«Besucht ihr uns wieder einmal in der Provinz?», begrüsst uns Nik Gygax, als wir in der gemütlichen Gaststube des alten «Löwen» mit Baujahr 1812 Platz nehmen. Wir sind in Thörigen im bernischen Oberaargau. Das Emmental, bekannt für seine währschafte Kost, beginnt erst nach dem nächsten Hügelzug. Der brummig-joviale Koch fragt mit tiefer, rauchiger Stimme, nicht verbittert, sondern eher damit kokettierend, dass er in dieser ländlichen Gegend noch immer am Herd steht. Nik Gygax tut dies bereits seit mehr als dreissig Jahren und vielen Stürmen trotzend, die ihn schon an den Rand des wirtschaftlichen Abgrunds gebracht haben.

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Gygax ist ein Stehaufmännchen, ein zäher Kämpfer und vor allem ein einzigartiger Koch. Dies wissen seine Stammgäste und halten ihm die Treue – selbst in Zeiten, die für die Spitzengastronomie auf dem Land unwirtlich sind. Sie setzen sich nicht mehr immer in den Gourmetteil, bestellen in der Dorfbeiz auch das Löwenschnitzel, das Cordon bleu vom Kalb oder einen Hackbraten. Dies im Wissen darum, dass die kleine Brigade in der grossen Küche sich auch den vermeintlich einfachen Speisen mit der gleichen Sorgfalt widmet wie den spektakulären Gerichten aus der Cuisine française, für die Gygax berühmt ist.

Wir entscheiden uns für das klassische Programm, verschieben die Hausmannskost auf den nächsten Besuch und bereuen es nicht. Gygax legt sich ins Zeug, als ob er uns eine Henkersmahlzeit servieren müsste: Variationen der Gänseleber, Terrinen und Schnitzel – raffiniert, köstlich und sättigend. Krustentiere und Meeresfische – instinktsicher zubereitet: Languste und Seespinne an einer (etwas salzigen) Mangosauce, Hummer an einem trefflichen Hummerfond mit frischen Gartenerbsen, panierte Seezunge mit Morcheln und schwarzen Trüffeln. Dann der Höhepunkt des üppigen Essens – das Spaghetti-Ei: In einem Nest aus Spaghetti ruht ein warmes Eigelb, darauf liegen dicke Scheiben des Périgord-Trüffels, und alles schwimmt in einem hinreissenden Trüffeljus – fabelhaft.

Gitzi, das erste der Saison und vielleicht noch etwas wenig abgehangen, Käse aus dem Berner Jumi-Sortiment und Desserts spielen danach nur noch eine Nebenrolle. Der Wein stammt vor allem aus einem kleinen, glasweise kredenzten Angebot. Im alten Keller des Hauses lagern aber viele gereifte Bordeaux und Italiener. Der Chef gibt dazu gerne Auskunft.

Restaurant Löwen
Nik Gygax
3367 Thörigen
Tel. 062 961 21 07

18 «Gault Millau»-Punkte, sonntags und montags geschlossen.