Der neue Stabschef von Donald Trump hat nicht nur rasch für mehr Disziplin im Präsidialamt gesorgt. Der frühere Vier-Sterne-General John Kelly verschafft dem US-Präsidenten auch mehr Zeit, seine Entscheidungen abzuwägen. Die dürfte der Republikaner nach seinem holperigen ersten Halbjahr im Amt bitter nötig haben, ist doch bislang keines seiner angekündigten grossen Reformvorhaben gelungen.

Vor Kelly, der seit gut einer Woche im Amt ist, liegen noch gewaltige Aufgaben. Das Chaos im Präsidialamt ist längst nicht beseitigt. Das allerdings liegt nicht zuletzt an Trump selbst und an seiner unberechenbaren Art.

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Ex-General flösse Respekt ein

In Trumps Umfeld heisst es, der 71-Jährige, der selbst eine Militärschule besucht hat, sei erfreut über die zunehmende Disziplin seit Kellys Amtsübernahme. Dessen Vorgänger Reince Priebus sei es nicht gelungen, für Ordnung zu sorgen. Er sei oft vom Führungspersonal ignoriert worden. Jetzt habe Trump das Gefühl, mehr Zeit zum Aktenstudium zu haben, sagt ein Mitarbeiter des Präsidialamtes. «Er hat den Eindruck, dass er substanzielle Diskussionen führen und über die Entscheidungen reden kann, die er fällt.» Vorher habe Trump selbst viel Last getragen. «Jetzt scheint es mehr Lastenteilung zu geben. Er hat mehr Vertrauen in Kelly.»

Der Ex-General flösse Respekt ein, sagen Mitarbeiter des Präsidialamtes. «Kelly ist furchterregend in einer Art und Weise, wie es Reince nie war.» So seien Treffen des Führungspersonals heute gut besucht. Eine Teilnahme werde nicht mehr als beliebig angesehen, wie es unter Priebus der Fall gewesen sei.

Durchstecherei noch nicht gestoppt

Was Kelly bislang nicht geschafft hat, ist, die Löcher zu stopfen, durch die Informationen an die Öffentlichkeit gelangen. Für Trump ist das ein enormes Ärgernis. So hat erst am Donnerstag die «Washington Post» Mitschriften von Trumps zuweilen angespannten Telefonaten veröffentlicht, die er zu Beginn seiner Amtszeit mit dem mexikanischen Präsidenten Enrique Pena Nieto und dem australischen Ministerpräsidenten Malcolm Turnbull führte.

Kelly hat Trump bislang nicht gezügelt, und es ist ungewiss, ob er es versuchen wird. Vertraute berichten, Trump rufe noch immer spätabends spontan Menschen an - so wie er es jahrzehntelang getan habe. Er schickt noch immer geradeheraus Tweets in die Welt - so wie den vom Donnerstag, in dem er den von den Republikanern kontrollierten Kongress für die schlechtesten Beziehungen aller Zeiten zu Russland verantwortlich machte, weil er Sanktionen beschloss.

Aber immerhin blieb der Präsident am selben Abend bei einer Versammlung in West-Virginia bei seiner Textvorlage und las die Rede vom Teleprompter ab. Barry Bennett, ein früherer Wahlkampfberater Trumps, sagt, die Zeit werde zeigen, ob Kelly einige Verhaltensweisen des Präsidenten ändern könne. «Er wird einige der klügsten Leute um sich haben, und die werden zwar nicht versuchen, ihn zu verändern, aber sie werden versuchen, ihn zu verbessern.» Und mit Blick auf den legendären Quarterback des Football-Clubs New England Patriots fügt Bennett hinzu: «Selbst Tom Brady braucht einen Trainer.»

«Trump braucht keinen Babysitter»

Doch vor allem seit Priebus versucht hat, Trump zu einem eher traditionellen Präsidenten zu machen, und damit scheiterte, warnen Freunde des 71-Jährigen vor zu viel Einflussnahme. Es sei doch ein Vorteil, Trump Trump sein zu lassen. «Kelly könnte zu weit in die andere Richtung gehen», sagt ein Vertrauter. «Donald Trump braucht keinen Babysitter. Er hat seinen eigenen Kopf.»

Im Parlament, wo sich auch Abgeordnete aus Trumps eigenen Reihen besorgt über das Chaos im Präsidialamt gezeigt haben, stösst Kelly auf Zustimmung. Er habe in seiner Laufbahn Ergebnisse geliefert und Führungsstärke gezeigt, sagt der republikanische Senator David Perdue. «Und er bringt Ruhe rein.»

(reuters/ccr)

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