Getrieben von der Neugier auf das angeblich beste Wiener Schnitzel des Landes, landete ich unlängst in Jack’s Brasserie im Berner Hotel Schweizerhof. Ob es tatsächlich das beste sei, sagte mir ein Berner Bekannter im Vorfeld, könne er zwar nicht sagen, aber gross sei es auf jeden Fall: «Es breitet sich auf dem Teller aus wie eine Alpweide, nur steht die Kuh nicht darauf, sondern ist darin enthalten.»
Die Grösse scheint beim Schnitzelvergnügen à la Jack’s eine wichtige Rolle zu spielen: Vor drei Jahren, als das Hotel renoviert wurde und man auch der wunderbaren Gestrigkeit der Brasserie frischen Glanz verpasste, erhielt das Schnitzel einen neuen Teller – einen besonders grossen. Er sollte dem Prachtstück fortan in seiner ganzen Länge und Breite Platz bieten. In den darauf folgenden Wochen häuften sich die Reklamationen über die vermeintlich verminderte Grösse. Inzwischen ist das Schnitzel 20 Gramm schwerer und so gross, dass es wieder über den Tellerrand hängt.
Wir probierten das berühmte Schnitzel zur Mittagszeit. Zum idealen Zeitpunkt also, um nicht nur das Fleisch, sondern auch das Drumherum zu geniessen. In Jack’s Brasserie isst nämlich das wichtige Bern. Eine Tour d’Horizon im prall gefüllten Saal ist punkto Klatsch so ergiebig wie das Lesen der People-Seiten in der «Schweizer Illustrierten»: Der oberste Lehrer der Nation, die Schnäppchen-Weinjournalistin, der umtriebige Globetrotter oder der grüne Politiker samt Lobbyisten – alle sind sie hier. Und sie scheinen sich prächtig zu amüsieren.
Doch zurück zum Schnitzel: Man kann es als grosse und als extragrosse Portion bestellen. Wir entschieden uns für die erste Variante und hatten mehr als genug. Dazu schlägt Küchenchef Silvan Durrer einen Vogerlsalat vor, eine Kombination von lauwarmen Kartoffeln und Nüsslisalat. Man kann aber auch Pommes frites wählen.
Die Grösse des Wiener Schnitzels ist tatsächlich beachtlich. Aber wie es so daliegt, auf diesem riesigen weissen Teller, von einer halben Zitrone und einem Berg Pommes begleitet, macht es einen etwas «bleichen» Eindruck. Dieser bestätigt sich beim Essen: Der Panade fehlt die typische Knusprigkeit und dem Fleisch ein Quentchen Saft und Kraft. Zum besten Schnitzel des Landes reicht das noch nicht.
Jack’s Brasserie im Hotel Schweizerhof
Bahnhofplatz 11
3001 Bern
Telefon 031 326 80 80
täglich geöffnet, 6.30–14.30 und 18–23 Uhr.
*Monique Rijks testet seit über 20 Jahren Restaurants für verschiedene Zeitungen und hat mehrere Gastro- und Reiseführer verfasst.