Der Weg ins Paradies ist oft beschwerlich. Er führt mitten durch ein Flussbett. Auf beiden Seiten stehen dicht an dicht gut 20 Meter hohe Bäume, die weniger an einen karibischen als vielmehr an einen Schweizer Bergwald erinnern. Die Reifen unseres Geländewagens finden auf dem glitschigen Untergrund nur schwer Halt. Doch schon nach ein paar Minuten ist die Holperpartie zu Ende und wir biegen auf einen Schotterweg ab, der zur «Rancho Platón» in der Nähe von Paraíso im Südwesten der Dominikanischen Republik führt.

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Die 20-jährige Gastgeberin Laura, ihr Vater Manuel und Miguel, ein Freund der Familie, winken uns von Weitem zu. Vor nicht mal zwei Jahren eröffneten die drei mitten in einem einsamen Bergwald eine kleine Öko-Lodge. Nachhaltigkeit sei ihr oberstes Gebot, erklärt Miguel die Philosophie. «Wir müssen doch die einzigartige Schönheit unserer Heimat schützen. Sie ist unsere Zukunft und nicht der Massen- und Sextourismus, für den unsere Insel steht.» Sie machen darum etwas, was in dieser Gegend sonst niemand macht. Alles wird rezykliert, das meiste ist öko. «Wir sind anderen um Lichtjahre voraus», sagt Miguel stolz. Jetzt müsse das nur noch von den Touristen honoriert werden, dann sei ihre Botschaft angekommen. Immerhin: Ihre Angestellten haben sie verinnerlicht. Dabei wurde das Personal richtiggehend um den Finger gewickelt. Die Küche zum Beispiel wurde ganz nach den Wünschen des Kochs Julio gestaltet. «Das ist die beste Mitarbeitermotivation überhaupt. So sind die Leute auch bereit, ihr Verhalten der Umwelt gegenüber zu überdenken», so Miguel. Das scheint zu funktionieren. Was Julio an diesem Abend auf den Tisch zaubert, mundet vorzüglich. Natürlich kommen Poulet und Rind vom Bauern nebenan. Ebenso Kartoffeln und Gemüse.

Die Stunde des Abschieds kommt viel zu schnell. Verzückt von der Augenfarbe der Schweizer Besucher, sagt Gastgeberin Laura: «Der liebe Gott hat vor langer, langer Zeit Steine aus unseren Bergen ins Meer gespült. Dort nahmen sie die Farbe des Meeres an – es ist die eurer tiefblauen Augen.» Laura meint den Halbedelstein Larimar, der nur in der Dominikanischen Republik vorkommt und erst 1974 entdeckt wurde.

Nach der abwechslungsreichen Fahrt durch eine teils wilde, teils überraschend lieblich anmutende Berglandschaft empfängt uns auf der anderen Seite der Insel das Meer. Es ist genauso türkisfarben wie der Edelstein Larimar, und in diesem Augenblick kommen uns wieder Lauras herzliche Worte in den Sinn. An einer einsamen Bucht ausserhalb des Ferienortes Cabarete checken wir im Resort Natura Cabaña ein. Mit einem eiskalten «Presidente» in der Hand – Bier trinkt man hier direkt aus dem Gefrierfach – schauen wir aufs klare Wasser hinaus und lassen unsere Gedanken schweifen.

«Wollt ihr heute Abend bei mir essen?», fragt ein Mann in weisser Kochschürze. Wir schrecken aus unserer Träumerei hoch und merken, dass wir im Schlaraffenland gelandet sind. Klar, was für eine Frage. Schliesslich steht vor uns Gian-Carlo Fiori. Der vife Chilene hat in einem der besten Restaurants der Welt gekocht, dem «El Bulli» an der spanischen Costa Brava. Ausgebrannt kam er 2011 in diesem kleinen dominikanischen Flecken an, um Energie zu tanken. Inzwischen hat er die Insel mit neuer Kraft und vielen Ideen wieder verlassen. Allerdings nicht ohne seinen Freunden im Strandrestaurant des Resorts Natura Cabaña einige seiner Geheimnisse verraten zu haben. «Ich wollte einfach mal wieder ohne Druck und Stress kochen», erklärt Gian-Carlo seinen etwas unstandesgemässen Zwischenstopp in diesem einfachen Lokal mit Strohdach.

Für einen Koch sei die Insel ein Paradies. «Nirgendwo sonst bekomme ich so frisches Biogemüse, Biofrüchte und so guten Fisch zu einem so günstigen Preis. In Europa wäre diese Qualität unbezahlbar.» Kein Wunder, fühlen wir uns während des Abendessens wie im Schlaraffenland.

Sonja Hüsler, Reisen-, Outdoor- und Lifestyle-Expertin, Programmzeitschriften «Tele» und «TV-Star», Axel Springer Schweiz, Zürich.