: Der C6 gleitet wie seine Vorfahren und strahlt Ruhe und Gelassenheit aus. Nur keine Hektik verbreiten, niemanden hetzen, locker und souverän bleiben – so lautet die Botschaft.

Ein bisschen Souveränität wird dem Citroën-Liebhaber allerdings auch beim Vergleich der Vollkosten abverlangt. Noblesse oblige. Der C6 kann aus zwei Gründen nicht mit seinen direkten Konkurrenten mithalten. Erstens gibt es für den grossen Sanften kein Gratisservicepaket, sodass die Unterhaltskosten deutlich höher liegen. Zweitens leidet er unter dem tieferen Restwert, was sich wiederum negativ auf die Finanzierungskosten auswirkt.

Fazit: Neben Saab und Alfa Romeo ist Citroën die einzige wahre Differenziermarke mit entsprechend loyaler Kundschaft. Citroën ist die Marke der Künstler und Geniesser. Dank dem C6 besteht allerdings die berechtigte Hoffnung, auch im Kadersegment gegen die Clique deutscher Konkurrenten aus Bayern und Stuttgart Boden gutzumachen. Schade, dass man sich noch nicht zu einem in dieser Klasse üblichen Gratisservicepaket hat durchringen können. Der C6 ist auf jeden Fall der hochwertigste Citroën, den es je gab.

Citroën C6 2.7 HDI

Antrieb: Vorderräder
Motor: 2,7 Liter
Leistung: 208 PS / 150 kW
Drehmoment (1): 440 Nm bei 1900 U/min
Energieeffizienz (2): C
Tankinhalt: 72 Liter

(1) Der Drehmomentverlauf in Abhängigkeit von der Drehzahl ist massgebend für die Motorelastizität (Durchzugskraft) sowie für das Beschleunigungs- und das Steigvermögen eines Autos.

(2) Neu ist seit 2003 die Angabe der Energieeffizienz für Personenwagen, eingeteilt in die Kategorien A bis G, wobei A für energieeffizient und G für energieineffizient steht. Die Kategorie wird ermittelt, indem der Treibstoff-Normverbrauch und das Leergewicht in ein Verhältnis zueinander gesetzt werden.