Bewährte Qualität in neuem Kleid»: So kündete die «NZZ» am 3. Januar 2006 ihr neues Erscheinungsbild an. Der Auftritt sei jetzt moderner, ohne dass der angestammte Charakter des Blatts in Frage gestellt werde. Unverwechselbarkeit und Wiedererkennungswert sind für die Macher des Traditionsblatts wichtige Werte.

Treffender könnte man auch das Facelifting des Saab 9-5 nicht beschreiben. Dieses Modell, das bereits acht Jahre alt war, hatte die Verjüngungskur dringend nötig. Änderungen gab es vorwiegend an der Frontpartie und am Heck sowie im Innenraum.

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

Die Frontlampen etwa liegen nun versteckt in tiefen Höhlen, sind seitlich in die Kotflügel hineingezogen und zusätzlich von Chromzierleisten eingefasst. Je nach Aussenfarbe des Saab 9-5 geht das bis anhin so bekannte schnörkellose schwedische Design durch dieses Beiwerk etwas verloren – leider. Das Gesicht des Saab 9-5 wirkt aggressiver als zuvor, fast ein bisschen unheimlich. Wie es scheint, suchen die Saab-Designer wie beim neuen Saab 9-3 SportCombi (siehe BILANZ 2/2006) vermehrt das Sportliche und damit eine jüngere Kundschaft.

Ich muss an dieser Stelle gestehen, dass ich in Sachen Saab 9-5 Aero nicht ganz neutral bin – ich bin dieses Auto über sieben Jahre lang gefahren. Was mich persönlich fasziniert hat, kann man auf drei Punkte reduzieren.

Erstens ist der Saab unauffällig und strahlt das richtige Mass an Understatement aus. Ein Freund sagte einmal, ein Saab 9-5 sei wie ein dunkelgrauer Anzug: Man ist immer und überall passend angezogen. Man kann damit sowohl an der Sitzung des Verwaltungsrats erscheinen als auch an dem Piccolo-Fussballturnier des sechsjährigen Sohnes. Zweitens ist es Fakt, dass die Marke Saab vor allem von Individualisten gefahren wird: von Architekten, Anwälten, Zahnärzten, Verlegern und Werbefachleuten. Leute, die eine Alternative zum silbergrauen 08/15-Kombi suchen. Der dritte und wichtigste Grund ist die Sitzbelüftung, die im Saab 9-5 Aero seit vielen Jahren zum Standard gehört. In den heissen Sommermonaten gibt es besonders für Geschäftsreisende im Anzug kaum etwas Praktischeres als die belüfteten Ledersitze. Wer sie einmal genossen hat, wird sie ein Leben lang haben wollen.

Trotz seinem Alter und den leicht ergrauten Schläfen ist der Saab 9-5 noch immer eine komfortable Reiselimousine mit nochmals verbesserten fahrdynamischen Eigenschaften. Die 260 PS des bewährten Motors mit Turboaufladung sorgen dafür, dass auch mit grauen Schläfen mit jedem Audi und BMW mitgesprintet werden kann. Die Beschleunigung erfolgt seidenweich und ohne Turboloch. Die Schaltübergänge sind so gut wie nicht zu spüren, ausser man schaut auf den Tourenzähler. Der Frontantrieb stösst allerdings bei dieser Leistung an seinen Grenzen – aber das ist im Alltagsgebrauch kaum zu spüren.

Das Interieur präsentiert sich im bewährten technischen Look von Saab. Nach wie vor fantastisch sind die typischen Ledersitze. Die verstaubten Drehrädchen wurden durch zeitgemässe, funktional gut durchdachte Drehregler ersetzt. Das Design ist weiterhin skandinavisch schlicht und aufs Wesentliche reduziert. Aber: Wie kann man heute ein Premiumfahrzeug im Business-Segment ohne integriertes Telefon anbieten?

Zudem vermisse ich trotz allem ein bisschen von dieser traditionellen schwedischen Exklusivität in Design und Innovation. Die Verarbeitung und die Materialien sind allesamt höchster Standard. Die Schweden sollten aber im Interieur bald wieder einmal einen Innovationsschritt machen.

Ich bin überzeugt, dass Saab als Nischenmarke nur dann eine gute Chance hat, wenn man die Eigenständigkeit weiterhin hervorhebt. Jegliche Anpassung der Designsprache im Innenbereich an die deutsche Dominanz in der Oberklasse wäre aus meiner Sicht ein Fehler, jede Anpassung an die GM-Schwestermarke Opel wäre sogar fatal. Immerhin bleibt der Zündschlüssel, wo er bei Saab hingehört: rechts neben die Handbremse.

Was die Wirtschaftlichkeit betrifft, fällt auf, dass der Saab 9-5 ein sehr ökonomisches Fahrzeug ist. Der Audi A6 3.2 hat dank dem besseren Restwert eine etwas tiefere Amortisation, aber vermutlich im vernachlässigbaren Bereich. Der Saab ist dank Servicepaket der Billigste in Unterhalt und Bereifung.

Fazit: Das neue Design mit dem angriffigen Gesicht wird nicht jedem gefallen – muss es aber auch nicht. Denn für Saab-Jünger ist ohnehin nichts schlimmer als Mainstream und Allerweltsgeschmack.

Saab 9-5 2.3T Aero Limousine

Antrieb: Vorderräder
Motor: 2,3 Liter, Turboaufladung
Leistung: 260 PS / 191 kW
Drehmoment (1): 350 Nm bei 1900 U/min
Energieeffizienz (2): C
Tankinhalt: 75 Liter

(1) Der Drehmomentverlauf in Abhängigkeit von der Drehzahl ist massgebend für die Motorelastizität (Durchzugskraft) sowie für das Beschleunigungs- und das Steigvermögen eines Autos.

(2) Neu ist seit 2003 die Angabe der Energieeffizienz für Personenwagen, eingeteilt in die Kategorien A bis G, wobei A für energieeffizient und G für energieineffizient steht. Die Kategorie wird ermittelt, indem der Treibstoff-Normverbrauch und das Leergewicht in ein Verhältnis zueinander gesetzt werden.

Beat Imwinkelried (39) ist Delegierter des Verwaltungsrates und Geschäftsführer der Auto-Interleasing AG in Basel, VR-Delegierter der EFL Autoleasing in Winterthur sowie Gründungspartner der AIL Structured Finance in Zürich.